Wer braucht denn noch den Regenkombi?

Der Herbst ist da. Und auch wenn wir alles in allem bislang verschont wurden von dem klassischen regnerischen Oktoberwetter, bietet sich doch genau diese Zeit dazu an, mal einige Überlegungen zum Thema Motorrad-Regenbekleidung zu sammeln.

So war jedenfalls der Plan. Und als ich dann vor kurzem in der Garage war, wo ich meinen Schrank mit Motorradbekleidung stehen habe („Kullen“), und festgestellt habe, wie viele Sätze an Regenbekleidung sich im Laufe der Zeit angesammelt haben, musste ich mir doch mal ein wenig Gedanken machen. Das Problem (wenn es denn eines ist) ist nämlich, dass ich eigentlich keinen Satz Regenklamotten raus geholt habe.

Ist der Regenkombi noch zeitgemäß?

Der Regenkombi früher:

Du kannst dich doch bestimmt noch daran erinnern, wie früher (als die Gummistiefel noch aus Holz waren) der typische Regenkombi für den Motorradfahrer aussah? Diese orangen, unpraktischen, niemals richtig passenden Teile? Die, egal wie du es versucht hast, gut anzuziehen waren? Nein? Kein Problem, du hast nichts verpasst. Für die lebensälteren Motorradfahrer muss ich nichts beschreiben, was sie vergessen wollen, für die jüngeren: Gut dass die Teile verschwunden sind. Die alten Dinger gibt es nicht mal mehr im Versandhandel, und das aus gutem Grund.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich selbst das erste Mal bei einem Motorradhändler stand (Honda Christoph, nun leider zu) und in der Auslage wühlte. Damals war noch nix mit Internet und die „großen Drei“ der Motorradversandhändler kannte ich ebenfalls noch nicht. Auf jeden Fall habe ich dann den hässlichsten (wirklich!) noch liegen gebliebenen 80er-Jahre-Regenkombi für einen überhöhten Preis erworben.

Der meiner Meinung nach schrecklichste Regenkombi der Welt

Der meiner Meinung nach schrecklichste Regenkombi der Welt

Ich nehme an, du hast in deiner Anfangszeit ebenfalls solch „tolle“ Geschäfte gemacht. Ich halt auch. Mein super Regenkombi (Einteiler, nochmal: in den grässlichsten Farben) hat mich jahrelang begleitet, bis ich irgendwann mal umgestiegen bin auf eine etwas neuere Version.

Der Regenkombi heute:

Inzwischen hat sich ein wenig geändert. Regenbekleidung für das Motorrad hat sich ein wenig geändert. Ich kenne natürlich keine statistische Daten, würde aber einfach mal behaupten, dass noch bis in die 90er Jahre hinein der Regenkombi als Einteiler vorherrschend war. Dann hat sich das ein wenig geändert. Die Einteiler wurden immer öfter abgelöst durch die Kombination Regenjacke und -hose.

So was habe ich dann auch für mich angeschafft. Ein einfaches Set, ungefüttert, schwarz (natürlich, was sonst) und klein zu verpacken. Zweiteiler als Regenkombis sind heutzutage Standard würde ich einfach mal behaupten.

Und Textilbekleidung?

Tja, hier kommen dann die 90er voll ins Spiel. Erst hier hat sich Motorrad-Funktionsbekleidung (die Geschichte mit Goretex, Sympatex und Konsorten) in der breiten Masse durchgesetzt. Natürlich gab es da einige Anlaufschwierigkeiten. Ich selbst habe mir in meiner Anfangszeit irgendwann natürlich auch eine Textiljacke gekauft (ich glaube es war eine von „Uvex“). Leider musste ich feststellen, dass diese Jacke nur mäßig wasserdicht war, nach etwa 30 Minuten Dauerregen gab es schon Wassereinbrüche.

Heutzutage ist das ein wenig besser geworden. Neben diversen Produkttests in einschlägigen Motorradmagazinen, welche die Qualität positiv beeinflussen, ist auch die Auswahl am Markt inzwischen riesig, so dass ich mich als Kunde zwischen Unmengen von verschiedenen Produkten entscheiden kann. Von daher sind die Hersteller glaube ich immer mehr darauf bedacht, dass ihre Motorradjacken auch wirklich wasserdicht sind.

