Einzylindermotor

Das Einzylindermotorrad als solches…

Vor kurzem in einem Kommentar zum Artikel gefragt, hat mich die Frage natürlich auf Grund meiner Neuanschaffung auch ein wenig beschäftigt: Wie lange hält der Motor eines Einzylindermotorrads. Und da bietet es sich natürlich an, einige Gedanken zu dem Thema zu formulieren…

Einzylindermotorräder sind toll. Oder so. Und das bedeutet natürlich auch, dass meine DR650 auch toll ist. Oder?

Auf jeden Fall ist der klassische, luftgekühlte Einzylinder der Motor mit der einfachsten Bauweise, die man sich vorstellen kann. Früher als Zweitakter an Mofa und Moped, inzwischen als Viertakter am Motorrad handelt es sich hierbei um die Motorenbauweise mit den wenigsten Einzelteilen, die immer noch (zumindest meiner Meinung nach) am einfachsten und besten zu warten ist. Insofern eigentlich nicht schlecht.

Neben dem Wartungsvorteil werden dem klassischen Einzylinder noch ganz andere Eigenschaften zugeschrieben: Drehmomentstärke, „kerniger“ Sound, ausreichende „Lebensäußerungen“ (=Vibrationen?), was auch immer.

Für ich jetzt nicht ganz schlüssig, kann ich doch durchaus auf knackige Vibrationen und verärgerte Nachbarn (durch den Krach) verzichten. Trotzdem ist das Einzylindermotorrad als solches irgendwie noch attraktiv. Und irgendwie hört man dann von den lebensälteren Motorradfahrern, dass ein Eintopf nie besonders lange hält und bereits nach kurzer Zeit tot ist.

Stimmt das?

Wie stirbt ein Einzylinder?

Zunächst einmal bleibt festzustellen, dass ein Motorrad nicht einfach „tot ist“. Es gibt immer einen Grund, warum es nicht mehr funktioniert. Und auch wenn sich ein Einzylindermotor dem Ende seines Lebens nähert, bedeutet das nicht, dass urplötzlich mitten während der Fahrt der Motor aussetzt und nie wieder angeht (ist zumindest nicht die Regel).

Ein Motorradmotor, der auf sein Ende zugeht, der zeigt ganz andere Sorgen. Zunächst ist ein immer weiter steigender Ölverbrauch festzustellen, so weit, bis auf einmal blaue Abgaswolken aus dem Auspuff herauskommen. Dann wirst du bei einem solchen Motor auch immer größere Startprobleme feststellen, er läuft immer unwilliger an, du musst orgeln, mit Starthilfespray arbeiten, selbst bei nicht winterlichen Verhältnissen. Dann zeigt sich auch, dass der Motor immer unwilliger und unrunder läuft, dass immer weniger Leistung kommt, egal, wie sehr du am Gas ziehst. Und zu guter Letzt wirst du auch hören und vor allem fühlen, wenn der Motorradmotor „fertig“ ist. Von klappernden Ventilen über ein „komisches“ Laufverhalten fährt sich das Motorrad einfach anders als sonst.

Die genannten Probleme beginnen dabei natürlich nicht einfach über Nacht, vielmehr handelt es sich um einen schleichenden Prozess, der sich über längere Zeit und größere Strecken hinweg abspielt. Vor 10.000 km war noch alles in Ordnung, inzwischen misst du dann ein wenig Ölverbrauch und in weiteren 10.000 km kommt dann noch ein unwilliges Startverhalten hinzu. Wie gesagt, das kommt nicht urplötzlich aus dem Nichts, sondern entwickelt sich so langsam.

Und dann ist der Motorradmotor also vielleicht am Ende. Aber es ist jetzt nicht so, dass dann die Maschine direkt in die Tonne getreten werden kann. Nein, dann ist halt eine ordentliche Motorenrevision fällig. Dort wird dann von Kolbenringen auswechseln über Prüfung der Lager und / oder Austausch von Kolben und Ausschleifen des Zylinders eben ein Haufen Arbeit in der Werkstatt fällig. Kostet natürlich (im Focus stand mal vor einem Jahr was von 500€. Ich wüsste mal gerne, was die für eine Werkstatt haben…). Aber du hast dann wieder Ruhe.

