Alle Jahre wieder…
Es ist doch jedes Jahr dasselbe. Irgendwann, Ende Oktober bis Mitte November sitze ich in meiner Einfahrt. Neben mir der Wagenheber und der Drehmomentschlüssel, vor mir die Sommerreifen, hinter mir die Winterreifen. Ja, dieses Jahr habe ich mir gedacht, ich fange ein wenig früher an mit dem Wechsel auf Winterreifen. Man lernt ja dazu. Und immerhin bin ich tatsächlich schon in die Verlegenheit gekommen, bei dem passenden Wetter herum zu rutschen.
Und wenn ich doch gerade dabei bin, die Reifen meines Autos zu wechseln, mache ich mir auch Gedanken zum Thema Winterreifen für Motorräder.
Winterreifenpflicht für Motorräder
Ja, die Winterreifen für Motorräder. Einiges ist schon darüber geschrieben und diskutiert worden. Inzwischen sollte klar sein, dass die Winterreifenpflicht auch für uns als Motorradfahrer gilt. Und das schon seit dem Jahr 2010. Und zumindest an meiner BMW habe ich auch Winterreifen, sogar mit richtiger „M+S“-Kennung.
Und ich habe auch schon mal extra nachgeschlagen, wie sich Winterreifen genau definieren. Insbesondere für mich als Motorradfahrer. Weil nämlich die Anzahl von Reifenmodellen mit ebendieser Kennzeichnung doch recht überschaubar bleibt. Und so habe ich nachgelesen, dass Winterreifen solche Reifen sind, die „das Laufflächenprofil und die Struktur von Winterreifen (M+S-Reifen) so konzipiert sein, dass diese Reifen auf Matsch und Schnee bessere Fahreigenschaften gewährleisten als normale Reifen. „ (Quelle: ADAC)
Und daher ist das dann so, dass jeder Enduroreifen irgendwie passt, zumindest die grobstolligen. Das trifft auf jeden Fall ja auf meine BMW zu. Schatzis Suzuki, auf Grund ihres Alters und Zustands eigentlich eher als „Wintermaschine“ zu bezeichnen, hat aber ganz normale Straßenbereifung drauf, also keine Winterbereifung.
Und wozu Winterreifen?
Tja, wozu auch. Die Winterreifenpflicht gilt ja wetterabhängig. Also ist das Wetter winterlich mit Glatteis oder Schnee, dann habe ich gefälligst Winterreifen auf dem Motorrad zu nutzen.
Aber mal ehrlich: Bist du schon mal bei Schnee Motorrad gefahren?
Ich bin zuletzt letztes Jahr (Winter 2015) mal in einen Schneefall geraten. Zu Hause losgefahren bei Kälte und Nieselregen, unterwegs hat sich dieser Nieselregen in Schneefall verwandelt. Und auf einem etwa sechs Kilometer langen Streckenabschnitt kam dann nicht nur Schnee runter, er ist auch liegen geblieben. Richtig eklig. Das Zeug war natürlich recht schnell festgefahren.
Und ich mittendrin auf dem Weg zur Arbeit. Glitschig, rutschig, ich bin dann mit Schrittgeschwindigkeit auf dem Seitenstreifen weiter gerollt, wo noch Neuschnee lag. Autofahrer haben mich mit knapp 30 km/h auf der Fahrbahn überholt, die BMW (auch damals mit Winterreifen) hat trotzdem „gezockelt“, an ein normales Fahren war nicht zu denken. An der nächsten geeigneten Stelle habe ich dann die Maschine abgestellt und mich von Kollegen abholen lassen. Und sogar beim Parken ist mir die Maschine weggerutscht. Alles Mist.
Nur habe ich das Gefühl, dass mir in der Situation die Winterreifen gar nichts genützt haben. Die Maschine ist mir immer weggerutscht, „echtes“ Fahren war gar nicht drin.
Und so ist es doch immer im Winter. Kannst du mir tatsächlich erzählen, dass irgendwer freiwillig bei Schneetreiben mit dem Motorrad losfährt? Das klappt doch nie. Selbst wenn ich nicht von festgefahrenem Schnee und Eisplatten ausgehe, sondern einfach nur durch Neuschnee will, ist es doch schlichtweg zu glatt. Klar, mit grobstolligen Enduroreifen kann ich mich tatsächlich besser durch Schnee wühlen, als mit Straßenreifen. Aber wer fährt denn schon bei solchen Verhältnissen?
