Dinge die man erledigen sollte
Kennst du das? Diese Kleinigkeiten, die zu erledigen sind, die aber immer wieder aufgeschoben werden. So nach dem Motto „werde ich schon noch machen“.
Bei mir war das so beim Wechsel der hinteren Bremsbeläge an der BMW F800GS. Dort hat mir schon mein Mechaniker bei Kilometerstand 70.000 bei der letzten Inspektion mitgeteilt, dass die hinteren Bremsbeläge dran sind und gleich angeboten, dass im Rahmen des Inspektionstermins gleich zu erledigen.
Ich habe dankend abgelehnt. Ist ja nur eine Kleinigkeit, da kann ich mir die halbe Werkstattstunde sparen. Ist günstiger für mich und einfach zu machen. Und dann habe ich diese Aufgabe auf meine To-Do-Liste gesetzt. Unbedingt vor der Urlaubszeit zu erledigen.
Und es blieb auf der To-Do-Liste. Es blieb auf der Liste, als ich das ganze Frühjahr durch mit dem Motorrad zur Arbeit gefahren bin, es war auf der Liste bei den ersten Frühjahrsausfahrten, es war dann auf der Liste (aber schon irgendwie halb vergessen), als ich einige Tage durch den Thüringer Wald gebrummelt bin und war dann auch noch auf der Liste, als ich mich im Sommer nach Südfrankreich aufgemacht habe.
So ist das eben mit Dingen, die „irgendwann mal“ erledigt werden sollen.
Und jetzt, als ich mich vor Kurzem mal wieder an die anstehenden Wartungsarbeiten erinnert habe, da habe ich mir fest vorgenommen, das jetzt (mit Kilometerstand 76.000) zu erledigen.
Die Polo-Bremsbeläge
Meine hinteren Bremsbeläge halten nur mäßig lange, finde ich. Liegt vielleicht an meiner Fahrweise, vielleicht auch an den verwendeten Bremsbelägen. Ich habe zuletzt die Hausmarke von Polo bestellt (Hi-Q) und war mit den verwendeten Bremsbelägen recht zufrieden.
Keine Sintermetallbremsbeläge, sondern die ganz normalen organischen.
Sie greifen wenn nötig ausreichend zu, arbeiten auch einigermaßen bei Nässe und sind gutmütig genug für den Alltagsbetrieb. Genau das, was ich möchte. Von daher habe ich mich auch diesmal wieder für diese Teile entschieden. Auch deshalb, weil der Preis mit gut 20 Euro recht überschaubar bleibt. Klar, es gibt bei Amazon für die Hälfte des Geldes (und ich versuche natürlich, zu sparen wo ich kann) auch Bremsbeläge für meine BMW, aber irgend wie kann ich so einem Produkt nicht vertrauen.
Also, wieder bei Polo die Hausmarke bestellt.
Lieferung innerhalb von drei Tagen, da kann dann die Montage sofort beginnen. Auf keinen Fall noch länger auf die lange Bank schieben, sonst wird das bei mir nie was.
Vorbereitungen zur Montage
Bremsbeläge selbst zu montieren, ist bei meiner BMW recht einfach. Da ist nicht viel zu demontieren, keine Verkleidung ist im Weg, der Bremssattel muss nicht ab und die Technik ist auch recht einfach aufgebaut. Du kannst dabei so gut wie nichts falsch machen.
An Werkzeug ist nur wenig Bedarf vorhanden:
Eine Spitzzange, ein Hammer (oder Gummihammer), ein Splinttreiber (auch Durchschlag genannt), ein extra-großer Schraubendreher.
Das war es dann schon an Werkzeugen.
Zusätzlich würde ich noch einen Lappen, Arbeitshandschuhe (Bremsen sind immer furchtbar dreckig) sowie eine Dose Bremsenreiniger empfehlen. Ist aber nicht notwendig.
Das Motorrad am Besten auf den Hauptständer aufbocken, ist einfach bequemer zum Arbeiten. Wer hat (wie ich seit kurzem) kann die Maschine auch auf einem Motorradheber nach ober heben (klappt bei mir aber nicht, die BMW steht noch nicht sicher genug, ohne sie anzugurten). Geht aber auch auf dem Seitenständer.
Tausch der Bremsbelägen
Bei der BMW ist, wie schon erwähnt, nicht viel zur Montage der Bremsbeläge notwendig.
