Motorradkauf leicht gemacht?
Ein Motorrad zu kaufen ist nicht immer so einfach, wie ich mir das vorstelle. Um genau zu sein, ist sogar ziemlich problematisch, vor allem deshalb, da ich recht genaue Vorstellungen von meinem neuen (gebrauchten) Motorrad habe, weil ich auf gewisse Eigenschaften Wert lege bzw. manche Dinge an meinem Wunschmotorrad eben nicht haben möchte.
Auf jeden Fall habe ich mich dazu entschlossen, mein nächstes Mopped via mobile.de zu suchen und zu finden. Und, da ich dieses Wochenende gleich die entsprechende Zeit erübrigen konnte, die ersten Termine zur Besichtigung auszumachen. Bietet sich ja geradezu an, nicht nur Motorräder anzuschauen (und vielleicht sogar schon Probe zu fahren), sondern dies alles auch gleich mit einer kleinen Motorradtour zu verbinden.
Nur hatte ich diesen Samstag eher das Gefühl, dass all meine guten Ideen gar nichts bringen.
Der Plan war, im Laufe des Vormittags insgesamt drei Motorräder anzuschauen. Und zwar ältere Enduros der unteren Preisklasse. Die Maschinen sollten in akzeptablen Zustand sein, es noch mindestens ein Jahr lang machen und keine Unfallschäden aufweisen. Eigentlich keine besonders hohen Ansprüchen, oder?
Irrtum oder Täuschung?
Die erste Fahrzeugbesichtigung
Samstag Morgen, halb zehn, in einem kleinen Kaff im Schwarzwald.
Angeboten war eine Yamaha XTZ 660 Ténéré. Baujahr 1989. Ein solides, ordentliches Motorrad. Genau das, was ich suche. Eine kleine leichte Enduro, die auch im Alltagsbetrieb eine gute Figur macht. Mit Informationen im Voraus sieht es jedoch recht mau aus, irgendwie bekomme ich aus dem Verkäufer per Mail nicht wirklich viel heraus. Aber selbst gucken ist sowieso besser.
Nur, irgendwie hätte ich vielleicht auch ein wenig genauer sein Angebot lesen sollen. Die 660er Ténéré Baujahr 1989 existiert nämlich nicht. Denn das 660er-Modell existiert erst seit 1991.
Und so sieht es auch mit den anderen Informationen aus, die ich vom Verkäufer erhalte. „Weiß nicht“, „keine Ahnung“ und „habe ich noch nie dran gedacht“ machen die Sache nicht einfacher. Und ich will hat schon ein wenig über die Vergangenheit meines zukünftigen Motorrads wissen.
Und obgleich die angebotene Ténéré wirklich nicht schlecht war (wahrscheinlich zumindest), nehme ich schließlich Abstand von einem Kauf. Ist mir einfach zu unsicher, wenn der Vorbesitzer rein gar nichts von seinem eigenen Motorrad weiß oder mir nichts darüber sagt.
Die zweite Fahrzeugbesichtigung
Kurz vor elf, die nächste Adresse auf meiner Liste im schönen Achern.
Eine ältere Suzuki DR650, das Modell, welches schon einen E-Starter hat. Auch ein perfektes Motorrad für mich.
Die Maschine macht auf den ersten Blick keinen schlechten Eindruck, kein Rost, springt auch gleich an, bollert leise vor sich hin. Schon mal nicht schlecht. Der Verkäufer versteht auch einiges von der Sache und kann meine Fragen (auch was die Wartungshistorie angeht) ohne zu zögern beantworten.
Nebenbei fällt mir auf, dass die Verkleidungsteile (so wenige es auch sind) irgendwie nicht zusammenpassen. Manche sind definitiv neuer als andere. Hier wurde schon mal getauscht.
Kurze Nachfrage beim Verkäufer: nein, es handelt sich nicht um ein Unfallmotorrad. Glaube ich ihm auch (irgendwie).