Und klar, es geht dann in Schrittgeschwindigkeit durch tiefen Schnee. Aber irgendwann bist du halt doch auf Asphalt. Und dort liegt kein tiefer Schnee. Auf Asphalt liegen Schneereste, festgefahrene Schneeplatten, Eisflächen. Und dort geht es schlichtweg nicht. Da hast du dann sogar Probleme, dein stehendes (!) Motorrad zu stabilisieren, weil dir deine Füße immer wieder wegrutschen.
Wo helfen dann die Winterreifen?
Tja, gute Frage. Also wenn die Straße kalt und trocken ist, an klaren Wintertagen oder so, und du auf einer einfachen Strecke nur von A nach B möchtest, dann brauchst du keine Winterreifen. Du hast ja keine speziellen Winterreifen, die in tiefen Temperaturbereichen mehr Grip durch spezielle Gummimischung bieten. Du hast lediglich Bereifung, die auf Grund ihres Profils (erinnere dich: grobstollige Enduroreifen) besser dazu geeignet sind, sich durch den Schnee zu wühlen. Mehr Grip, bessere Kurvenlage… alles nicht vorhanden. Einfach nur mehr Profil.
Und wenn dann das Wetter schlechter wird, Schnee vom Himmel fällt und gar liegen bleibt, dann ist doch eh fertig. Du kannst höchstens in Schrittgeschwindigkeit heimfahren, immer mit der Angst im Nacken, doch noch irgendwie auf dem Heimweg auf eine Eisplatte oder festgefahrenen Schnee zu geraten. Dann rutscht dir die Maschine weg. Und du rubbelst über den Asphalt.
Also sind wir ehrlich. Bei „ordentlichen“ Straßenverhältnissen im Winter helfen dir die Winterreifen auf deiner Maschine auch nichts. Bringen einfach nichts. Und bei den wirklich bescheidenen Straßenverhältnissen, bringen dir Winterreifen auch nichts, da können die Reifen noch so gut sein.
Motorräder sind nun mal kraft Definition instabil beim Fahren. Ist halt so. Und glaubst du wirklich, zwei handflächengroße Aufstandsflächen deiner Reifen können alle notwendigen Beschleunigungs- und Seitenführungskräfte übertragen? Bei Schnee? gibt’s nicht.
Fazit
Ich denke, für uns Motorradfahrer mag zwar die Winterreifenpflicht gelten. Aber wenn dann tatsächlich die Verhältnisse so sind, dass diese Pflicht eintritt, geht eh nichts mehr. Von daher betrifft uns das Thema nicht.
Wer bei solchem Wetter unterwegs ist, der braucht mehr als eine „M+S“-Kennzeichnung auf dem Reifen.
Ich fahre gerne bei Schnee mit meinem Mopped. Damit es es so richtig Spaß macht, sollten keine Autos in der Nähe sein.
Was die Reifen angeht, es gibt von Heidenau spezielle Winterreifen mit einer anderen Gummimischung, die führen „Silica“ im Namen. Der Vorteil, bei niedrigen Temperaturen funktionieren sie deutlich besser, als härtere Sommermiscungen. Der Nachteil, wenn es zu warm wird, funktionieren sie schlechter. Ich habe den K60 aufgezogen, der leider weniger Seitenführung bietet als der TKC80. Oder anders ausgedruckt, man kann leichter driften.
Was für Reifen hast du denn da? Ich selbst habe auf der BMW Heidenau K60. Und als ich letztes Jahr dann auf dem Weg zur Arbeit in klassisches Winterwetter geriet, war ganz schnell vorbei.
Ich bin nur einmal in plötzlichen, dichten Schneefall geraten, weil ich das wegen des hohen Schwerpunktes und des hohen Gewichtes der Alps und wegen meiner zu kurzen Beine tunlichst vermeide. Das Ergebnis war erstaunlich: Ich hatte den K60 Scout oder doch den K60 Silica drauf. Nach anfänglicher Angst bin ich bald buchstäblich Kreise um die Dosen gefahren. Das hat richtig Spaß gemacht. Der Schnee war allerdings noch lose. Ich hab sie dann aber an der nächsten zentralen Haltestelle abgetellt und weiter Bus&Bahn zur Arbeit genommen. Bei festgefahrenem Schnee oder Eis werde ich keinen Meter fahren.