Aus- und anschließender Einbau der Bremsbeläge ist in jeweils zwei Schritten zu erledigen, den Hauptteil der Arbeit stellt nur die unvermeidliche Fummelei dar, die bei jeder Bastelarbeit am Motorrad auftritt.
Ausbau der alten Bremsbelägen
Zunächst müssen die alten heruntergefahrenen Bremsbeläge weg.
Diese sind recht lose im Bremssattel eingehängt. Vorne (im Bremssattel) gar nicht befestigt, hinten nur mit einem abgesicherten Bolzen. Und der muss zunächst raus.
Wenn dein Motorrad in einem ordentlichen Zustand ist, ist der Bolzen, der die Bremsbeläge hält, mit einem Splint gesichert. Diesen Splint kannst du einfach mit einer Spitzzange herausziehen. Oder eben auch nicht so einfach, wenn sich das alles schon ein wenig mit Dreck festgefressen hat.
Macht aber nichts. Einfach mit der Spitzzange den Splint greifen und nach oben herausziehen. Dabei auf jeden Fall den Splint festhalten, der ist nämlich eines jener Kleinteile, die du, einmal auf dem Garagenboden verschwunden, nie wieder findest.
Anschließend muss der Haltebolzen weg. Dieser ist lediglich durchgesteckt. Um ihn wegzubekommen, brauchst du den Splinttreiber und den Hammer. Einfach von der Außenseite her durch das vorhandene Loch den Splinttreiber ansetzen und mit ein, zwei beherzten Schlägen den gesamten Bolzen hin zur Radseite herausschlagen.
Den Bolzen dann auch zur Seite weglegen.
Nun solltest du die Bremsbeläge einfach nach hinten herausziehen können.
Auch diese zur Seite legen.
Vor dem Einbau der neuen Bremsbeläge
Nun werden die neuen hinteren Bremsbeläge der F800GS mal zur Hand genommen. Diese auspacken und einfach mal mit den alten Teilen vergleichen. Passen sie? Immer Sichtprüfung vornehmen. Nichts ist peinlicher, als ewig zu versuchen, ein Teil einzubauen, welches einfach nicht passen kann.
Danach die alten Bremsbeläge einfach nochmals zur Hand nehmen. Sind die einfach nur abgerieben und sind „Bröckchen“ herausgebrochen? Sollte nicht sein. Falls die sich in Einzelteile aufgelöst haben, dann würde ich diese Modelle nicht mehr empfehlen.
Danach Bolzen und Splint auch mal zur Hand nehmen. Ordentlich sauber reiben und kurze Sichtkontrolle. Alles noch in Ordnung? Irgendwo Risse, Verformungen oder sonst was? Wenn nicht, können die Bauteile weiter verwendet werden.
Jetzt müssen die Bremskolben irgendwie wieder zurück in den Bremssattel. Die sind ja noch, weil die alten Bremsbeläge dünn waren, so weit ausgefahren, dass die dickeren neuen Bremsbeläge nicht mehr hinein passen.
Es gibt spezielles Werkzeug zum Bremskolben zurückstellen. Ich habe das auch schon mit einem Schraubzwinge erledigt, wobei ich dann den Bremssattel aber demontiert habe, an meiner BMW klappt das recht gut einfach mit dem Schraubendreher. Vorsichtig halt.
Nun sind die neuen Bremsbeläge bereit zur Montage.
Einbau der neuen Bremsbeläge
Die neuen Beläge sind recht gut einzubauen. Die „kantige“ Seite einfach nach hinten in den Bremssattel schieben. Da wird nichts verschraubt, einfach nur nach hinten rein schieben und dann hält das von selbst.
Vorne die Bremsklötzchen dann so hinschieben, dass die Löcher für den Haltebolzen ordentlich liegen. Dann einfach den Bolzen (von der Rückseite, d.h. aus Richtung des Hinterreifens her) wieder hinein drücken. Das sollte zu diesem Zeitpunkt noch alles locker von Hand mit wenig Kraftaufwand funktionieren. Lässt sich der Bolzen nicht von Hand stecken, hast du irgendwo verkantet oder die Bremsbeläge sind noch nicht richtig gesetzt. Dann einfach nochmals hinaus frickeln und von vorne.
