Bremsbelagwechsel am Motorrad

Beim letzten Werkstattaufenthalt meiner BMW teilte mir der Mechaniker meines Vertrauens mit, dass die vorderen Bremsbeläge fällig seien. Die Belagstärke sei runter auf unter einem Drittel. Hat mich ein wenig gewundert, immerhin schaue ich regelmäßig danach und mir schien das Ganze noch durchaus nutzbar. Aber egal, die Werkstatt meines Vertrauens wird es schon besser wissen. Immerhin stehen schon über 46000 km auf der Uhr, da können Bremsbeläge schon mal fällig sein.

Grund genug, einen kleinen Guide dazu zu verfassen, immerhin sind das ja Tätigkeiten, die die meisten mal irgendwann in ihrem Motorradleben mal durchführen werden.

Wissenswertes zum Bremsbelagwechsel

Bevor ich nun einfach mal drauflos referiere, wie Bremsbeläge tatsächlich getauscht werden, einige Grundlageninformationen.

Wer beim Onlineversand einen Satz Bremsbeläge bestellt, erhält Regel zwei Stück, was für genau eine Bremsscheibe ausreicht. Hat man also eine Doppelscheibenbremse (wie ich am Vorderrad), bestellt man zwei Päckchen Bremsbeläge.

Bremsbeläge tauscht man immer als kompletten Satz und am kompletten Rad. Das bedeutet, wenn ich an einer Doppelscheibenbremse feststelle, die auf der linken Seite sind fällig, dann tauscht man auch die auf der rechten Seite. Ist nicht nur technisch einleuchtend (gleiche Verschleißwerte, gleiche Reibwerte), sondern auch praktisch bei der „Überwachung“.

Der Tausch von Bremsbelägen sollte auch immer durch den gleichen Typ und die gleiche Art pro Rad erfolgen. Dies bedeutet, nicht Sintermetallbeläge der Firma Lucas auf der linken Vorderradscheibe nutzen und rechts die organischen Beläge von Brembo. Immer pro Rad die gleiche Marke und die gleiche Bauart wählen.

Und zu guter Letzt: nur zugelassene Bremsbeläge verbauen. Nur weil ein Satz Bremsbeläge irgendwie passt und auf dem Asia-Market oder bei Ebay wahnsinnig billig sind, muss man die nicht gleich nehmen. Irgendwelcher nicht zugelassener Billigschrott sollte nicht an ein lebenswichtiges System verbaut werden. Nebenbei bemerkt: Gute und günstige Bremsbeläge gibt es auch schon recht günstig.

Vorbereitung zum Wechsel der Bremsbeläge

Zuerst braucht man natürlich die passenden Bremsbeläge. Da meine BMW vorne eine Doppelscheibenbremse aufweist, bedeutet das für mich zunächst einmal im Versandhandel zwei Päckchen Bremsbeläge zu ordern. Danach noch mal schauen (im „Beipackzettel“ der Bremsbeläge), ob die Teile auch tatsächlich für die Maschine passen.

Schlüsselsatz, Handschuhe, Schraubendreher, Zange, Bremsbeläge

Werkzeugauswahl zum Bremsbelagwechsel

Danach das notwendige Werkzeug richten. Das wären vor allem einmal ein Schlüsselsatz, mit dem sich der Bremssattel abmontieren lässt, dann noch eine Spitzzange, ein großer Schraubendreher und fertig ist die Kiste.

Optional wären ein paar Arbeitshandschuhe, ein Lappen sowie Bremsenreiniger und Kupferpaste ganz praktisch.

Die einzelnen Arbeitsschritte

Bei einem relativ „unverbauten“ Motorrad kann es sein, kann es der motivierte Bastler hinbekommen, die Bremsbeläge ohne Demontage des Bremssattels zu wechseln. Ich mache das nicht so, ist mir zu viel Gefummel.

Bremssattel entfernen

Verschraubung des Bremssattels.

