Durchgescheierter Griffgummi

Neulich im Urlaub

Mein Motorrad wird alt. Nicht alt im Sinne von Klassiker, sondern eher alt im Sinne von verschlissen. Klar, die BMW geht jetzt auf die 100.000 Kilometer zu, da kann ich natürlich auch verstehen, wenn mal was den Geist aufgibt.

Tatsächlich war ich diese Saison gerade auf den Weg ins schöne Kroatien. Istrien soll ja auf jeden Fall einen Besuch wert sein. Und während ich noch in den Alpen unterwegs bin, fällt mir auf, dass die Griffe an meinem Lenker schlichtweg durchgescheuert sind.

Klar, irgendwann ist ja mit so was zu rechnen, aber konkret habe ich mir bislang nie Gedanken dazu machen müssen. Aber siehe da: Der Griffgummi rechts ist durchgescheuert. Zwar nur an einem kleinen Fleck, aber doch so, dass ich das darunter liegende Kupfergeflecht der Heizspiralen am Heizgriff sehen konnte. Blöd.

Zum Glück hatte ich noch mein Allheilmittel im Tankrucksack. Kurz ein paar Lagen Gewebeband drum genudelt, dann waren die Vor-Ort-Maßnahmen schon erledigt. Trotzdem blöd.

Wenn es die Griffgummis nicht einzeln gibt

Kurz darauf: ein kleiner Werkstattbesuch. Neben TÜV und einer neuen Kette bat ich den Mechaniker meines Vertrauens, auch einen Blick auf die Griffe zu werfen und wartete auf Vorschläge.

Sah nicht gut aus. Die Heizgriffe sind bei der F800GS eine einzige verklebte Einheit. Die Griffgummis alleine lassen sich nicht wechseln. Wenn da was durchgescheuert ist, bleibt nur die Möglichkeit, den ganzen Griff (immerhin die gibt es einzeln) zu wechseln. Der linke Heizgriff m Motorrad: bescheidene 120€ Materialkosten.

Zu viel für mich. Definitiv. Ich bin ja immer noch ein Anhänger der Theorie, dass man nicht einfach Teile austauschen, sondern eher erst mal reparieren sollte.

Alternativen zum Austausch

Neoprenüberzüge

Austauschen geht schon mal. Nicht schlecht. Aber zu teuer für mich.

Ein Arbeitskollege brachte mich auf eine neue Idee. Er zeigte mir „Schonbezüge“ für die Motorradgriffe aus Neopren. Er selbst nutzt diese an seiner 1250GS. Ohne Not.

Für mich sind diese Teile jedoch nur zweite Wahl. Da ich gerne auch bei eher kaltem Wetter unterwegs bin, schwöre ich ja auf meine Griffheizungen. Wohlig warme Finger haben auf dem Motorrad was. Und einen Neoprenüberzug für die Heizgriffe? Gibt es denn eine noch bessere Möglichkeit, mich von der Wärme der Heizgriffe im Winter zu isolieren? Und dann noch die Tatsache, dass sie eben doch nicht ganz wasserdicht sind. Ich habe keine Ahnung, was eindringendes Regenwasser auf Dauer mit den Kupferwicklungen der Heizgriffe anstellen würde.

Also klar, die Neoprenüberzüge würden zwar irgendwie funktionieren, scheiden für meine Bedürfnisse eher aus.

Gewebeband

Griffgummi mit Gewebeband geflickt

Gewebeband funktioniert zwar, sieht aber nicht wirklich toll aus. Das Auge fährt ja mit.

Eine andere Möglichkeit für mich wäre die exzessive Nutzung von weiterem Gewebeband gewesen. Dass dies funktioniert, davon gehe ich aus. Gewebeband klappt nämlich immer.

Nachteilig für mich ist jedoch das Aussehen. Da bin ich schon ein wenig eitel. Zig Wicklungen Tape über den Motorradgriffen mögen zwar funktionieren und auch dicht halten, sehen aber echt amateurhaft und nach Flickschusterei aus.

Außerdem bin ich mir nicht sicher, was die Heizspiralen mit dem Tape anstellen würden. Hält der Kleber noch, wenn ich die Dinger in der kalten Jahreszeit anschalte? Wird sich das Gewebeband auflösen? Habe ich am Ende einen schmierigen Schmodder an den Griffen hängen?

Für mich nichts.

Schrumpfschlauch

In den Tiefen eines Motorradforums stieß ich dann auf den Ratschlag, verschlissene Griffgummis mit einem Schrumpfschlauch zu behandeln. Zwar hat niemand groß an Heizgriffe gedacht, aber das muss ja nicht bedeuten, dass es für mich nicht funktioniert. Und immerhin, eine günstigere dauerhafte und nicht allzu hässliche Alternative zur Reparatur der Griffgummis an meinem Motorrad habe ich nicht nicht gefunden.

Die neuen Griffgummis

Bestellung und Lieferung

Schrumpfschlauch kannte ich bislang eher von Elektronikbasteleien. Dass ich mal einen brauche, um meine Griffgummis am Motorrad zu flicken, habe ich nicht bedacht. Aber anscheinend lernt man ja nie aus.

Kurz bei Amazon gesucht, tatsächlich einen 40 Millimeter Schrumpfschlauch entdeckt für einen erfreulich günstigen Preis.

Schrumpfschlauch, 40mm

Der gelieferte Schrumpfschlauch, ein halber Meter

Lieferung gleich am nächsten Werktag, damit kann ich definitiv in die Garage und loslegen.