Ach ja, dabei vielleicht noch darauf achten, dass das Loch im Bolzen, wo der Sicherungssplint hinein kommt, von oben zugänglich ist. Der Splint muss nämlich am Ende wieder hinein.
Sobald der Bolzen nun einigermaßen ordentlich sitzt, geht es jetzt auf die andere Seite des Motorrads. Hier kurz den Fußbremshebel zwei mal drücken. Das ist zwar nicht gerade im Werkstatthandbuch vorgegeben, hat sich aber bei mir bewährt. Dadurch wird nämlich der Bremssattel ein wenig fixiert und noddelt nicht so herum.
Der nächste Schritt ist nämlich (meiner Meinung nach) der komplizierteste. Der Bolzen muss nämlich wieder vollständig in den Bremssattel zurückgetrieben werden. Und das ist recht kompliziert. Ein normaler Splinttreiber ist nämlich nicht lang genug, um von der Radseite aus an den Bolzen heranzureichen. Ich für meinen Teil nutze dazu den anfangs genannten großen Schraubendreher. Ist eine ordentliche Fummelei bis der Bolzen wieder hineingetrieben ist.
Sobald alles richtig sitzt, fehlt lediglich noch der Sicherungssplint. Wenn dieser noch in gutem Zustand ist, einfach wieder mit der Spitzzange schnappen und zurück in die Ausgangsposition stecken.
Und schon sind die hinteren Bremsbeläge meiner F800GS gewechselt.
Was kommt als nächstes?
Bremsbeläge müssen eingefahren werden. Da kommst du nicht drum herum. Das ist zwingend.
Wenn du das nämlich nicht machst und bei der nächsten Fahrt beherzt auf die Bremse trittst, könnte es nämlich sonst zu einer eher unangenehmen Überraschung kommen. Nämlich dass du recht wenig Bremswirkung bekommst.
Die gute Nachricht: Das „Einfahren“ der Bremsbeläge ist flott erledigt. Innerhalb der ersten paar Minuten Fahrt einfach hin und wieder mit nur mäßiger Kraft die Bremse betätigt, dann ist die Wirkung recht schnell zu spüren.
Du merkst innerhalb weniger Bremsvorgänge wie die neuen Beläge nach kurzer Zeit besser „packen“.
Ich für meinen Teil finde die Testfahrten nach den Wartungsarbeiten immer toll, ist es doch eine gute Gelegenheit, eine kleine Testrunde durch den Schwarzwald zu drehen.
Was kann schiefgehen?
Beim Einbau der Bremsbeläge kann, selbst bei noch so viel gutem Willen noch etwas daneben gehen.
Natürlich sollte klar sein, dass Öl und Fett von der Bremsanlage fergehalten werden. Auch wenn die Bremskolben nicht ordentlich zurückfahren, der Sicherungssplint vielleicht schwergängig ist oder der Bolzen nicht richtig hinein passt, sollte der Einsatz von Ölen oder Schmiersprays sehr vorsichtig erfolgen.
Hast du trotzdem irgendwie Öl auf die Bremsanlage bekommen, kannst du das mit dem großzügigen Einsatz von Bremsenreiniger (sollte jeder in der Werkstatt haben, lohnt sich und ist spottbillig) regeln. Der wirkt fettlösend. Dabei übrigens die Zigarette wegpacken, Aceton (Hauptbestandteil von Bremsenreiniger) ist hoch entzündlich.
Weiterhin gibt es noch das wahrscheinlich jedem bekannte Quietschen der Bremsen. Die ganz klassische Lösung für solches Quitschen ist Kupferpaste, bzw. die Moderne Version davon. Kostet auch nicht viel und sollte jeder in der Werkstatt haben. Das Zeug einfach auf die Trägerplatte der Bremsbeläge schmieren. Hilft in vielen Fällen.
Ich für meinen Teil habe an der Hinterradbremse noch nie ein Quietschen gehabt. Und mit den Hi-Q-Bremsbelägen von Polo war das letzte Mal auch kein Problem festzustellen. Insofern ist auch jetzt nichts zu erwarten.
Fazit
Der Wechsel der hinteren Bremsbeläge an der F800GS ist kein Hexenwerk. Schnell erledigt, einfach erledigt und auch günstig erledigt.
Und das Ergebnis: Jetzt habe ich die nächsten 20.000 Kilometer Ruhe.