Und wie lange hält nun ein Einzylindermotor?

Meiner Meinung nach ist der „Urvater“ aller modernen Einzylindermotoren die Yamaha SR500. Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre zeigte dieser massive Halblitermotor mit gewaltigen 34PS (offen) allen, wo der Hammer hängt. Nur leider hat dieser Motor nicht besonders lange gehalten. Bescheidene Materialtechnik und hohe Belastungen haben dafür gesorgt, dass genau dieser Motor teilweise schon nach den ersten 25.000 km zur Motorenrevision musste. Ist natürlich blöd…

Von den alten Yamaha XT weiß ich noch, wie mir der Werkstattmensch bei etwas über 40.000 km dringend empfohlen hat, mal einen längeren Werkstatttermin zwecks Motorrevision zu vereinbaren, und das war auch irgendwie normal für einen Einzylinder. Ich habe es mir dann erspart und die Maschine beim Kauf meines nächsten Motorrads einfach in Zahlung gegeben.

Und bei meiner Aprilia Pegaso, ausgestattet mit Einzylinder-5-Ventil-Rotax-Motor war dann die Lebensdauer sowieso kein Problem mehr. Knapp 50.000 km hatte sie bereits auf dem Tacho, nochmal so viele wären auch kein Problem gewesen, davon bin ich fest überzeugt. Ähnliche Motoren wurden ja auch in der F650GS von BMW verbaut. Und wenn du mal auf dem Gebrauchtmarkt schaust, wirst du jede Menge Modelle finden, die 60, 70 oder gar 80.000 km auf der Uhr haben und mit Sicherheit auch noch eine ganze Weile laufen werden.

Zusammenfassend würde ich jetzt also einfach mal behaupten, dass die ganz alten Eintöpfe irgendwo bei 40.000 km fällig sind, die modernen Maschinen locker auch sechsstellige Laufleistungen erreichen können.

Die Gefahren von Pauschalaussagen

Jetzt ist das natürlich alles vom grünen Tisch weg von mir orakelt. Und das macht man nicht. Die Lebensdauer eines Motors hängt nämlich nicht nur von seiner Konstruktion ab, sondern auch von seiner Behandlung. Wenn ich mein Motorrad nicht ordentlich warmfahre, nur das 5-Euro-Recycling-Öl verwende, niemals zur Inspektion gehe und auch sonst so gut wie möglich missbrauche, wird die Lebensdauer, selbst die des besten Triebwerks, vergleichsweise gering sein. Wenn ich im Gegensatz dafür Pflege, Warmfahren und Wartung ernst nehme, verlängert sich das Motorenleben entsprechend. Ich bin tatsächlich schon mal auf einem Campingplatz jemandem begegnet, der immer noch begeistert über seine alte Dominator redete, die bereits über 110.000 km auf der Uhr hatte. Und ich war die ganze Zeit davon überzeugt, er erzählt jetzt von „früher, wo alles anders war“. In Wirklichkeit musste ich jedoch erkennen, dass er vom „hier und jetzt“ sprach. Als wir nämlich nach einigen Bieren zum Zelt zurück marschierten, stand das eine verschossene alte Honda Dominator… und ich habe früh am nächsten Morgen auf den Tacho geguckt…

Natürlich ist das nicht die Regel. Unter transeurope.de  findest du Motorräder, die die 100.000-Kilometer-Marke geknackt haben. Und auch wenn die Aussagen dort nicht repräsentativ sind, fällt auf, dass nur wenige Eintöpfe auf der Liste zu finden sind. Und ganz alte Eintöpfe schon gar nicht. Das gibt zumindest zu denken.

Fazit

Auch mit einem Einzylindermotorrad lassen sich hohe Laufleistungen machen. Die Aussage, dass der Motor nach X Kilometern auf jeden Fall zur Revision muss, ist also nicht haltbar. Abhängig vom Fahrverhalten und der Wartung sind sehr hohe Laufleistungen drin. Trotzdem bleibt natürlich zu bedenken, dass bei den alten Maschinen die Lebensdauer irgendwie doch begrenzt ist und es eben die Ausnahme darstellt, wenn du eine XT600 mit 80.000 km ohne Motorrevision findest…