Motorradinspektion selbst gemacht
Wenn die Anleitung fehlt
Alte Motorräder haben ihren Charme. Klar, die Fahrleistungen sind nicht vergleichbar mit modernen Maschinen. Und die Technik ist nicht halb so robust, wie man es gerne hätte. Auch die Wartungsfreundlichkeit ist, allen Unkenrufen zum Trotz, heutzutage auch besser als noch vor 30 Jahren. Aber einen unglaublichen Vorteil haben alte Motorräder im Vergleich zu ihren moderneren Pendants: Ich kann tatsächlich noch die meisten Arbeiten selbst durchführen, welche anfallen. Und ich traue mich auch, die meisten Arbeiten selbst durchzuführen. Wenn ich an meiner alten Suzuki DR650 herumbastle, kann im schlimmsten Fall ein Schaden entstehen, der den Restwert des Motorrads erreicht. Und auf Grund ihres Alters ist der Restwert meiner Suzuki nur noch recht gering. Insofern die besten Voraussetzungen, eine Inspektion am Motorrad selbst zu erledigen, anstatt in der Werkstatt meines Vertrauens (und ich vertraue „meinem“ Suzukihändler tatsächlich) für teures Geld so was machen zu lassen.
Allerdings hat der Plan, eine Inspektion am Motorrad selbst zu erledigen, einen entscheidenden Nachteil: Ich sollte genau wissen, was ich tue. Also zumindest bräuchte ich einen Inspektionsplan. Oder ein Werkstatthandbuch. Oder eine Reparaturanleitung. Ohne eines der dreien wird es ein wenig kompliziert. Aber andererseits: Die Grundlagen sind bei allen Motorrädern irgendwie ähnlich. Und viel falsch machen kann man dabei auch nicht.
Von daher nutze ich die Wartungssaison (endlich ist es nicht mehr eiskalt in der Garage) und mache mich an die Motorradinspektion. Und nötig ist die auf jeden Fall. Immerhin habe ich keine Ahnung, wann das letzte Mal Luftfilter, Zündkerzen und Co ausgetauscht wurden.
Ersatzteile
Die meisten Arbeiten bei einer Motorradinspektion sind bei allen Motorrädern gleich. Sichtkontrolle der wichtigsten Baugruppen, Ölwechsel, Luftfilter (irgendwann halt), Zündkerzen (auch irgendwann), Bremsflüssigkeit, Ventile. Das Hauptproblem sind vor allem die Intervalle (wann muss denn der Luftfilter gewechselt werden) sowie die genauen technischen Daten (Ventilspiel?). Ich habe es mir einfach gemacht und einfach mal den Rundumschlag angestrebt. Zumindest soweit ich das kann. Ventilspiel einstellen ohne Anleitung? Ne, eher nicht. Ölwechsel? Klar, warum nicht. Zündkerzen? Auch. Luftfilter? Wenn ich eh grad dabei bin… auch.
Nun gibt es bei Amazon für die DR 650 gleich fertige Inspektionssets oder eben die Einzelteile von den üblichen Versandhändlern. Ich habe mich für den Einzelkauf entschieden. Gleich noch neue Dichtungen (O-Ring für den Ölfilterbehälter, Kupfer für die Ölablassschraube) und passendes Motorenöl dazu bestellt.
Tank & Verkleidung müssen weg
Ich habe mich entschieden, von oben nach unten zu arbeiten. Außerdem waren eh noch einige Kleinigkeiten (Kabel ordentlich verlegen) zu erledigen. Insofern: Als erstes musste der Tank runter. Eigentlich eine recht einfache Sache. Wenig Werkzeug erforderlich, schnell erledigt.
Schritt 1:
Benzinschlauch abziehen. Ist nicht gesondert befestigt, einfach abzupfen.
Schritt 1a:
Schnell den Benzinhahn zudrehen, den ich gerade vergessen habe und die Sauerei auf dem Garagenboden aufwischen.
Schritt 2:
Insgesamt sechs Schrauben sind zu lösen. Zwei der Schrauben unter der Sitzbank und vier weitere Innensechskantschrauben halten die Verkleidung am Tank, dann ist gut.
Vorne ist der Tank lose auf einem runden Träger eingehängt.
Schritt 3:
Den Tank vorne ein wenig anheben und dann vorsichtig nach hinten hinaus ziehen. Vorsichtig deshalb, weil meine Verkleidung nach 30 Jahren Motorradleben schon ein wenig empfindlich ist. Starkes rütteln und biegen bedeutet Risse.
Den Tank, wenn er sowieso schon unten ist, einfach mal kurz von unten anschauen, ob irgendwo (vor allem an den Kanten) Rost zu sehen ist.
