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Wenn die Motorräder stören

Seit Anfang des Monats hat sich etwas bei unseren Nachbarn getan. Etwas, dass doch ein wenig zu einem kleinen Aufschrei in einschlägigen Magazinen sowie Gemecker in einschlägigen Kommentaren geführt hat.

Was war passiert?

In Österreich wurden mit Wirkung vom 10.06.2020 einige Straßen, darunter auch und vor allem beliebte Motorradstrecken (Lechtal, Hahntennjoch) für Motorräder mit einem Standgeräusch von mehr als 98 Dezibel für den Motorradverkehr gesperrt. (näheres HIER) Und zwar nur für Motorräder. Nicht für Pkw, nicht für Lkw, sondern eben nur für Motorräder mit einem Standgeräusch größer als 95 dB.

Und dies, weil zum Schutz vor Motorradlärm eben was gemacht werden müsse.

Und das hat eben zu einigen Verstimmungen geführt. Verstimmungen, die ich aber irgendwie nicht so ganz nachvollziehen kann. Eher sogar das Gegenteil, muss ich zugeben.

Da habe ich in einschlägigen Kommentaren schon gehört, dass Motorräder eben „Sound“ brauchen, dass sich einige Motorradfahrer ungerecht behandelt fühlen, dass der hohe Geräuschpegel eben dazugehöre, dass das alles ungerecht sei, wenn man doch ein serienmäßiges Motorrad habe, was eben nur den Wert überschreite und das das Standgeräusch eben nichts mit der Geräuschentwicklung beim Fahren zu tun habe.

Alles schon so gelesen.

Und irgendwie für mich nur mäßig nachvollziehbar.

Tatsache ist doch, dass ich für Anwohner an den entsprechenden Streckenabschnitten durchaus vollstes Verständnis habe. Man darf sich von vorbei donnernden Motorrädern gestört fühlen. Ich hatte selbst schon einen Nachbarn, der jeden Samstag Morgen um 07.00 Uhr seine alte KTM aus der Garage gefahren hat. Und sich erst danach in aller Gemütsruhe fertig angezogen hat. Und in der Zeit ist seine Mühle mit bollerndem Auspuff direkt unter meinem Schlafzimmerfenster gestanden. War nicht angenehm. Und als er seine Mühle in der Kiesgrube irgendwann mal komplett kaltverformt hat und dann endlich mal Ruhe eingekehrt ist, konnte ich samstags dann auch endlich wieder ausschlafen…

Deshalb: Ja, man darf sich durch laute Motorräder gestört fühlen.

Und das Argument, dass Motorräder eben „Sound“ brauchen, dass dies zum Motorradfahren dazu gehöre?

Na ja, wenn ich eine nette kleine Tagestour unternehme, sehe ich zu, dass ich mir vor dem Aufsetzen des Helms Ohrstöpsel als Gehörschutz gönne. Den Ohren zuliebe.

Und ich würde jetzt einfach mal behaupten, da bin ich nicht der einzige, der sich um den Gehörschutz kümmert. Sonst gäbe es bei den üblichen Motorradzubehörhändlern eben solche Teile gar nicht erst im Angebot.

Und wenn ich selbst eben Lärmquellen wie das Dröhnen des Motors und den Fahrtwind auszusperren versuche, warum dann nicht auch die Anwohner, die vielleicht auf der Terrasse sitzen und an einem normalen Nachmittag mal eben stundenlang hunderte von Motorrädern vorbeifahren hören?

Ein Motorrad braucht nicht unbedingt eine hohe Geräuschentwicklung. Als ich zuletzt nachgesehen habe, fuhr meine Maschine kein bisschen besser oder schlechter mit mehr oder weniger Krach. Und darauf kommt es doch an, auf das Fahren? Oder kommt es dann doch für viele auf den Showeffekt an? Darauf, mit möglichst viel Getöse an der Eisdiele um die Ecke vorzufahren?

Und dann noch diejenigen, die ein absolut serienmäßiges Motorrad kaufen und auf einmal doch unter die Regelung fallen. Da hat man sich eine große Ducati Multistrada oder eine Harley Davidson Custom 1200 zugelegt. Absolut serienmäßig. Und darf mit seinem, auch im österreichischen Zulassungsverfahren absolut regelkonformen Fahrzeug, nun manche Motorradstrecken nicht mehr befahren.

Natürlich regen sich die Eigner solcher Motorräder auf. Klar.

Andererseits: Ja und? Mir braucht doch niemand erzählen, dass nicht jedem Käufer einer Custom 1200 oder eben auch einer Kawasaki Z900 (fällt auch unter die Regelung) auffällt, wie „satt“ sich der Auspuff anhört, oder? Wenn ich in vollem Wissen eben ein Motorrad kaufe, dass sich lauter als die Masse anhört, dann muss ich eben auch hinnehmen, dass genau dieses Alleinstellungsmerkmal irgendwann auch zu Irritationen führt.

Jetzt ist natürlich klar, dass der Standgeräuschwert im Fahrzeugschein nur eine begrenzte Aussagekraft hat. Der Eine oder Andere wird vielleicht einwenden, dass es eben nicht auf die Geräuschentwicklung im Stand ankommt, sondern eben auf die Geräuschentwicklung bei der Fahrt. Und das eben die beiden Werte nichts direkt miteinander zu tun haben.

Das ist so zugleich richtig und falsch.

Das Standgeräusch hat zwar mit dem Lärm während der Fahrt zunächst mal nichts zu tun, aber immerhin ist es auch durchaus berechtigt, davon auszugehen, das Motorräder, welche im Stand schon lauter sind, als der Schnitt auch während der Fahrt mehr Geräusche verursachen.

Und ganz praktisch: eine Standgeräuschmessung ist nun mal wesentlich weniger aufwendig, als eine Fahrgeräuschmessung durchzuführen. Wobei es bei den österreichischen Regelungen nicht mal um konkrete Messergebnisse geht, sondern lediglich um die im Fahrzeugschein eingetragenen Werte.

Fazit

Ich lehne mich glaube ich nicht allzu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, wir als Motorradfahrer sind selbst schuld daran, dass jetzt eben manche beliebten Motorradstrecken in Österreich für Motorräder zumindest teilweise gesperrt sind.

Klar, nur für manche Modelle. Aber eben auch für recht beliebte Modelle.

Diese Motorräder werden auch deshalb verkauft, weil sie sich so toll anhören. Und jetzt ist so ein Verkaufsargument vielleicht weniger wert.

Vielleicht sind nächstes Jahr etwas weniger dieser insgesamt eher lauteren Maschinen auf dem Markt und vielleicht wird dadurch auch das gesamte Lärmempfinden bei den Anwohnern geschont. Und vielleicht werden dann weitere Verschärfungen der Regeln vermieden.