(Mit dem Motorrad von Alaska bis Feuerland)

Wenn mich das Fernweh plagt

Für dieses Jahr habe ich mich von meinen Reiseplänen bereits ziemlich verabschiedet. Ich glaube nicht, dass ich mich auf das Motorrad setzen und mal kurz in die Alpen oder zum Mittelmeer brummeln kann. Und ich gehe auch nicht davon aus, dass ich mal so nebenbei die anderen europäischen Nachbarn mit dem Motorrad erkunden werden. Ist traurig, aber zumindest realistisch. Die Pandemie steht im Weg und es ist nicht zu erwarten, dass bis zum Sommer hin der ganze Spuk wie von Zauberhand verschwindet.

Aber es gibt ja zumindest Alternativen. Wenn ich schon nicht persönlich mit dem Motorrad in Urlaub fahren werde, kann ich zumindest in einschlägiger Reiseliteratur die Touren von anderen ein wenig nachlesen, vielleicht auf diese Art ein wenig in die Ferne verreisen.

Und so habe ich mich wieder ein wenig umgesehen und bin auf das Ebook „256 Tage durch Amerika: Mit dem Motorrad von Alaska bis Feuerland“ gestoßen. Und weil ich dringend ein wenig Aufmunterung in Form von Reiseberichten brauche, habe ich gleich mal zugelangt.

Nur als Ebook verfügbar

Meiner Meinung nach muss ein Reiseführer in Papierform vorliegen.

Am Abend ein wenig das Buch aufschlagen, ein wenig schmökern, vielleicht das eine oder andere Foto bewundern und einfach mal ein wenig durchblättern.

Und aus ganz praktischer Sicht hat ein Reiseführer aus Papier den Vorteil, dass ganz schnell mal durchgeblättert ist, wenn ich unterwegs etwas bestimmtes nachschlagen möchte, eine ganz bestimmte Passage suche. Und Bücher, was auch nicht zu verachten ist, brauchen auch keinen Strom. Kein Akku geht mir aus, kein Kabelsalat zum Aufladen und kein empfindliches elektronisches Gerät, um meinen Reiseführer zu lesen.

Also eigentlich ist die reine Ebook-Form für das Buch schon ein wenig von Nachteil. Sollte man zumindest denken.

Was bietet der Reiseführer?

Nun ist es nicht immer so, wie es auf den ersten Blick scheint. „256 Tage durch Amerika“ ist nämlich im Großen und Ganzen kein Reiseführer im klassischen Sinne.

Von einem Reiseführer für das Motorrad erwarte ich, dass Tourenvorschläge aufgezeigt werden, touristische Ziele beschrieben, wichtige Adressen genannt werden. Dazu vielleicht noch ein paar Kartenausschnitte und am besten noch Übernachtungstipps.

Dies ist hier nicht so ganz der Fall.

Der Autor (Thorsten Beermann) hat sein Buch ein wenig anders aufgezogen. Er ist 2014 mit seiner F800GS (klar, mit was denn sonst?) in Alaska relativ kurzentschlossen zu seiner Amerikadurchquerung gestartet. Im Buch werden seine täglichen Erfahrungen beschrieben, seine Begegnungen während der Reise und seine ganz persönlichen Einschätzungen seiner Erlebnisse.

Irgendwelche konkreten Routenvorschläge sucht der Leser hier vergeblich.

Vielmehr macht das Buch eher den Eindruck eines Reiseblogs, aber anstatt dieses eben im Netz zu veröffentlichen, begleitet das Buch in Tagebuchform den Leser quer durch Nord- und Südamerika.

Und das muss man mögen.

Ich für meinen Teil mag das sogar sehr.

Wenn ich einen Routenvorschlag für eine Motorradtour suche, bin ich mir sicher, dass ich auch im Netz ohne Hilfe eines Reiseführers etwas finden werden, genauso wie Hotel- oder Restaurantempfehlungen. Von stören mich die eher spärlichen „Fachinformationen“ recht wenig.

Bei Reiseberichten bin ich im Gegenteil eher auf der Suche nach den persönlichen Eindrücken. Weniger auf der Suche nach technischen Daten. Passhöhen, Streckenverlauf oder auch die genauen GPS-Tracks sind für mich nur von untergeordneter Bedeutung. Ich suche ja kein Handbuch, sondern eben mehr einen persönlichen Bericht über die Verhältnisse.

Von daher: Ja, das Buch kommt mir hier sehr entgegen.

Es ist wirklich flüssig zu lesen, in vielen Bereichen entlockt es mir ein Schmunzeln und ich kann in vielen Fällen den Frust oder eben auch die Freude des Autors nachvollziehen. Kurzum, das Buch eignet sich besonders, um ein wenig die düstere Stimmung dieses „motorradlosen“ Frühjahrs aufzuheitern.

Die Sache mit dem Verlag

Licht und Schatten… oder so.

Einige Dinge sind bei dem Ebook aber weniger schön.

Wie oben beschrieben, macht das Buch den Eindruck, als wäre hier das persönliche Reisetagebuch oder auch eine Art Blog (habe aber keinen im Netz gefunden) direkt zusammengeschnitten und verarbeitet worden. Und zwar, ohne einen teuren Verlag zu beauftragen.

Jetzt muss ich aber ganz klar sagen, dass es Verlage (und damit auch ein Lektorat) schon aus gutem Grund gibt. Gegenlesen und bearbeiten von dritter Seite haben nämlich den Vorteil, dass Fehler auffallen.

Wer die Amazon-Rezensionen zu dem Ebook mal quer liest, wird zumindest zwei Auffälligkeiten finden.

Erstens beschweren sich einige Rezensenten über die Formatierung des Werks, welche durch die Bilder teilweise „zerschossen“ wird. Das kann ich so nicht feststellen. Passt bei mir einigermaßen.

Zweitens wird die Rechtschreibung bemängelt.

Jetzt bin ich da auch nicht gerade ein leuchtendes Beispiel, siehe auch diesen Blog. Aber ich bemühe mich. Nur wäre es denn zu viel verlangt gewesen, so viel Mühe auch für ein Buch aufzuwenden?

Wer jetzt behauptet, Rechtschreibfehler wären doch kein Problem, der kann sich glücklich schätzen. Bei mir stört so was den Lesefluss ganz ungemein, wenn ich immer mal wieder über (eigentlich vermeidbare) Fehler stolpere. Ist halt einfach nervig.

Fazit

Den Reiseführer… eigentlich eher das Reisetagebuch habe ich innerhalb der letzten paar Tage durchgelesen. Und ich habe das Ebook gerne gelesen. Es hat mir einige kurzweilige Stunden beschert und die „motorradarme“ Zeit ein wenig gelindert. Genau das, was ich wollte.

Wer „harte“ Informationen, Statistiken und einen akkurat ausgearbeiteten Länderreiseführer sucht, wird hier nicht fündig. Wer aber ein unterhaltsames Reisetagebuch wünscht und einige Unregelmäßigkeiten (Rechtschreibfehler) verzeihen kann, dem lege ich „256 Tage durch Amerika“ von Thorsten Beermann ans Herz.