Auswahl an Nierengurten für Motorradfahrer

Nierengurte – wozu eigentlich?

Ich denke, praktisch jeder Motorradfahrer trägt während der Fahrt einen Nierengurt. Praktisch immer. Dies geht so weit, dass man dann im Sommer vor der Eisdiele sitzt und Motorradfahrer in T-Shirt, Flipflops und nur einem Nierengurt vorfahren. Auf jedes bischen Sicherheitsausstattung wird verzichtet, hauptsache ein Nierengurt wird getragen. Fragt man dann wozu, bekommt man die unterschiedlichsten, mehr oder weniger nachvollziehbaren Antworten.

Wozu Nierengurt? Legenden und Halbwissen

Fragt man nach dem Nutzen eines Nierengurts, hört man erstaunliche Dinge. Ein Nierengurt schützt vor Unterkühlung der empfindlichen Nieren, er stützt die Wirbelsäule, er verhindert „Wandernieren“ und bietet ungemein guten Schutz bei Stürzen. So zumindest die Theorie.

Alles (mehr oder weiniger) Quatsch. Beleuchten wir das alles mal näher

Nierengurt, die Wahrheit

Wärmeschutz?

Die Nieren sitzen im Körperinneren. Sie liegen unterhalb des untersten Rippenpaares. Wer nun der Meinung ist, ein Nierengurt würde dafür sorgen, dass seine Nieren ausreichend gewärmt werden, der sollte sich vergegenwärtigen, dass ein Nierengurt in aller Regel etwas weiter unten getragen wird, je nach Modell würde lediglich gerade so die Oberkante des Nierengurts für mehr Wärme sorgen. Weiterhin liegen die Nieren im Körperinneren und sind von einer ein bis zwei Zentimeter dicken Fettschicht umgeben. Somit erhalten diese Organe die Körperkerntemperatur. Und sollte diese so weit sinken, hilft ein 20cm breiter Nierengurt auch nix mehr.

Schutz vor Wandernieren?

Die „Wanderniere“ existiert. Es handelt sich dabei um ein Krankheitsbild, hervorgerufen durch eine Bindegewebsschwäche, bei der die Niere (vor allem bei Frauen vorkommend) ein wenig nach unten abgesenkt ist.

Das alles hat aber absolut gar nichts mit „losrütteln“ beim Motorradfahren zu tun. Wer glaubt, wenn man zu viel Motorrad fährt, sinken die Nieren ab, der irrt. Die Nieren sind innere Organe, die durch Bindegewebe gehalten werden, da rutscht nicht einfach was nach unten. Und mit einem von außen anliegenden Nierengurt hilft man da schon gar nichts.

Stützfunktion der Wirbelsäule

Neopren-Nierengurt Uvex

Kann ein einfacher Neopren-Nierengurt tatsächlich meine Wirbelsäule ausreichend stützen?

Es existieren tatsächlich Stützgürtel für die Lendenwirbelsäule. Das stimmt. Hat aber nichts mit einem Motorrad-Nierengurt zu tun. Wir reden hier von orthopädischen Produkten, die man im Sanitätshaus oder in der Apotheke bezieht. Wer schon mal so ein Teil in der Hand hatte, wird wissen, dass sich Material, Stabilität und auch der Preis doch erheblich vom durchschnittlichen Nierengurt unterscheiden. Merke: Nierengurte haben keine besondere Stützfunktion für den Rücken.

Schutz bei Stürzen?

Nun, das Thema kann man recht schnell abhaken. Ein Nierengurt für Motorradfahrer besteht aus Mischgewebe, manchmal auch aus Neopren. Manchmal ein wenig dicker, manchmal dünner, auf jeden Fall aber nicht mit einem Protektor zu vergleichen. Also: kaum Schutzfunktion.

Und wozu brauche ich dann einen Nierengurt?

