Ich habe ein schlechtes Gewissen. Zumindest ein wenig.
Mein Gewissen wird geplagt von der Tatsache, dass ich, während alle zu Hause sitzen und Trübsal blasen, für mich wieder die Motorradsaison (zumindest ein wenig) eröffnet habe.
Während um mich herum die Leute Toilettenpapier hamstern, mein Friseur schließt und irgendwie allen die Decke auf den Kopf fällt, habe ich nach dem eher bescheidenen Winter das Motorradfahren wieder für mich entdeckt.
Klar, „richtige“ Motorradtouren verbieten sich. Der Grenzübergang nach Frankreich in meiner nähe ist auch geschlossen und alle möglichen Läden haben auch zu, aber ich habe mich diese Woche daran gemacht, wieder meine Umgebung mit dem Motorrad zu erforschen.
Klar, nach dem motorradmäßig eher schlecht genutzten Winter muss ich mich jetzt zunächst ein wenig in die Fahrtechnik wieder einfinden. Denn, schon nach den ersten Kurven merke ich, dass ich meine Technik wieder ein wenig aufpolieren muss. Und es ist auch so, dass ein ordentliches Motorradtraining gar nicht möglich ist bei den aktuellen Beschränkungen.
Aber andererseits ist es auch so, dass die Straßen wesentlich leerer geworden sind in den letzten Wochen. Die üblichen Motorradziele sind ebenfalls verwaist. Und mal kurz irgendwo einkehren ist halt auch nicht.
Dafür habe ich es eben ein wenig anders gemacht. Ganz klassisch ein Vesper eingepackt und einfach meinen Landkreis mal wieder mit aller Gemütlichkeit entdecken. Recht langsam und gemütlich gleich aus mehreren Gründen:
Meine Fahrtechnik hat in der dunklen Jahreszeit gelitten. Das ist nicht zu bestreiten. Und schneller mit dem Motorrad unterwegs zu sein bedeutet automatisch auch unfallträchtiger unterwegs zu sein. Und ich will meinem Krankenhaus in der Nähe gerade in der jetzigen Zeit ganz bestimmt keine zusätzliche Arbeit durch einen vermeidbaren Motorradunfall zusätzliche Arbeit bereiten.
Aber irgendwie ist es auch gar nicht so schlimm, wenn ich mal wieder bewusst mit wenig Tempo auf dem Motorrad unterwegs bin. Den Kaiserstuhl mit all seinen kleinen Nebenstraßen entdecken.
An Waldparkplätzen, die normalerweise belegt sind, mal kurz anhalten und ein Päuschen machen, am Rheinufer, wo normalerweise Legionen von Touristen parken einen Halt einlegen und ganz allgemein ein wenig Ruhe und Entspannung finden.
Und während es natürlich schade ist, all dies alleine ohne andere Motorradfahrer zu erleben (immerhin sind Kontakte zur Zeit auf ein Minimum zu reduzieren), macht es auch Spaß, die Ruhe auf sich wirken zu lassen.
Und dabei denke ich: Ja, schlechtes Gewissen. Aber nur ein bisschen.
Aufpassen das du dich nicht zu 27 anderen stellst: https://www.ruhrnachrichten.de/nordkirchen/quarantaene-einfach-ignoriert-nordkirchener-muss-mit-strafe-rechnen-1508708.html
Die Gefahr bestand nicht… 27 andere Moppedfahrer hätte ich bestimmt bemerkt.
Grössere Touren sind bei mir z.Z. auch nicht drin. Ich nutze das Motorrad zur Zeit primär für den Arbeitsweg und um meinen Einkauf zu machen. 2-Rad Parkplätze für Motorfahrzeuge sind z.Z. alle leer und so kann ich oft direkt vor dem Geschäft parken und meine Lebensmittel kurz einkaufen.
Wobei ich feststellen muss, auf der Landstrasse sind zwar weniger Verkehrsteilnehmer unterwegs, viele gehen aber auch davon aus das sie alleine unterwegs sind und fahren dementsprechend. In unübersichtlichen Kurven die Kurve zu schneiden ist nur das geringste Ärgernis was einem begegnet.
Zudem beobachte ich viele Motorrad- Lernfahrer die in der Schweiz noch dieses Jahr ihre grosse Prüfung ablegen möchten, bevor es nächstes Jahr neue Regeln gibt.
Das mache ich auch, bin aber schon weiter, da ich anfang März schon die Saison begonnen habe. Ein schlechtes Gewissen habe ich nicht, obwohl ich mit über 60 schon zur Risikogruppe gehöre. Integralhelm, dicke Jacke und Hanschuhe, einen besseren Schutz gibt es nicht für Otto Normalverbraucher.