Ich schaue die Maschine weiter an. Dazu muss man wissen, dass die DR650 einen Motorschutz aufweist. Auch dieses Modell hat einen Motorschutz unten montiert. Oder jedenfalls den größten Teil. Ein zweiter Blick zeigt nämlich, dass der Motorschutz total verrammelt, teilweise eingerissen und schlichtweg „fertig“ ist. Das ist jetzt auch nicht so ganz normal.
Ich schwatze nochmals mit dem Verkäufer. Schließlich gibt er zu, die Maschine mit schöner Regelmäßigkeit im Gelände genutzt zu haben. Ist zwar keine reinrassige Crossmaschine, macht aber trotzdem Spaß. Und wer im Gelände unterwegs ist, der muss damit rechnen, auch hin und wieder mal Bodenkontakt zu bekommen. Und wer häufig im Gelände unterwegs ist, hat noch mehr Bodenkontakt. So viel, dass diverse Teile, eben auch die Verkleidung, ausgetauscht werden müssen. Und der Motorschutz wäre dann auch fällig.
Das ist dann doch nicht die Maschine, wie ich sie suche. Klar, ein wenig durch den Dreck zu wühlen schadet dem Motorrad nicht. Aber dies viel und häufig zu tun, ist für ein Motorrad, das mehr als ein Vierteljahrhundert auf dem Buckel hat, schon recht knackig. Da kommt es unweigerlich zu Ermüdungserscheinungen am Material. Und hinzu kommt, dass ich (zumindest für mich selbst) einen Hinweis auf die Stürze im Gelände erwartet hätte, wenn ich nach Unfällen frage. Ich denke, das gehört sich halt so.
Also auch hier ist nichts für mich zu holen. Die Suzuki bleibt bei ihrem (verschwiegenen) Vorbesitzer.
Die letzte Besichtigung für heute
Zehn vor eins. Karlsruhe.
Eine Honda Transalp möchte ich noch sehen. Das Modell mit den „güldenen“ Felgen.
Auch ein Motorrad, was ich irgendwie schick finde und für mich schwer in Frage kommt, praktisch schon mein Wunschmotorrad.
Mit dem Verkäufer kann ich auch hier ganz gut schwatzen, wir klopfen kurz die Vita des Motorrads ab. Der Wartungszustand ist recht ordentlich, er erklärt, alles selbst zu machen.
Auch gut.
Auf die Frage nach Unfällen in der Vergangenheit erklärt er mir, einmal beim Herausschieben aus der Garage mit dem Motorrad umgefallen zu sein, dabei habe es Kratzer gegeben.
Das wiederum passt aber nicht so ganz zu dem Motorrad. Die Sturzbügel, obgleich älter, weisen nicht den geringsten passenden Kratzer auf, am Lenkergewicht rechts ist dafür recht vil „weggeschrammelt“. Aha, Umfaller beim schieben? Ein weiterer Blick an die rechte Verkleidung: unten rechts ist alles ausgerissen und geflickt.
Ich frage nochmals nach, wie denn das beim Schieben so ist. Wie schnell er denn geschoben hat, wenn damals sogar der Sturzbügel ausgetauscht werden musste, wenn ein Lenkergewicht fast zur Hälfte weggeschliffen wurde…
Aber ehrlich gesagt interessiert mich die Antwort nicht wirklich. Das Motorrad ist definitiv nicht unfallfrei, der Guteste hat mir bereits glatt ins Gesicht gelogen.
Wobei… angelogen bin ich erst, wenn ich es glaube, oder?
Wieder kein Kauf. Obwohl mich eine Transalp definitiv anmachen würde.
Fazit
Die erste Runde an Fahrzeugbesichtigungen war eher ein Reinfall. Der eine kennt sich nicht aus mit Motorrädern, sonst wüsste er, welches Fahrzeug er fährt. Der nächste „vergisst“ zu erwähnen, dass er (zu) viel im Gelände unterwegs war und der dritte lügt mich glatt an, was die Unfallvergangenheit seines Motorrads angeht. Nicht sehr vielversprechend.
In ein bis zwei Wochen schaue ich mal weiter, prüfe mal, wie ich zu meinem Wunschmotorrad komme.
