Wenn ich mich irre

Ein Vorrecht des Genies ist es, dass es sich auch irren kann.

Oder so.

Bis vor kurzem war ich noch der Meinung, dass ein Motorrad eigentlich nicht besonders viel Leistung benötigt, damit es Spaß macht, zu fahren.

Und, na ja, inzwischen muss ich wohl meine Meinung ein wenig revidieren. Grund ist eine kleine Diskussion, die ich vor kurzem mit einem Bekannten über die Motorleistung meiner DR650 hatte.

Die aktuelle Situation mit der Leistung

Vor gut einem Jahr habe ich mir für den Weg zur Arbeit und für ein wenig Spaß eine alte DR650 angeschafft. Und zwar eine so alte Maschine, dass sie auf 27 PS gedrosselt ist.

Jetzt muss ich sagen, dass dies vielleicht für mich ausreicht, wenn ich morgens mit dem Motorrad zur Arbeit fahre. Und vielleicht auch mal für ein paar Erledigungen, auf dem Weg zum Milch kaufen noch eine kleine Runde extra einlegen oder ähnliches.

Und ich war damit zufrieden, dass die DR650 mit der Drosselung nur wenig Motorleistung hat. Ich war so lange zufrieden, bis ich dieses Jahr die ersten Motorradtouren im Schwarzwald gefahren bin. Das war dann schon ein wenig ernüchternd.

Da waren einfach zu wenige Pferdchen in der Suzuki.

Und der Schwarzwald ist das Eine. Mit der Suzuki mal einen Abstecher in die Schweizer Alpen zu unternehmen, das Andere. Wird einfach keinen Spaß machen. Da fehlt es schlichtweg an Motorleistung, um entspannt irgendwelche Pässe mit dem Motorrad hochzuwedeln.

Und auch, wenn ich mit meinem Zweitmotorrad jetzt nicht unbedingt eine zweiwöchige Motorradreise antrete, sollte sie dann doch dafür geeignet sein, mich einige Tage mal kurz in die Alpen zu bringen und mir dort einen ordentlichen Fahrspaß zu bringen. Sie sollte geeignet sein, mich, mein Gepäck und vielleicht sogar noch einen Sozius den Berg hochzubringen, ohne dass ich sie vollkommen ausquetschen muss.

Da ich um das Jahresende hin meine alte DR650 verkaufen möchte, stellt sich da natürlich die Frage, wieviel Leistung der Nachfolger haben muss.

Den Vorurteilen zum Trotz

Wer eine Diskussion anfängt, mit dem Thema „Leistung von Motorrädern“, der wird recht schnell an den Punkt kommen, wo es nur noch über den persönlichen Geschmack geht. Es gibt eben unterschiedlichste Vorstellungen davon, wie viel PS ein Motorrad haben muss.

Jetzt gibt es natürlich die Puristen. Diejenigen, die sich auch noch daran erinnern, wie sie damals (irgendwann nach dem Krieg oder so) mit ihrem VW Käfer mit dem Wohnwagen hinten dran mit geschätzten zwölf PS mit der kompletten Familie an Bord die Alpen überquert haben. Und das ging ja auch. Und da soll ich mich doch nicht so anstellen, wenn ich der Meinung bin, dass die 27 PS meiner DR650 nicht ausreichend sind, um in den Alpen Fahrspaß zu haben.

Aber ich muss ganz klar sagen: Das ist jetzt nicht so mein Ding.

Klar, ich kann durchaus mit der untermotorisierten DR650 zu die Alpen brummeln. Und ja, ich komme damit definitiv wirklich jeden Pass hoch. Das klappt auf jeden Fall.

Aber es ist eben auch anstrengend. Mit zu wenig Leistung in den Alpen herumzufahren macht einfach nicht genug Spaß. Das Motorrad, eigentlich auf Grund der Größe und dem Gewicht perfekt geeignet für kleine, schmale und auch steile Sträßchen, muss nach jeder Spitzkehre bis zum Anschlag ausgequetscht werden, um wieder ein wenig auf Geschwindigkeit zu kommen. Alles schüttelt und rappelt, die Maschine keucht und hustet, bei zunehmender Höhe wird es nicht besser…

Nur wird es ja immer besser. Jetzt im Moment bei einer Tour durch den südlichen Schwarzwald fahre ich. Ich alleine, ohne Gepäck, ohne Sozius, ohne alles. Mache ich dann (irgendwann nach der Pandemie) meinen Motorradurlaub in der Schweiz, Frankreich oder Italien, fahre dort Alpenpässe hoch, am besten noch die wirklich großen, dann verstärken sich die Probleme ja noch. Da habe ich dann die Sorge, dass ich, mangels abrufbarer Leistung meiner DR650 eben nicht nur langsamer beschleunige, sondern feststellen muss, dass ich eben im vierten Gang überhaupt keine Beschleunigung mehr feststellen kann, weil ich zu viel Gewicht in Form von Mitfahrer und Gepäck auf dem Motorrad mit mir herum schleppe.