Schritt 4:
Nachdem der Tank unten ist, nun noch den linken Seitendeckel weg. Dieser ist mit nur einer Schraube gesichert, ansonsten nur eingehängt. Schraube lösen, dann vorsichtig (wieder) heraus „rütteln“.
Luftfilter wechseln
Meine Suzuki muss atmen. Mangels Wartungshandbuch habe ich keine Ahnung, wie groß die offiziellen Wechselintervalle des Luftfilters sind. Da so ein Teil aber nicht die Welt kostet, erledige ich das dann jetzt im Rahmen der Motorradinspektion, wenn ich sowieso schon schmutzige Finger habe.
Der Luftfilterkasten lässt sich von der linken Seite aus (unter dem abgenommenen Seitendeckel) mit zwei Kreuzschrauben öffnen und ist zusätzlich noch auf der anderen Seite mit zwei Kunststofflaschen eingehängt. Die Schrauben sind schnell gelöst, der Deckel dann weggefummelt.
Der Luftfilter besteht aus einem Stückchen Schaumstoff über einer Art Korb, der ihn in Form hält. Er ist lose aufgesteckt und auf der Oberseite mit einer Flügelmutter befestigt.
Wenn du vergisst, die Flügelmutter zu öffnen, fummelst du dich zu Tode.
Ein Blick auf den Luftfilter nach dem Ausbau verrät, dass er eigentlich noch nicht wirklich reif für einen Tausch wäre, alles noch einigermaßen sauber. Aber egal. Schnell den neuen Schaumstoff über die Kunststoffhalterung gezogen, das Ganze dann in den Kasten zurück gesteckt und dann wieder mit der Flügelmutter und Unterlegscheibe fixiert. Danach Deckel wieder drauf und abhaken.
Zündkerzen wechseln
Früher war es ganz einfach. Da wusste ich, dass die Zündkerze an einem luftgekühlten Motor 6.000 km lebt, an einem wassergekühlten Motor 10.000 km alt wird. Und das war dann so. Inzwischen ist das anders. Und jeder Hersteller schreibt andere Intervalle vor.
An meiner Suzuki DR650 ist das wieder ein wenig komplizierter. Ich habe keine Ahnung, wann es denn mal zuletzt eine richtige Inspektion gab. Wann wurden die Zündkerzen zuletzt gewechselt?
Also auch hier ein Tausch aufs Geratewohl.
Tank ist bereits ab, dann also nur die Stecker abziehen. Hier noch kurz eine kleine Sichtkontrolle, ob die Kabel und Stecker noch in einem ordentlichen Zustand sind. Bei mir passt das, nichts brüchig, nichts vergammelt.
Und dann die alten Zündkerzen abschrauben. Das wird schon ein wenig komplizierter, ist alles ein wenig fummelig, wenn ich mit der Stecknuss dort rein kommen möchte. Ein klassischer Rohrschlüssel wäre hier wahrscheinlich die bessere Alternative.
Beide Zündkerzen stellen sich beim Ausbau als ordentlich „festgekanllt“ heraus, ich muss tatsächlich nicht unwesentliche Kraft aufwenden.
Sobald die Zündkerzen raus sind, aufpassen dass durch die Löcher nichts in den Zylinder fällt. Wäre echt blöd.
Vor dem Einbau der neuen Zündkerzen noch einen Blick auf die alten werfen. Da kann ich doch einen Hinweis auf Probleme im Motor erhalten (Zündkerzen-Gesichter).
Danach die neuen Kerzen einschrauben, zuerst die innere (noch mehr Fummelei), dann die vordere. Dabei merke ich wieder, wie sehr mir das Werkstatthandbuch fehlt. Die Teile gnadenlos „festknallen“ ist der falsche Weg. Der Zylinderkopf ist aus Alu und damit schon ein wenig empfindlich. Deshalb nur handfest anziehen.
Noch kurz ein wenig Ballistol in den Kerzenstecker gesprüht, dann wieder auf die Zündkerzen aufdrücken. Passt.
Ölwechsel
Motor kurz aufwärmen
Fast schon das wichtigste an der Inspektion. Den Ölfilter und das Motorenöl wechseln. Zu diesem Zweck wieder den Tank „aufsetzen“ und verschrauben, Benzinschlauch einstöpseln und die Maschine anlassen.
Das Motorrad kurz vor sich hin brummeln lassen, in der Zeit kann ich schon mal das Motorenöl (10W 40), eine Schüssel und einen ganzen Schwung voll Lappen zusammensuchen.
Den Motor ein wenig laufen zu lassen hat den Vorteil, dass sich das alte Motorenöl ein klein wenig anwärmt und dann nicht so dickflüssig ist. Läuft dann einfacher raus und nimmt dabei (mit ein wenig Glück) besser den Dreck, der sich innen angesammelt hat, mit.