Somit sind doch jetzt eigentlich alle Textiljacken und -hosen wasserdicht. Also auch kein Bedarf mehr für Regenbekleidung, oder? Oder auch nicht?

Nun ja, trotz der immer größeren Verbreitung auch ausgereifter Textilbekleidung steht eben nicht jeder auf Textiljacken und -hosen. Auch der gute alte Lederkombi hat noch lange nicht ausgedient, ich habe ja selbst noch einen im Schrank hängen (auch wenn ich ihn kaum noch trage). Die Kombination Textiljacke mit Lederhose ist eher mein Ding. Vor allem im Sommer ist das bei mir eigentlich Standard. Und spätestens hier brauche ich dann auch wieder eine Regenhose über die Lederhose sobald das Wetter schlecht wird.

Somit hat die klassische Gummikleidung halt doch noch nicht ausgedient.

Ist Regenkleidung über Textilbekleidung notwendig?

Wenn doch die klassische Textilbekleidung wasserdicht ist, lohnt sich dann noch ein Regenkombi? Eigentlich eine gute Frage. Die ist aber so nicht ganz einfach zu beantworten, da gibt es geteilte Meinungen.

Gescheite Textilbekleidung für Motorradfahrer ist wasserdicht. Und sie ist auch längere Zeit wasserdicht. Dies bedeutet, dass auch mal eine Tagestour mit dem Motorrad bei Regenwetter stattfinden kann, bis zum Abend hält dann die Kombi durch.

Auf längere Dauer sieht das ein wenig anders aus. Wer mehrere Tage in seiner Textilkombi bei Regenwetter unterwegs ist, wird ein wenig umdenken. Eine Textiljacke hält durchaus den Regen fern. Der Oberstoff saugt sich aber trotzdem voll mit Wasser. Und (frag mich jetzt nicht wie das geht) irgendwie dringt da das Wasser dann doch auf Dauer in das Futter ein. Wenn ich durch den Regen gefahren bin, alles nass ist, und ich die Jacke dann über Nacht einfach in den Schrank hänge, fühlt sich das Jackenfutter morgens noch ein wenig klamm an.

Für mich ist das jetzt eher weniger ein Problem. Weniger deshalb, weil ich ein so harter Kerl bin, sondern deshalb, weil ich eine Motorradtour, bei der es mehrere Tage am Stück nur Sauwetter hat, so ummodle, dass ich eben aus der Regenzone herausfahre oder gar das Problem mit dem Wetter so erledige, dass ich mein Programm weg vom Fahren hin zum Touristenprogramm ändere.

Aber dann gibt es noch die Motorradfahrer, die bei starkem Regenwetter trotzdem weiter fahren. Das sind dann Leute, die über Textilbekleidung noch Regenjacken tragen. Das bringt was, du wirst auf jeden Fall nicht nass. Auf keinen Fall, denn du steckst ja in einer Regenjacke, die über einer Textiljacke getragen wird.

Eine Regenjacke, extragroß gekauft, um sie über die Textiljacke zu tragen

Eine Regenjacke, extragroß gekauft, um sie über die Textiljacke zu tragen

Ich habe das ein mal ausprobiert. Extra eine Regenjacke gekauft in ausreichender Größe und dann benutzt. War nicht so ganz mein Ding. Textilbekleidung trägt mehr auf als ein Lederkombi. Wenn ich dann noch eine Regenjacke drüber ziehe, ist es es einfach zu voluminös. Ich kann mich damit nicht mehr ausreichend bewegen, es ist unbequem zu tragen und auch noch recht warm. Also nicht ganz praktisch. Und geh dann auch mal mit so einem Set auf die Toilette… furchtbar.

Also für mich: keine Regenbekleidung über dem Textilkombi.

Und braucht man nun noch Regenbekleidung?

So ganz ist das ja noch nicht beantwortet. Oder eigentlich doch. Wenn ich Leder trage, dann eindeutig ja. Auf einen Satz Regenklamotten kann man nicht verzichten. Aber über Textilkleidung getragen, kann ich Regenklamotten nichts abgewinnen. Eindeutig nicht mein Ding.

Also ist Regenbekleidung vielleicht noch zeitgemäß, aber nicht mehr für jeden notwendig. Wie gesagt, auch ich nutze noch Regenhosen über Leder.