Also ja: Meine Meinung ist, dass es durchaus eine Frage wert sein darf, wie viel Leistung ich haben sollte, um mit dem Motorrad bequem die einzelnen Alpenpässe zu befahren.

Wie viel Leistung braucht es zum Glücklichsein?

Falsche Frage.

Ich bin mit meiner Suzuki DR650 durchaus zufrieden. Zumindest so lange, bis ich mal ein wenig den Buckel hoch und noch höher fahren möchte. Und mal ehrlich, das mache ich ja auch nicht jeden Tag. So wie es bisher aussieht, nicht mal bis zum Sommer diesen Jahres. Ist aber ein anderes Thema.

Festzustellen bleibt, dass ich mit der BMW F800GS auf jeden Fall ausreichend motorisiert bin, um jeden noch so steilen Buckel in Angriff zu nehmen. Also stelle ich fest, das 85 PS ausreichend sind.

Und mit der gedrosselten Suzuki DR650 stelle ich fest, dass die Leistung für mich nicht ausreichend ist. Mit 27 PS ist das Motorrad, auch ohne Sozius und Gepäck, für die zügige Passfahrt nicht ausreichend motorisiert. Da fehlt einfach der Entspannungsfaktor.

Bei meiner Alten Suzuki V-Strom, der Vorgängerin meiner BMW, waren 69 PS verfügbar. Und hier kann ich feststellen, dass auch diese Leistung definitiv ausgereicht hat, für Fahrspaß in den Alpen zu sorgen. Da war ebenfalls bei jeder Passauffahrt genügend Leistung abrufbar.

Tja, und dann gab es da noch meine alte Aprilia Pegaso, das zweite „richtige“ Motorrad, dass ich überhaupt besessen habe. In der Version mit 40 PS damals. Und mit dem Wunsch, die große weite Welt zu entdecken. Damals erschienen mir die gebotenen 40 PS als durchaus ausreichend. Zumindest so irgendwie. Aber noch nicht zu üppig. Sobald ich nicht alleine auf der Maschine saß oder Gepäck an Bord hatte (ich habe wirklich Unmengen von Krempel mitgeschleppt…), war da auch nicht mehr so viel mit bergauf beschleunigen. Ging noch, aber eben nur noch so.

Also stelle ich fest, dass ich definitiv mehr Leistung brauche, als mir meine DR650 zu bieten hat. 27 PS sind mir da einfach ein wenig zu mau. Die knapp 70 PS meiner V-Strom sind noch nicht möglich, da kann ich bescheidener ran gehen. Und die 40 PS Leistung meiner alten Pegaso waren geradeso ausreichend.

Also suche ich wohl am ehesten die goldene Mitte.

Als nächste Maschine, die mir das bequeme Passwedeln würde dann wohl die komplette Mittelklasse bei den Motorrädern (beispielsweise eine alte Transalp mit ihren 50 PS Motorleistung) durchaus ausreichen. Oder auch die meisten der klassischen Butter-und-Brot-Motorräder, die eben auch irgendwo im Segment von 50 Ps herum liegen.

Die alten Einzylinder-Enduros sind da schon ein wenig zu klein für mich. So toll sich eine 250er im Gelände fährt, so günstig ich eine alte 650er wie meine DR oder auch eine Dominator und Co. Anschaffen kann, reicht mir die Leistung einfach nicht aus. Jedenfalls nicht, wenn ich zu einem verlängerten Wochenende, vielleicht mit meinem Junior und Gepäck, mal in die Berge fahren möchte.

Fazit

Ja, jeder kann sich mit fast jeder Art von Motorrad, auch mit meiner DR650 mit 27 PS, auf den Weg zum Motorradurlaub in den Alpen machen. Aber mir ist das zu anstrengend. Um entspannt Alpenpässe zu fahren, brauche ich eine Maschine mit ein wenig mehr Leistung.

Das müssen zwar keine gewaltigen Leistungsberge werden, aber definitiv sollten ein paar Eckdaten überschritten werden.

Ich werfe jetzt einfach mal in den Raum, dass ich zum entspannten Touren in den Alpen lockere 50 PS brauche. Weniger geht da für mich nicht, alles zu wenig wäre mehr Arbeit und weniger Motorradurlaub.