Altes Öl ablassen
Im Gegensatz zu meiner BMW ist der Ölablass der Suzuki DR650 am Unterboden des Motorrads. Ein wenig ungeschickt, wenn ich auf dem Seitenständer stehend das Öl ablassen möchte.
Schüssel platzieren, oben den Öleinfüllstutzen aufschrauben, dann unten langsam die Ölablassschraube aufdrehen. Dabei im letzten Moment aufpassen, sonst läuft einen die Suppe über die Finger.
Ich habe Glück, Ölablassschraube, Schlüssel sowie meine Finger sind schnell genug aus dem Weg, das alte Öl gluckert unten raus. Noch ein Blick ins Altöl sowie die Schraube (Metallspäne drin?), sieht gut aus.
Während das Öl abläuft, schon mal eine Handvoll Lappen richten. Dann schraube ich den Ölfilterdeckel auf der rechten Seite des Motorrads ab. Der Deckel enthält eine Feder, deshalb brauche ich ein wenig Gegendruck, um ihn ordentlich abnehmen zu können (ohne, dass die Sauerei größer wird).
Ölfilter tauschen
Den Deckel auf einem Lappen ablegen, dann den alten Ölfilter herausnehmen (liegt lose drin). Das ist meiner Meinung nach der größte „Sauereifaktor“. Ich habe es noch nie geschafft, den Garagenboden damit nicht mit noch mehr Ölflecken zu verzieren.
Der Ölfilterdeckel ist mit einer O-Ring-Dichtung ausgestattet. Und auch wenn diese sich theoretisch mehrfach nutzen lässt, wechsle ich sie aus, immerhin ist es nur ein Pfennigartikel. Alter O-Ring raus, den Deckel mal ordentlich sauber gemacht und angeschaut (irgendwelche Macken dran, irgendwo Schmutz?), dann die neue Dichtung in die Rille rein legen.
Den neuen Ölfilter lose einlegen, dann den Deckel mit der Hand drauf drücken und die Befestigungsschrauben mit der anderen Hand eindrehen. Danach die Schrauben fest ziehen. Auch hier mit der entsprechenden Vorsicht, immerhin ist der Motorradmotor ein empfindliches Teil. Ganz schnell ist da ein Gewinde vermurkst.
Zuletzt nehme ich die Ölablassschraube und fummle eine neue Kupferdichtung drauf. Dann diese ebenfalls mit der gebotenen Vorsicht wieder einschrauben.
Warum ich dieses „vorsichtig“ immer wieder thematisiere: Bei dem ersten Ölwechsel, den ich vor gefühlten 100 Jahren gemacht habe, wurde die Schraube von mir festgeknallt. Ergebnis: Gewinde vermurkst, Riesenaufwand das dann wieder ordentlich hin zu bekommen. Setdem: Gebranntes Kind scheut Feuer.
Danach:
frisches Öl einfüllen.
Neues Öl einfüllen
Trichter, Ölkanister und dann frisches Öl hinein laufen lassen. Bei mir sind es zwei Liter laut Aufschrift auf dem Motordeckel. Zieht sich ein wenig, ist aber kein Problem.
Kurze Sichtkontrolle im Schauglas, als es gut aussieht, kurz den Deckel zu, dann den Motor kurz angeworfen und zwei Minuten laufen gelassen. Ist wichtig für mich, um festzustellen, ob ich irgendwo gemurkst habe und vielleicht Öl heraus tropft.
Ist bei mir nicht der Fall.
Nach dem Ausmachen des Motors warte ich nochmals eine Zigarettenlänge, danach kontrolliere ich nochmals den Ölstand. Ja. Die Maschine kann noch einen Schluck vertragen.
Nachdem das Altöl, der alte Ölfilter sowie die ganzen eingesifften Lappen versorgt sind, ist der Ölwechsel jetzt auch erledigt.
Sichtkontrollen & Co.
Manches vergesse ich einfach…
Schnell ist das Motorrad wieder fahrfertig, da fällt mir ein, dass ich mich noch gar nicht um die Bremsflüssigkeit gekümmert habe. Die sollte ich nämlich auch mehr oder weniger regelmäßig wechseln.
Und das geht jetzt nicht mehr, ich habe nämlich keine Bremsflüssigkeit mehr. Zwar steht noch eine Flasche DOT4 in der Garage, die ist aber bestimmt schon 8 Jahre alt und damit wahrscheinlich nicht die beste Option zum Wechsel.
Daran merke ich wieder:
Hätte ich einen richtigen Wartungsplan gehabt, wäre mir das nicht passiert.
So muss ich das bei Gelegenheit mal nachholen.
