Wenn ich mal freie Tage habe
Es ist (zumindest für mich) recht schwierig, einige freie Tage herauszuschwitzen. Freie Tage, die ich dann nutze, ein wenig mit dem Motorrad wegzufahren.
Und was passiert, wenn ich tatsächlich mit dem Motorrad unterwegs bin? Ich würde es fast Pech nennen. Zwar im letzten Moment gerettet vom ADAC, aber immer noch Pech.
Was ist passiert?
In den französischen Alpen
Anfang September: Ich habe Glück. Das Wetter spielt mit, die großen Ferien sind vorbei und ich habe die Gelegenheit, ein wenig mit dem Motorrad die französischen Alpen zu erforschen. Tatsächlich habe ich nicht mal einen besonderen Plan, keine konkreten Ziele überlegt, keine Route im Voraus abgesteckt, einfach nur fahren, wohin ich möchte.
Und zum aktuellen Zeitpunkt möchte ich mal wieder den Col de‘l Iseran fahren. Meiner Meinung nach ein wirklich klasse Alpenpass für Motorradfahrer. Und da Ferien und Wochenende vorbei sind, dürfte dort auch nicht allzu viel Verkehr herrschen.
Geraden etwas südlich von Briancon, in einem Kaff mitten im Nirgendwo malerischen kleinen ruhigen Ort stehe ich dann in einer dieser allgegenwärtigen Baustellen. Ewige Wartezeiten, gewaltige Fahrzeugschlange und nichts geht voran. Auch nicht immer als Motorradfahrer.
Da die Motorradbatterie in letzter Zeit ein wenig geschwächelt hat, lasse ich auch in der Wartezeit den Motor laufen. Und ich warte. Und warte. Und es dauert ewig. Nichts geht voran.
Und irgendwann merke ich, wie es unter mir zu dampfen beginnt. Um genau zu sein dampft es vom Motor des Motorrads her. Ein Blick nach unten: Unter meiner BMW hat sich eine Lache gebildet und weitere Flüssigkeit sifft unten heraus.
Und noch während ich ein wenig verblüfft schaue, spritzt auch aus der Verkleidung heraus ein wenig Wasser nach oben hin.
Ein wenig verblüfft rolle ich direkt zur Seite, stelle den Motor schnellstmöglich ab. Kein Risiko eingehen. Nicht das mein Motorradmotor den vollständigen Hitzetod stirbt.
Eine kurze Überprüfung zeigt schnell die Situation. Aus dem Deckel des Ausgleichsbehälters für Kühlwasser spritzt die komplette vorhandene Kühlflüssigkeit heraus. Oder eher ist bereits heraus gespritzt. Inzwischen ist der Ausgleichsbehälter nämlich komplett leer.
Mal den ADAC verständigen
Na ja, viele Optionen bleiben mir vor Ort nicht. Aber ich bin ja ADAC-Mitglied. Zumindest bislang noch. Aber da ich bisher diese Mitgliedschaft schon das eine oder andere Mal zur Pannenhilfe genutzt habe, frage ich mich natürlich, wie lange die mich noch als Mitglied behalten wollen.
Also erst mal den ADAC-Auslandsnotruf wählen. Immerhin gibt es an meinem Standort Handyempfang.
Dort nach der Nennung meines „Ziellands“ kurz (*hüstel* 15 Minuten *hüstel*) in der Warteschleife verharrt, dann dem (durchaus freundlichen) Mitarbeiter am Telefon mein Problem erklärt.
Ja, Panne. Nein, Motor läuft zwar noch, ich möchte aber lieber nicht fahren. Ja, Pannenhilfe wäre geboten.
Nicht ganz einfach, bei den Basic-Fragen wird es schon kompliziert. Hier in der Ortschaft (na ja. „Gemeinde“ ist schon ein wenig hochtrabend für das Dutzend Häuser rechts und links der Hauptstraße) gibt es nämlich kein Straßenschild. Auch den Namen des Orts kann ich lediglich am Aushang in der Bushaltestelle nebenan ablesen.
Schließlich bin ich mir mit dem Mitarbeiter einig. Er erklärt mir, dass es im schönen Frankreich eher nicht eine Pannenhilfe vor Ort sein wird, sondern eher ein Abschlepper, der mein Motorrad in die nächste geeignete Werkstatt verbringen wird. Auch gut. In der Not frisst der Teufel fliegen.