Zu sagen, einen Nierengurt zu tragen, sei unnötig, ist falsch. Er erfüllt seine Funktion. Er wärmt beispielsweise. Wie? Oben stand doch, er wärmt nicht. Doch tut er, nur nicht die Nieren. Wer schonmal „Zug“ auf den Rücken bekommen hat, der versteht, was ich meine. Ich trage zum Fahren meist Textiljacke und Lederhose. Wer beispielsweise einen Lederkombi trägt, sieht das ganz gut. Lässt man den Reissverschluss zwischen Jacke und Hose offen, entsteht genau oberhalb der Hüfte ein Spalt, durch den wird es immer „ziehen“. Das ist unangenehm und führt auf längere Sicht zu einem ekelhaften Rückenschmerz. Das kann man mit einem Nierengurt vermeiden.

Auch kann ein Nierengurt schützen. Nur halt nicht so alleine. Wer mal einen Unterzieh-Rückenprotektor getragen hat, wird wissen was ich meine. Diese Teile tragen sich wie ein Rucksack. Sie werden an der Unterseite mit einem Nierengurt fixiert. Lässt man den weg, wackeln die Teile herum, der Protektor sitzt also nicht mehr „satt“. Somit erfüllen Nierengurte auch eine Sicherheitsfunktion, nur halt anders als gedacht.

Eine Stützfunktion mag es auch geben, die existiert jedoch nur im eigenen Kopf des Fahrers. Wenn man sich dadurch besser fühlt und vielleicht sogar eine „bewusstere“ Sitzposition wählt, der hat auch seine Wirbelsäule gestützt.

Und braucht man nun einen Nierengurt?

Ganz klar: Jein

Wer im einteiligen Rennkombi im Hochsommer über die Piste brettert, der muss keine Zugluft fürchten, kann also darauf verzichten. Wer auch zu eher ungemütlichen Zeiten bei wechselhaftem Wetter auf dem Motorrad unterwegs ist, der weiß ein wenig Wärme durchaus zu schätzen.

Auf was ist beim Kauf zu achten?

Man bekommt in aller Regel genau das, was man bezahlt. Im untersten Preissegment wird ein Motorradfahrer auf einfachste Modelle aus Neopren stoßen, dem Material, aus dem auch Taucheranzüge gefertigt sind. Die Teile atmen nicht, sind sozusagen aus Schaumgummi und damit recht warm. Eigentlich also das, was man an kalten Tagen durchaus nutzen kann.

Nierengurt aus Mischgewebe

Nierengurt aus Mischgewebe, stabil haltbar, praktisch

Ein Nierengurt aus Neopren hat aber auch Nachteile. So ist das Material in aller Regel nur wenig belastbar, verschleißt (reißt) recht schnell und man kann das Teil dann nach einem Jahr austauschen. Deshalb merke: billig ist nicht gleich gut.

Für den Alltag haben sich eher Nierengurte aus Mischgewebe bewährt. Robuster, dünner (daher auch angenehmer zu tragen) atmend (vielleicht sogar mit Netzgewebe vorne), das ist einfach besser zu tragen, insbesondere bei längeren Touren, vielleicht auch im Sommer. Je nach Modell kann man dann im Winter noch eine Fleece-Einlage reinkletten, das hält dann noch extra warm.

Dann existiert natürlich (wie immer) noch die Luxusserie. Diese Nierengurte besitzen hinten noch Einschubtaschen, in die man Gelpacks (Wärmepacks) einschieben kann. Wer kennt nicht diese Handschuhwärmer zum knicken. Zwei solche Teile aktivieren, in den Nierengurt einschieben und man kann auch mal eine kleine Wintertour mit dem Motorrad genießen. Fühlt sich dann an, wie ein Wärmepflaster. Echt angenehm also.

Ergänzung (11/2017):

Ich hatte es ja zunächst nicht geglaubt, aber es gibt auch Nachholbedarf darin, wie man einen Nierengurt richtig anzieht. Ja, das gibts.

Zieh den Nierengurt locker oberhalb der Hüfte an. Nicht festzurren, der zieht sich beim Setzen auf das Motorrad von selbst fest genug. Siehe auch hier.