f800gs auf dem hauptständer

Wozu ein Hauptständer am Motorrad?

Kennst du das, wenn du dir ewig vornimmst, etwas zu erledigen, wenn du immer wieder vorhast, „das muss ich noch machen“ und dann immer wieder Gründe findest, warum ausgerechnet jetzt gerade der Zeitpunkt ganz unpassend ist? Ja? So ist das zumindest bei mir, insbesondere mit der Tatsache, dass ich an meiner BMW F800GS Schwierigkeiten mit dem Hauptständer habe (hatte).

Grundsätzlich ist es ja so, dass ich meine BMW mit Hauptständer geordert habe. Das habe ich (soweit möglich) mit jedem Motorrad getan.

So ein Teil ist ja eine feine Sache. Kurz die Maschine aufgebockt, dann sind Wartungsarbeiten wie Kettenpflege, Ausbau des Hinterrads oder überhaupt Wartungsarbeiten viel einfacher. Die Maschine steht ordentlich und gerade, du kommst überall gut hin. Und Platz beim Abstellen in der Garage spare ich auch noch.

Natürlich soll jetzt nicht verhehlt werden, dass der Stand eines Motorrads auf dem Hauptständer nicht so stabil ist, wie das Abstellen auf dem Seitenständer. Nicht umsonst wird beispielsweise auf einer Autofähre die Maschine vorzugsweise auf dem Seitenständer abgestellt. Und wer auf unbefestigtem Gelände sein Motorrad abstellen möchte, wird auch eher die Maschine auf dem Seitenständer abstellen, als sie auf dem Hauptständer aufzubocken.

Nichtsdestotrotz finde ich, dass ein Hauptständer beim Motorrad in aller Regel vor allem Vorteile bietet. Ein wenig Mehrgewicht stört normalerweise nicht und die zusätzliche Flexibilität für Wartungsarbeiten macht alle möglichen Nachteile wieder wett.

Die Probleme an der F800GS

Zumindest war ich dieser Meinung, bis ich mir meine F800GS zugelegt hatte. Mit Hauptständer bereits ab Kaufdatum ausgestattet, habe ich ursprünglich keinerlei Probleme erwartet. Was sollte denn auch schon sein?

Nun, die Problemchen habe ich damals dann recht schnell erkannt. Der Hauptständer hat bei Kurvenfahrten aufgesetzt. Nun bin ich da nicht besonders kleinlich. Wenn beim Motorrad bei der Kurvenhatz mal die Fußrasten aufstehen, gehört das ja schon quasi dazu. Bei einer Fahrt mit einer alten K75 habe ich es sogar schon mal hinbekommen, dass der rechte Seitenkoffer auf dem Boden war, bei meiner Honda CBR600 habe ich es auch mal mit der Außenkante des Auspuffs auf den Asphalt geschafft, also alles irgendwie nichts Neues.

Nur bei der BMW war das Problem schon wesentlich ausgeprägter. Bei ordentlicher Kurvenlage, alleine an Bord, ohne Gepäck, hat der Hauptständer am Boden geschliffen. Und das regelmäßig. Kamen dann noch Gepäck oder gar Gepäck sowie ein Mitfahrer auf dem Motorrad hinzu, hat sich das Schleifen noch extrem verstärkt. Soweit verstärkt, dass selbst bei wirklich geringer Schräglage der Hauptständer auf dem Asphalt schrammelt.

Und ein schleifender Hauptständer ist definitiv ein Problem beim Motorrad. Wenn die Fußrasten in Schräglage schleifen, kein Ding, gehört irgendwie dazu. Die klappen nach oben weg. Beim Ständer sieht es jedoch ein wenig anders aus. Der gibt nicht nach. Fahre ich über glatten Asphalt, hat die Straße eine ordentliche Schwarzdecke, ist das natürlich ein wenig lästig, wenn ich schon bei geringer Schräglage mit dem Hauptständer aufsetze. Aber ich bevorzuge mit dem Motorrad natürlich eher kleinere Nebenstraßen, oft nur in mäßigem Zustand. Auf solchen Straßen kann ich also nicht mit tollem Straßenbelag rechnen, sondern muss eher von Flickwerk, Schlaglöchern und Bodenwellen ausgehen.

Wenn dann also der Hauptständer sowieso schon in Schräglage am Boden schleift und noch eine Bodenwelle hinzu kommt, wird es unschön. Auf einmal wirken dann zunächst Verzögerungs-, anschließend Hebelkräfte auf die Maschine. Gibt auf jeden Fall ein sattes Aha-Erlebnis, wenn sich meine F800GS mal um einen halben Meter versetzt, weil ich während der flotten Kurvenfahrt aufgesetzt bin.