Und, ich glaube es kaum: Nach gut einer Stunde hält tatsächlich ein Sprinter neben mir an, mit Händen und Füßen (meine Französischkenntnisse sind recht überschaubar) werden wir uns einig.
Die Maschine wird mittels einer Rampe in den Kombi hinein befördert, anschließend brausen (ja, brausen… nicht einfach fahren) wir los in Richtung Briancon. So wie der fährt werden französische Abschleppwagen nach Kilometern und nicht pauschal bezahlt. Gut, dass die BMW ordentlich verzurrt ist.
Nach gut 20 Minuten sind wir tatsächlich in einem Gewerbegebiet am Rande von Briancon. Es geht recht hurtig zu, als mich mein Abschlepper auf dem Hof einer Werkstatt mitsamt meinem Motorrad ablädt… ganz offensichtlich hat er keine Zeit für mich oder für weitere Erklärungen.
Schnell noch einen der Mitarbeiter dort geholt, mich und mein Motorrad „übergeben“, dann ist er auch schon wieder auf und davon.
Die Premium-Werkstatt
Dem Werkstattmensch mein Problem zu erklären ist schon ein wenig komplizierter. Wie ich nämlich feststellen muss, hat er eher nichts mit Motorrädern zu tun. Und schon gar nicht mit BMW. Wir sind hier nämlich in der örtlichen Polaris-Vertretung.
Für den unbedarften: Polaris ist eine Marke für Schneemobile. Ich bin mit meiner BMW in einer Schneemobil-Werkstatt gelandet.
Und ich muss feststellen, auch hier spricht kein Mensch Deutsch oder Englisch. Und mein französisch entspricht immer noch nicht den Anforderungen, um ein Problem mit dem Wasserkühler der Maschine ordentlich zu erklären. Aber wie schon gesagt: mit Händen und Füßen…
Recht schnell baut erst einer, schließlich zwei Mitarbeiter die Verkleidung ab und probieren am Kühler der BMW herum. Da wird an Schläuchen gerüttelt, überall nachgefasst, ob etwas ausläuft, dazwischen mein Motorrad mal wieder warm laufen lassen. Klar, kurz darauf spritzt wieder das Kühlwasser aus dem Deckel des Ausgleichsbehälters.
Schließlich kommen die beiden Mitarbeiter zu einer Entscheidung. Der Kühlerverschlussdeckel sei das Problem, geben sie mir zu verstehen. Da hängt wohl die Feder. Ein neuer Deckel wäre vonnöten. So viel verstehe ich.
Was ich auch verstehe: Hier in Briancon gibt es keine BMW-Vertretung. Also auch keine Option, einen neuen Deckel aufzutreiben.
Aber macht nichts. Guter Dinge geht „mein“ Mechaniker von einem alten Schneemobil zum nächsten, bis er einen Kühlerdeckel passender Größe in der Hand hält. Klar, schon ein wenig älter, auch ein wenig ramponierter und irgendwie auch nicht so ganz passend (der Federdruck ist auf dem Deckel aufgedruckt und passt nicht so ganz zu den Werten meiner BMW), aber immerhin ist jetzt ein neuer Deckel drauf.
Noch kurz überlegt, ob die Geschichte bis nach Hause hält… ja, natürlich. Oder eher vielleicht. Nur eben langsam fahren, den Motor nicht lange im Stand laufen lassen und ganz allgemein nicht hoch belasten, dann komme ich bestimmt zurück nach Deutschland.
Aha.
Noch kurz die Rechnung bezahlen. 80 Euronen für den Einbau eines Kühlerdeckels finde ich schon stolz. Insbesondere für ein Gebrauchtteil. Andererseits diskutiert man nicht über die Preisgestaltung, wenn man die Sprache nicht spricht.
Aha… keine Quittung… nur Barzahlung. Klar.
Aber immerhin: nach knapp drei Stunden bin ich wieder unterwegs. Panne behoben.
Fazit
Tatsache ist, mir wurde geholfen. Der ADAC hat mal wieder bewiesen, dass ich überall, auch am Ende der Welt, Hilfe erwarten kann. Soweit gut.
