reparaturhandbuch

Das Internet weiß alles…

Ich habe mich ja recht schnell an das Internet gewöhnt. Alle möglichen Daten nur einen Klick entfernt. Immer alles verfügbar, jederzeit alles abrufbar. Und dies nicht nur am heimischen PC oder dem Laptop, sondern seit einigen Jahren auch mobil auf dem Smartphone.

Insofern eigentlich gar nicht verwunderlich, dass ich fragen muss, wozu eigentlich noch das gedruckte Buch bei der Motorradwartung notwendig sein soll.

Es ist nämlich so, dass ich mir für meine BMW F800GS vor einiger Zeit ein Reparaturhandbuch angeschafft habe. Und dies für den stolzen Preis von fast 40 Euronen.

Und wozu, wenn doch alles auch am Smartphone verfügbar ist?

…und ist auch noch praktisch

Ich habe mir vorgenommen, meine BMW bis zur Marke von 100.000 Kilometern nicht selbst zu warten. Zumindest keine größeren Arbeiten daran vorzunehmen. Das Motorrad soll bis zu diesem Zählerstand noch ganz klassisch scheckheftgepflegt sein. Nenn es einen Spleen, eine merkwürdige Angewohnheit oder einfach nur Geldverschwendung… ist halt so.

Trotzdem gilt auch hier, dass ich Kleinstarbeiten doch gerne selbst übernehmen möchte, alle notwendigen technischen Daten gerne zur Hand habe und auch nebenbei noch ein wenig Wissen „aufsaugen“ will.

Insofern ist natürlich das Netz eine große Hilfe. In diversen Foren finde ich nahezu alle Informationen, zusammengestellt von einer unüberschaubaren Community, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit schon alle möglichen Umbauten und Wartungsarbeiten schon selbst erledigt hat. Eigentlich eine feine Sache.

Hinzu kommt, dass ich im Netz mit hoher Wahrscheinlichkeit auch aktuelle (!) Informationen finde, vorausgesetzt, ich weiß, wie ich danach zu suchen habe. Was nützen mir denn Reifenempfehlungen, für Modelle, die schon seit Jahren nicht mehr produziert werden?

Und habe ich dann alles an Wissen zu einem bestimmten technischen Problem zusammengetragen, ist es für mich ein Leichtes, dann auch gleich noch die passenden Ersatzteile online zu bestellen mit der Gewissheit, dass alle Teile innerhalb weniger Tage zu mir kommen. Und dies vom günstigsten Anbieter direkt vor die Haustüre geliefert. Wer geht denn noch zum Fachhändler, um Ersatzteile zu bestellen (Originalteile kann sich ja eh kein Mensch leisten)?

Also ist ein klassisches Reparaturhandbuch doch inzwischen überholt, oder? Nur noch wenig Nutzen.

Reparaturhandbücher sind nicht überholt

Ganz so einfach ist das nicht.

Und auch, wenn ich es mir mit den Vorteilen der immer und überall verfügbaren Informationen recht bequem gemacht habe, ist das Netz eben doch nicht immer der Weisheit letzter Schluss. Dies habe ich nämlich vor Kurzem bemerkt, als ich eine Inspektion an meiner Suzuki DR650 vorgenommen habe.

Zunächst einmal ist es gar nicht so einfach, die passenden Informationen für genau mein Motorrad zu finden. Klar, wenn ich nach Inspektionsplänen für genau mein Motorradmodell (und Baujahr) suche, gibt es fast immer unzählige Treffer. Aber die Qualität der Suchergebnisse ist dann in vielen Fällen doch recht bescheiden. Und dies, was die Qualität der Treffer angeht, die weiteren Inhalte sowie die genaueren Beschreibungen zu den dahinter stehenden Arbeiten.

Im vorliegenden Fall weiß ich natürlich (zumindest recht grob), was zu einer ordentlichen Inspektion an einer DR650 gehört. Die üblichen Arbeiten (Austausch von Betriebsflüssigkeiten, Zündkerzen, Luftfilter, Sichtprüfungen… usw.).

Aber bei der Prüfung des Ventilspiels ist das schon ein wenig komplizierter. Wie prüft man denn das Ventilspiel? Wie stellt man es denn ein? Und welche Werte passen denn?