Läuft bei mir alles unter »völlig normal«. Wenn schon vierte oder fünfte Hand weiß sowieso keiner mehr was passiert ist. Faustregel dann: »Also bei mir war das nicht, aber bestimmt bei einem der Vorbesitzer!«.
Darum: Solche Maschinen kauft man – mit den offensichtlichen Schäden – über den Preis. Wenn der günstig genug ist hat man genügend Puffer für Reparaturen und Optimierungen.
So war das bei meinem CH 125, bei meiner XJ 600 S, bei der GSF 1200 und jetzt bei der BMW ebenfalls.
Alternative: Aus 1. Hand kaufen. Da wurden die Maschinen noch geliebt. Oder mit anderen Worten: Bevor ich mir eine 8 Jahre alte BMW mit 90’000 km aus 4. Hand für 8’000 Euro hole -> lieber eine nagelneue Versys (leider ohne Kardan) oder eben eine gebrauchte Versys (von denen man dann drei Stück für 8’000 Euro bekommen könnte 😀 ).
Wie hoch ist denn dein Budget? Gerade die DR 650 ist ja nicht gerade ein Gebrauchtschnäppchen. Dafür bekommt man teilweise schon die ersten Versys 650 mit ABS und Zubehör (Koffer, Hauptständer, Griffheizung) angeboten – unter 3’000 Euro und unter 50’000 km auf der Uhr. Ist dann natürlich keine geländegängige Maschine. Aber ist das wichtig?
Vorbeschädigte Motorräder über den verminderten Preis zu kaufen, ist nur begrenzt möglich. Niemand hört es gerne, wenn ich ihm vorrechne, dass er seine Preisvorstellungen auf gut die Hälfte reduzieren sollte. Und dann stellt sich noch die Frage, ob ich überhaupt von jemandem ein Motorrad kaufen möchte, der mir solche Kleinigkeiten verschweigt…
Was die Auswahl der Motorräder angeht: Am liebsten wäre mir so eine ältere (ab Baujahr 90) Einzylinder-Enduro oder eben, was gerade noch als solche durchgeht. XT, DR oder auch Dominator und Co.
Die Transalp ist da schon fast zu groß, ist bei mir aber nicht komplett raus. Und zum Preis: So günstig, wie halt möglich.
Und geländegängig? Natürlich wühle ich mich jetzt nicht ständig durch den Dreck, eher im Gegenteil. Hier geht es mehr um dieses Gefühl von Abenteuer oder so. Ich kann es gar nicht so recht auf den Punkt bringen… muss noch darüber sinnieren.
Aber ich habe jetzt den nächsten Schwung Motorräder schon besichtigt. Auch wenn ein paar nette (wenn auch nicht umwerfende) Angebote dabei waren, gab es auch hier bizarre Ausrutscher. Schon wieder Material für den nächsten Artikel.
Die Rechnung vom Preis muss der Verkäufer selbst machen. Nachverhandeln geht nicht. Denn er hat ja so viel mit der Maschine erlebt und daher will er seine Träume (die er nicht erfüllt hat) und die anderen Träume (die er erlebt hat und sie nun leicht unscharf mit Schönzeichnungsfilter beim Verkaufsgespräch wieder präsent hat) nicht verramschen.
Sollte sie dann nicht mal mehr starten ist es ein klassischer Fall vom »Norwegian Blue« (Monty Python). 😉
Daher ist beim Händler kaufen teilweise deutlich entspannter. Man bekommt nicht erzählt wie de Maschine in einer lauen Sommernacht mit beim Lagerfeuer saß und dem Besitzer beim Knacken des verbrennenden Holzes beim eingeschlafen zugeschaut hat. Sondern man bekommt kurz und knapp erzählt »HU machen wir neu, Öl und Bremsflüssigkeit ist frisch und Durchsicht ist erfolgt«.
Oje, mein Deutsch am späten Abend… Grammatikalisch interessante Satzkonstruktionen einfach so hinnehmen. 😀