… und anderes kann ich nicht
Eigentlich wären die Ventile und die Ausgleichskette noch dran gewesen. Da mir aber immer noch ein Werkstatthandbuch fehlt und solche Eingriffe vielleicht nicht die Beste Lösung darstellen, wenn ich nicht genau weiß, was zu tun ist, lasse ich lieber die Finger davon, bevor ich belastbare technische Daten und / oder eine passende Anleitung habe. Ganz schnell kann ich hierbei etwas vermurksen.
Irgendwelchen dubiosen Anleitungen von Youtube traue ich hier nämlich nicht ausreichend um Eingriffe in die Eingeweide des Motors zu beginnen.
Kette & Co.
Jetzt kommt noch ein kurzer Blick auf die Kette. Na ja, könnte ein wenig Fett vertragen, dafür passt die Spannung (noch). Ist schnell erledigt.
Bremsen
Bremsflüssigkeit habe ich schon erwähnt. Die Bremsbeläge verdienen auch noch einen Blick.
Sie sind noch einigermaßen in Ordnung, halten diese Saison noch.
Eigentlich wäre jetzt auch eine Verschleißmessung der Bremsscheiben fällig, da ich aber keinerlei Ahnung von den Sollwerten habe, entscheide ich einfach kraft souveräner Willkür, dass die noch passen.
Beleuchtung
Und zuletzt, ganz profan: ein kleiner Lichttest. Abblendlich funktioniert, Fernlicht ebenfalls und Blinker würde ich sowieso merken.
Oft vergessen: Kennzeichenbeleuchtung. Funktioniert bei mir auch.
Abstrahlen
Zu guter Letzt: Kurz zur Waschanlage. Beim Ölwechsel ist nämlich ein Teil der Brühe in die Motorschutzplatte rein gelaufen. Das erledige ich dann auch gleich, bevor der Boden meiner Garage noch komplett einsifft.
Und eine ausgiebige Probefahrt ist sowieso nie verkehrt.
Fazit
An meiner DR650 ist die Motorradinspektion mit wenig Aufwand zu erledigen. Ich habe es innerhalb einer starken Stunde erledigen können.
Natürlich habe ich mir hier die Einstellung des Ventilspiels, die Prüfung der Ausgleichskette sowie den Wechsel der Bremsflüssigkeit erspart. Aber grundsätzlich wäre das dann wohl mit dem passenden Reparaturhandbuch wohl auch kein Problem geworden.
Wer also die notwendige Zeit hat, kann es durchaus auch selbst eredigen.
Hallo,
um den Überblick über alle Daten meiner Fahrzeuge zu behalten, trage ich alle Daten bei Spritmonitor.de ein. Über den Benzinverbrauch auf 100 km, TÜV-Termine, Reifen-, Öl-, Luftfilterwechsel, kann man alles mögliche eintragen und sich kilometer- oder kalenderbasiert erinnern lassen. Gibt es auch als Handy-App. Ist ein tolles Tool, um den Überblick zu behalten oder auch nach Jahren noch was nachzusehen.
Ich gehe eher weniger „geplant“ an viele der Dinge heran. Andererseits wird es glaube ich auch mal Zeit, dass ich mich ein wenig mehr auf solche Kleinigkeiten wie richtige Inspektionsintervalle konzentriere. Also ist es wohl tatsächlich am besten, den Spritmonitor mal auszutesten.
Hi Hallo Thorsten,
Ein großes Lob für Deinen Blog, schön gemacht, gut zu lesen. Man kann schmunzeln über Dinge die jeder Motorradfahrer kennt. Interessant geschrieben.
Ansonsten als Tip, zum Schrauben an Deiner DR:
Beim Ölwechsel an der DR, sollte die Maschine nicht auf dem Seitenständer vor sich hin tuckern, um das Öl aufzuwärmen. Das KANN Dir die Nockenwelle übel nehmen. Bei Leerlaufdrehzahl ist der Druck der Ölpumpe nicht besonders hoch, ergo kann die Nockenwelle, im dümmsten Fall, Schaden nehmen. Ne kurze Fahrt über 10-15Km und gut ist. Bei Einbau des Ölfilters ist es immer gut die O-Ringe bzw. Gummidichtungen leicht einzuölen. Vielleicht machst Du das auch, aber war so nicht von Dir beschrieben.
Wichtig beim wechseln der Zündkerzen, NIE bei eventuell, heißen Motor wechseln! Das Metall dehnt sich aus, beim Abkühlen schrumpft es, mit dem Ergebniss, das sich eine Handfest ( feinmotorisch 😉 ) angezogene Zündkerze, kaum noch lösen lässt. Angabe laut Suzuki 11Nm.
Der Luftfilter gehört normalerweise mit speziellem Luftfilteröl ganz leicht eingeölt, das bindet feinste Staubpartikel.
Viele Grüße vom ( ungedrosselt ) fahrendem DR SE Fahrer, Peter