Auch die eher einfachen Arbeiten wie beispielsweise das Auswechseln der Zündkerzen sind schon knifflig, wenn ich mich auf die Angaben im Netz verlasse. Ja, Zündkerzen herausdrehen und die neuen herein drehen ist flott erledigt. Aber wie ist denn das Anzugsdrehmoment? Wie stark kann ich die neuen Zündkerzen fest ziehen? Zuknallen oder handfest? Oder die Ölablassschraube. Recht schnell ist die halt mal so stark angezogen, dass das halbe Gewinde aus dem Motor unten heraus gerissen ist. Alles weiches Alu.

reparaturhandbuch

Auf jeden Fall finde ich in einem Reparaturhandbuch jede „normale“ Wartungsarbeit, die am Motorrad ansteht in einzenen Arbeitsschritten aufgeschlüsselt.

Also ja, auch wenn ich im Netz vielleicht die einzelnen Informationen finde (wobei das mit den einzelnen Anzugsdrehmomenten doch fraglich ist), komme ich dann mit dem Smartphone bei den Wartungsarbeiten doch irgendwie an meine Grenzen. Manche Dinge verrät mir auch das Internet nicht.

Tja, das Smartphone. Das ist auch so ein wunder Punkt.

Selbst wenn ich dann meine Internet-Anleitung zum Einstellen der Ventile tatsächlich gefunden habe, ist es nicht ganz so praktisch. Meine Reparaturanleitung lege ich neben mich, auch mit Handschuhen blättere ich vom Register zu den einzelnen Montageschritten, alles ordentlich aufgeschlüsselt und lese ganz klassisch von oben rechts nach unten links.

Und beim Foreneintrag von anderen ambitionierten Schraubern? Da fummle ich die Arbeitshandschuhe von den Pfoten, fange an zu tippen, schließlich zu scrollen, klicke mich zu extra verlinkten Bildern, versuche winzig kleine Schrift auf dem Display zu lesen, stelle zwischendrin fest, dass ich keinen Empfang habe und nehme nebenbei in Kauf, überall auf dem Mobiltelefon meine Ölflecken zu hinterlassen.

Nicht gerade praktisch.

Die Inspektion meiner DR650

Und so sitze ich vor zwei Wochen in der Garage und wurstle an meiner DR650 herum. Und dies ohne Reparaturanleitung. Für die Suzuki ist sie nämlich bislang noch nicht eingetroffen. Aber die Inspektion ist jetzt echt überfällig.

Was mir als erstes auffällt: Einen „offiziellen“ Inspektionsplan finde ich gerade nicht. Die meisten Arbeiten sind aber auch kein Problem. Nur den Wechsel der Bremsflüssigkeit muss ich weglassen, ich habe schlichtweg keine frische Brühe…

Wie oben erwähnt keine Anzugsdrehmomente… gut, klappt auch so. Irgendwie.

Ventile einstellen? Kann ich vergessen, keine passende Anleitung für mein Motorrad im Netz zu finden.

Die möglich Arbeiten wurden von mir also komplett nach Gefühl durchgeführt.

Also alles in allem konnte mir das Netz eben doch nicht weiter helfen. Ein nur mäßiges Ergebnis.

reparaturhandbuch

Immerhin sind die einzelnen Arbeiten auch mit dem Schwierigkeitsgrad versehen, so dass ich auch gleich sehen kann, wie knifflig die ganze Arbeit wird.

Fazit

Ich für meinen Teil kann nicht auf auf das klassische Reparaturhandbuch verzichten.

Die erspart mir, irgendwelche teilweise zweifelhaften Informationen im Netz zu suchen, manchmal erfolglos. Eine Reparaturanleitung vorher durchzublättern erspart mir (und ich bin mir sicher, dies passiert auch anderen), mitten während der Arbeit festzustellen, dass ich vergessen habe, neue Bremsflüssigkeit mitzubestellen. Und es ist einfach praktischer, ein aufgeschlagenes Buch während der Schrauberei neben mir liegen zu haben, als immer wieder auf dem Smartphone herumzufummeln und zu scrollen.

Von daher: Für jedes Motorrad wird ein Reparaturhandbuch vorgehalten.