Und entgegen meiner Befürchtungen hat der Kühler Bis nach Hause gehalten. Insofern auch alles gut. Also geht eine Motorradreparatur auch in der Schneemobil-Werkstatt.
Dass mir dabei 80 Euro für einen neuen Kühlerdeckel (wohl auch für die Fehlersuche) abgeknöpft wurden, ohne Quittung, ohne Alles, ist natürlich weniger schön. Aber in der Not frisst der Teufel eben Fliegen.
Also Alles in Allem: Die ADAC-Plus-Mitgliedschaft hat sich für mich rentiert.
Ne Quittung? Wegen der Garantie? Oder wofür? Und was ist ohne Alles? LIEBEn Gruß
Na ja. Wenn ich zum Schrauber meines Vertrauens gehe, der Wartungsarbeiten mal so nebenbei am Samstagmorgen erledigt und alles gut ist, dann habe ich ja auch keine Probleme, wenn so was pauschal und ohne Rechnung erledigt wird. Wenn ich aber im Auftrag des ADAC zur Werkstatt geschleppt werde und dort Pannenhilfe geleistet wird, die so aussieht, dass ich einen neuen Kühlerdeckel im Wert von 80€ erwerbe, dann würde ich das schon ganz gerne aufgeschlüsselt sehen, nicht einfach Kohle bar auf die Kralle und dann Tschüss.
Da bin ich halt einfach zu misstrauisch.
Und ja, Garantie würde ich das tatsächlich irgendwie nennen.
Ja, ich hatte dieses Jahr auch eine kleine Panne in Frankreich…
Die HUK Mitarbeiterin hat sich „Samstag“ sehr bemüht einen Abschlepper zu finden.
Das ist nicht so einfach: Die meisten weigern sich, weil sie Angst haben das Motorrad könnte hinten umkippen oder herunter fallen… nach 2-3 Std. hat´s dann geklappt.
Beim nächsten Yamaha Händler standen sie dann zu 5 Leuten um´s Motorrad, suchten den Fähler und fanden… ein loses Batteriekabel. Reparatur war kostenlos… die HUK Auslandsschutz Zusatzversicherung kostet 7,50€ für´s halbe Jahr… zur Not hätten sie auch Mietwagen, Zug 1. Klasse, Hotel für 2 Tage bezahlt… Zuhause dann festgestellt, das die Hi-Q Batterie (Vorbesitzer) auch platt war.
ADAC brauche ich nicht… HUK kostet nur 6€ Grundtarif.
Wegen nem kochenden Kühler den ADAC rufen? Hatte der BMW Mobility Service schon Feierabend? 😉
Für’s nächste mal: Abkühlen lassen, eine Flasche Mineralwasser reinkippen und weiter fahren. Das hängende Ventil am Kühlerverschluss wird meistens wieder gangbar wenn man es einfach ein paar mal mit den Fingern rein- und rausdrückt. Ballistol dran und fertig. Wenn nichts anderes da ist tun es auch ein paar Tropfen Motoröl.
Und ich hab gerade versucht meine Vorurteile gegenüber BMW-Fahrer abzubauen… *kopfschüttel*
Ja, klar, hängendes Ventil am Kühlerverschluss… kann man ja wissen, muss man aber nicht, oder? Schon alleine dort ran zu kommen wäre nicht einfach gewesen. Aber den Fehler als solchen zu identifizieren? Nicht jeder von uns kennt das Innenleben des Kühler.
Ballistol dran? ja klar, wenn ich im Urlaub eine Dose dabei habe…
Nein, muss man nicht wissen. Aber schau Dir mal einen Kühlerdeckel an. Deckeloberteil, Feder und Dichtplatte. Drei Teile, kann man verstehen. Muss man aber nicht.
Drankommen? Kühlerdeckel abschrauben, 180° drehen.
Ich liebe Ballistol. Kann man zur Not die Kette mit schmieren, Teile gangbar machen, die Finger sauber machen, über den Salat kippen, … Es gibt auch ganz kleine, praktische 50ml Fläschchen. Ich habs auch nicht immer dabei, deswegen hab ich ja gesagt, Motoröl tuts auch. Und davon habe ich immer 2-3 Liter dabei (im Motor). Da kann man jederzeit ein paar ml von nehmen ohne dass dem Motor was fehlt.