Der Bremssattel ist mit zwei Schrauben befestigt

Daher wird als erster Schritt der Bremssattel als ganzes abmontiert. Ist recht einfach, lediglich die zwei Schrauben (siehe Markierung auf dem Bild) entfernen, dann ist das Teil lose und man kann es von der Bremsscheibe herunterziehen.

Sicherungssplint abziehen

Sicherungssplint am Haltebolzen des Bremssattels

Der Sicherungssplint des Haltebolzens

Bremsbeläge sind im Bremssattel in aller Regel auf einer Seite lose eingehängt, auf der anderen Seite durch einen Bolzen gehalten. Entfernt man den Bolzen, fallen die Bremsbeläge herunter und damit aus dem Bremssattel heraus. Der Haltebolzen ist auf jeden Fall mit irgendeiner Form von Sicherung versehen, meist ein Sicherungssplint. Dieser muss als erstes heraus.

Also die bereitgelegte Spitzzange nehmen und den Sicherungssplint abziehen.

Haltebolzen entfernen

Bremssattel, Bremskolben, Haltebolzen

Gelber Pfeil: Haltebolzen der Bremsbeläge, roter Pfeil: Bremskolben

Nun den Haltebolzen entfernen. Hier unterscheiden sich die einzelnen Bremsenkonstruktionen. Bei meinem Motorrad muss ich den Bolzen mit Hammer und Dorn austreiben. Ein zwei kräftige Schläge, dann ist das erledigt.

Andere Möglichkeiten wären beispielsweise ein herausdrehen des Bolzens (ist bei Schatzis Suzuki so).

Bremsbeläge herausziehen

Nun sollten die alten Bremsbeläge einfach zu entfernen sein. Ist bei mir auch so. Die alten Teile fallen einfach so heraus.

Bremskolben zurück drücken

Nun wird wieder ein wenig problematischer. Die alten Bremskolben sind noch ausgefahren. Damit die neuen Bremsbeläge (sind ja naturgemäß dicker) wieder über die Bremsscheibe passen, müssen die Bremskolben wieder in den Bremssattel zurückgeschoben werden. Dies sollte eigentlich mit Handkraft möglich sein. Sollte. Habe ich aber bei mir noch nie erlebt. Dadurch, dass die Bremse immer Wind, Wetter und Schmutz ausgesetzt ist, bilden sich hier immer Verkrustungen aller Art. Die beste Lösung zum Reinigen wäre mein persönliches Wundermittel WD40. Ist aber ein Fett und gehört damit auf keinen Fall an die Bremse.

Hier kommt der oben erwähnte Bremsenreiniger in Spiel. Das Mittel ist auf Acetonbasis und damit auf jeden Fall fettfrei. Damit und mit einem Lappen sollten Verkrustungen kein Problem. Reinigen, dann sollte das mit dem Reindrücken der Bremskolben kein Problem mehr sein. Notfalls kann man noch vorsichtig (!!!) mit dem Schraubenzieher hebeln.

Bleche austauschen

Je nach Motorrad sind im Bremssattel kleine Bleche montiert. Diese müssen ebenfalls ausgetauscht werden. Je nach Modell sind auf diesen Blechen kleine Pfeile eingestanzt, welche die Drehrichtung des Rads angeben. Diese sollte man beachten, ansonsten besteht die Gefahr, dass sich diese kleinen Bleche irgendwann einmal lösen, sind ja nur reingeklemmt.

Neue Bremsbeläge einsetzen

Nun ists recht einfach. Auf der einen Seite ist eine Haltenase, diese einstecken, auf der anderen Seite wieder die Bremsbeläge „nach oben“ schieben und den Haltebolzen wieder einstecken. Geht manchmal nicht so geschmeidig, sollte aber ohne Gewackel und verklemmen zu machen sein. Auf jeden Fall ohne Gewalt und ohne Hammer.

Sicherungssplint?