Kurz gesagt, die Situation mit dem ständig schleifenden Hauptständer war für mich untragbar geworden und ich habe natürlich nach möglichen Lösungen gesucht.

Die Lösungen

Natürlich war es dann recht einfach:

Ich war der Meinung, die Sache mit dem Hauptständer ist ein Konstruktionsproblem. Also war die Lösung recht einfach. Den Konstrukteur fragen. In dem Fall habe ich zunächst bei meinem BMW-Händler nachgefragt. Dessen Problemlösung war vielleicht nicht so ganz durchdacht: Federvorspannung erhöhen (schon erledigt), anderes Fahrwerk (nicht zu leisten) oder Hauptständer wegschrauben.

Alles in Allem war ich von den Ratschlägen nicht wirklich begeistert. Den Rest des Motorrads zu verändern, damit der Hauptständer passt, ist vielleicht nicht die beste aller Lösungen.

Als nächstes habe ich mir dann gleich mal die Mühe gemacht, mich direkt schriftlich an BMW zu wenden. Die hatten dann auch gleich den besten aller Ratschläge für mich. Problem sei recht komplex, für die Lösung solle ich mich dann doch direkt an meinen Fachhändler vor Ort wenden…

Die nächste mögliche Lösung für mein Problem mit dem Hauptständer kam von einem meiner Blogleser. Der hat an seiner BMW praktisch das gleiche Problem und hat es gelöst, indem er den an seinem Motorrad mittels Flex und Schweißgerät entsprechend verändert hat. Er war sogar so freundlich, mir eine bebilderte „Gebrauchsanleitung“ zu schicken. Und mein Plan war, das auch an meinem Motorrad so zu verwirklichen. Mein Plan war das sogar recht lange. Ich wollte das unbedingt erledigen. Und habe es immer noch nicht geschafft…

Der Hauptständer verschwindet

Hauptständer, Schraube

Der Hauptständer ist einerseits mit einer Torxschraube, andererseits mit seiner echt merkwürdigen Mutter gesichert

Und weil ich irgendwie niemals Zeit hatte den Hauptständer zu verändern und ich inzwischen total genervt war, dass (mit durchgesessener Federung) der Hauptständer immer früher auf dem Asphalt aufsetzt, war jetzt, genau jetzt die Notwendigkeit eingetreten, endlich etwas zu unternehmen.

Es war nämlich so, dass ich diese Woche mit dem Motorrad in die Alpen verschwinden wollte. Und bei Passfahrten auf Schräglage zu verzichten, ist halt echt arm. Wozu in die Alpen fahren, ohne um die Kurven zirkeln zu können.

Und da ich kein Schweißgerät verfügbar hatte und zudem alles an einem Sonntagmorgen erledigen musste (am Mittag wollte ich ja losfahren), gab es nur eine Lösung: Der Hauptständer musste weg.

Und das hört sich jetzt eigentlich gar nicht so kompliziert an, oder? Zwei Schrauben lösen, zwei Federn aushängen, fertig. Oder?

Hauptständer von unten

Egal, wie ich mein Motorrad putze: Hier findet sich immer jede Menge angetrockneter Dreck und Ölschlamm

In der Praxis hat es mich eine starke dreiviertel Stunde herumgemurkse gekostet. Denn anders als gedacht, ist der Hauptständer nicht mit normalen Sechskantmuttern verschraubt. Da konnte ich nicht wirklich gegenhalten, war am Ende eine furchtbare Murkserei mit der Zange. Wüsste gerne mal, wie das passende Spezialwerkzeug dazu aussieht.

Als der Hauptständer schließlich abgeschraubt ist, habe ich fast schon ein schlechtes Gewissen, immerhin habe ich gerade mal einen dreistelligen Eurobetrag weg geschraubt…

Ergebnis:

Ich war jetzt eine Woche lang weg mit meiner F800GS. In den Alpen, im Schwarzwald und im Thüringer Wald. Nirgendwo hatte ich mehr Probleme mit dem Aufsetzen auf dem Asphalt.

Hauptständer F800GS, demontiert

Jetzt ist das Teil abgeschraubt. Und nichts schrammt mehr am Boden

Klar, die BMW war nur mit mir und Gepäck beladen, der Test mit Sozius steht also noch aus, aber immerhin konnte ich seit langem mal wieder alle Kurven in jeglicher Schräglage absolvieren, ohne mir Sorgen machen zu müssen, ob und wo ich aufsetze und ausgehebelt werde.

Wie es aussieht, wenn ich das nächste Mal irgendwelche Wartungsarbeiten vornehmen muss, bleibt abzuwarten. Vielleicht wäre eine Art Motorradheber mal fällig?