Das gelieferte Stückchen Schrumpfschlauch ist gut einen halben Meter lang mit einem Durchmesser von 40 mm. Das bedeutet, dass ich das Teil gut über den Motorradgriff bekommen werde. Der Schlauch beginnt sich zusammenzuziehen bei über 100° C, was für mich den Vorteil hat, dass die Heizgriffe ihn nicht beeinträchtigen können. Und die Montage ist wirklich einfach, eher eine Bastelarbeit:

Vorbereitung

Werkzeuge brauche ich nur wenig. Torxschrauber, um störende Teile zu demontieren, eine Heißluftpistole, ein Cuttermesser, eine Schere sowie schließlich noch einen Heißluftfön. Habe ich alles da.

Handprotektoren müssen weg

Die Handprotektoren samt Lenkerendgewichte werden als erstes entfernt.

Zunächst müssen die störenden Handprotektoren vom Lenker meiner BMW weg. Ich bin tatsächlich erstaunt, dass sich die Schrauben alle lösen lassen. Ist ja nicht unbedingt üblich, wenn man bedenkt, dass ich das noch nie tun musste. Bei meinem Glück sind solche Teile dann immer festgefressen. Aber erstaunlicherweise jetzt nicht.

Den Schrumpfschlauch anpassen

Schrumpfschlauch zuschneiden

Einfach einen Daumenbreit über dem Griffende hinaus den Schrumpfschlauch abschneiden

Recht einfach geht das Zuschneiden. Den Schrumpfschlauch über den Griff schieben, durchaus bis zum Anschlag. Dann noch einen Daumenbreit über das Ende des Motorradlenkers hinaus gucken lassen und mit der Schere dort abschneiden. Der Überstand ist wichtig, weil sich der Schlauch später durchaus zusammenzieht und noch die Position verschiebt.

Die Heißluftpistole

Meine Heißluftpistole, vor hundert Jahren mal für ein anderes Projekt angeschafft, funktioniert zu meinem Erstaunen noch tadellos. Und stinkt wie früher.

heißluftpistole im Einsatz

Mit der Heißluftpistole bei mittlerer Leistung langsam von allen Richtungen erwärmen

Den Schrumpfschlauch ruhig bei mittlerer Temperatur (nicht ZU heiß, sonst schmilzt er weg) einfach von innen nach außen erwärmen. Von innen nach außen, weil der Überstand und damit auch die Möglichkeit noch was zu schieben auf der Außenseite des Lenkers hängt. Und immer schön rundherum erwärmen. Nicht zu hektisch.

Der Schlauch zieht sich tatsächlich ordentlich zusammen.

Am Ende ist es recht unspektakulär. Der neue Schrumpfschlauch über den Griffgummis legt sich glatt an. Keine Falten, keine Verschiebungen, alles so, wie ich es mir vorstelle.

Zuschneiden

zugeschnittener Schrumpfschlauch

Den Schrumpfschlauch so abschneiden (mit dem Cittermesser), dass nur noch wenig übersteht.

Am Ende steht noch ein kurzes Stückchen Schrumpfschlauch am Griffende über. Kurz mit dem Cuttermesser nachgearbeitet, das letzte Stückchen nochmals mit der Heißluftpistole erwärmt, dass der Motorradgriff vollständig umschlossen wird und: Voila. Alles passt. Noch kurz den Handprotektor wieder festgemacht und der Motorradgriff sieht aus wie neu.

Der Gasgriff

Beflügelt von meinem Erfolg beschließe ich, auch den Gasgriff gleich durch einen Schrumpfschlauch zu verstärken.

Hier ist es ein wenig diffiziler, aber es klappt tatsächlich. Das einzige Problem kommt ganz am Ende, wo der umgeklappte „Restgummi“ des Schrumpfschlauchs so knapp abgeschnitten werden muss, dass sich der Gasgriff noch frei drehen lässt und aus eigener Kraft in die „Nullstellung“ zurückschnappen kann.

Aber, es klappt. Beide Motorradgriffe sind nach nicht einmal 20 Minuten (einschließlich aufräumen) vollständig mit einem neuen Griffgummi in Form eines Schrumpfschlauchs versehen.

Ergebnis

Ich bin bislang recht zufrieden mit den neuen alten Motorradgriffen. Der Schrumpfschlauch hält und er hält auch bei Benutzung der Heizgriffe.

Überarbeiteter Motorradgriffgummi

Ende der Wartung: sieht echt gut aus, gar nicht mehr nach Flickerei.

Gefühlt nutzt sich das Teil jedoch ein wenig schneller ab. Das kann ich bislang aber noch nicht mit ausreichender Sicherheit sagen.

Was ich jedoch sicher sagen kann ist, dass die Heizgriffe durch die zusätzliche Gummischicht durchaus fühlbar an Heizleistung verloren haben. Es ist immer noch warm wenn ich das Knöpfchen drücke, aber es besteht tatsächlich ein merklicher Unterschied.

Sollten sich die Schrumpfschläuche irgendwann auch abgenutzt haben, kann ich nicht einfach einen neuen drüber ziehen. Der alte muss definitiv weg. Ansonsten besteht die Gefahr, dass meine Finger im Winter zu frieren beginnen.

Also Alles in Allem: Reparatur geklappt, alles recht günstig und bisher funktioniert die Idee.