Haltebolzen, Position für den Sicherungssplint

Der neue Haltebolzen, in das Loch muss unbedingt wieder ein Sicherungssplint eingefügt werden

Der Bolzen muss auf jeden Fall wieder mit einem Sicherungssplint gesichert werden. Daher den Bolzen so drehen, dass man wieder an die Löcher herankommt, danach Sicherungssplint einsetzen. Idealerweise tauscht man auch gleich noch den Sicherungssplint aus, die werden ja auch nicht jünger und halten eventuell mit der Zeit nicht mehr so toll.

Bremssattel wieder am Motorrad verschrauben

Nun wird’s wieder einfach. Der komplette Bremssattel lässt sich idealerweise wieder über die Bremsscheibe schieben, dann wieder verschrauben.

Abschluss

Alte Bremsbeläge mal anschauen

Ein kleiner Blick auf die alten Bremsbeläge kann sich lohnen. Sind sie einseitig „abgenudelt“? Sind sie irgendwo gebrochen? Fällt sonst noch was an den alten Teilen auf?

Ein kurzer Blick auf die ausgetauschten Teile kann hier durchaus ein wenig helfen, die Aufmerksamkeit auf zukünftige Schwachstellen zu schärfen.

Mehrfach Bremse betätigen

Bei mir war das dann schon ziemlich alles zum Austausch meiner Bremsbeläge. Nun wird erstmal der Bremshebel ein paar mal gedrückt. Das sage ich nicht einfach so. Ist mir nämlich schon passiert. Nach dem Bremsbelagwechsel bin ich einfach losgefahren, ohne nachzudenken. Als ich das erste mal bremsen wollte, habe ich erst mal ins Leere gepumpt, bis die Bremskolben wieder ausgefahren waren. Ging nur einen Augenblick, hat mir aber einen recht hohen Ruhepuls verschafft, als ich an einer Kreuzung anhalten wollte und nicht bremste.

Bremsbeläge „“einfahren“

Auch Bremsbeläge müssen eingefahren werden. Also nicht sofort auf die Rennstrecke und versuchen einen Stoppie hinlegen. Stattdessen ist es anzuraten, das Motorrad die ersten 100 Kilometer etwas dezenter zu bewegen. Dies auch aus dem Grund, damit man sich auch selbst ein wenig an die neuen Bremsbeläge und gegebenenfalls veränderten Bremseigenschaften gewöhnen kann.

Noch ein kleiner Rat

Manchmal quietschen Bremsen. War auch bei mir so, als ich meine BMW neu hatte. Da gibt es genau zwei Möglichkeiten, das Bremsenquietschen zu beenden.

Möglichkeit 1: einfach warten. Klingt doof, kann aber helfen. Als ich meine BMW gekauft hatte, habe ich mich die ersten zwei Monate fürchterlich über Bremsenquitschen aufgeregt. Nach dem ersten Urlaub hat es dann nachgelassen und ist dann schließlich ganz verschwunden. Von ganz alleine. Also kein Grund zur Aufregung.

Möglichkeit 2: Kupferpaste. Einfach ein wenig Kupferpaste zwischen Bremskolben und Bremsbelag auftragen (wirklich nur wenig), das kann auch helfen. Kupferpaste (am besten gleich die synthetische Variante) kostet pro Tube knapp 15 €, eine Tube hält ewig.

Und zu Guter Letzt

Die gesamte „Operation“ an meiner Motorradbremse hat etwa eine halbe Stunde gedauert. Nach 46000km war das ein wenig Zeit, die ich erübrigen konnte.

Was mir aber aufgefallen ist:

alte und neue Bremsbeläge

Die alten und die neuen Bremsbeläge im Vergleich

Meine alten Bremsbeläge waren noch nicht einmal reif für einen Austausch. Die Verschleißmarken /die Rillen) waren noch vorhanden, die Werkstatt hat mir übervorsichtig einen Rat gegeben, den ich blind befolgte. Hätte ich ein wenig nachgedacht (nach x-tausend Kilometern zwei Drittel runter, da wären noch bestimmt zehntausend Kilometer mehr drin), hätte ich mir die Arbeit ersparen oder sie zumindest aufschieben können.

Daher eine Lektion an mich: Erst nachdenken, dann austauschen.