Wenn ich zum Topcase-Nutzer werde
Ich finde das ja immer recht spaßig. Da kommen die Motorradfahrer mit einem 1000er Supersportler um die Ecke gefahren, im Renneinteiler, Knieschleifer Rennstiefel… und auf dem nachträglich montierten Gepäckträger steckt dann ein knuffiges Topcase. Irgendwie unpassend.
Kam für mich nie in Frage. Braucht kein Mensch. War zumindest meine Meinung.
Zwar habe ich für die BMW F800GS auch ein Topcase, es handelt sich jedoch um eines, was zum kompletten Kofferset in der Tourenausstattung gehört und hat als Alu-Modell von Hepco und Becker nur wenig mit dem Beauty-Case-Style zu tun.
Und dann war ich mit Schatz Samstags beim Shopping. Eigentlich ganz einfach: Meine Frau ist sowieso in der Stadt unterwegs, ich wühle mich mit dem Motorrad auch in die Stadt und wir bummeln ein wenig. So zumindest der Plan.
Und dann stiefele ich auf einmal mit dem kompletten Satz Motorradbekleidung, den Stiefeln, der Lederhose und der schweren Textiljacke durch das Städtchen, in der Hand den Helm, auf dem Rücken der Rucksack. Eine Schinderei. Es ist nämlich der letzte Sommertag im September, lockere 28° C und Sonnenschein. Nicht so toll am Samstag dann in der Innenstadt in den dicken Klamotten zu bummeln.
Und auf einmal bin ich dann auf der Suche nach Lösungen. Auf der Suche nach Vereinfachungen. Auf der Suche nach Möglichkeiten, zumindest den Helm und einen Teil der Ausrüstung (vielleicht die schwere Jacke) am Motorrad zwischenzuparken.
Und da kommt das Thema Topcase auf einmal auf die Agenda.
Das Billigtopcase ausgewählt
Jetzt war die erste Überlegung natürlich, mein vorhandenes Xplorer-Topcase auf der Suzuki zu nutzen. Ist ja auch logisch, habe ich ja im Regal liegen.
Nur ist das weniger einfach, als ich mir das gedacht habe. Um das Teil nämlich ordentlich auf dem Gepäckträger meiner Suzuki DR650 zu befestigen, brauche ich entweder eine besondere Gepäckbrücke (schweineteuer) oder eine andere Befestigungslösung. Alles irgendwie recht aufwendig.
Bleibt also nur eine Neuanschaffung. Jetzt muss ich zugeben, dass ich mit Motorradkoffern schon so manche Erfahrungen gemacht habe. Und nicht immer nur Gute. Beispielsweise waren die Original-Motorradkoffer (1. Generation) meiner damaligen Suzuki V-Strom zwar unglaublich teuer, boten aber nicht mal genügend Platz, um einen Motorradhelm zu verpacken. Vor allem auch wegen dem eher ungeschickten Schnitt der Seitenkoffer. Übrigens: Hersteller der damals angeschafften Suzuki-Seitenkoffer war angeblich GIVI. Und ich habe die Teile dann durch günstige Koffer von Shad ersetzt.
Diesmal waren meine Anforderungen klar:
Ein Motorradhelm muss in das Topcase passen, ein wenig sonstiges Equipment ebenfalls. Ich will keinerlei extra Gepäckträger montieren. Ach ja, und preislich überschaubar sollte die ganze Geschichte ebenfalls noch sein.
Zunächst habe ich mit der Suche bei Ebay begonnen, wollte einen gebrauchten Motorradkoffer oder eben ein Topcase finden. Recht schnell bin ich dann auch auf richtig günstige Neuware gestoßen. Ein Blick auch auf Amazon ergab dann auch dort eine unüberschaubare Anzahl von recht günstigen, geradezu billigen Produkten.
Ich muss ganz klar sagen, dass ich schon ein wenig erstaunt bin, dass ich hier auch Motorradkoffer und Topcases für unter 50€ finde.
Und dann habe ich einfach mal weiter gesucht und geschaut, wie viel Topcase ich für wie wenig Geld bekomme. Und am Ende hatte ich das billigste Topcase bei Amazon geordert. Nur mal schauen, was ich so bekomme, wie sich das Teil dann im tatsächlichen Einsatz macht. Und so habe ich dann geordert.
Das neue Topcase montiert
Die Erwartungen sind niedrig
Ich gebe ja zu, dass ich nur geringe Erwartungen an mein neues Topcase hatte. Sehr geringe Erwartungen.
Aber bei einem Gesamtpreis von 24€ für ein Motorradtopcase ist der finanzielle Verlust jetzt nicht soooo gewaltig, falls das Teil sich als nicht besonders geeignet herausstellt.
Lieferung und Auspacken
Wie bei Amazon üblich bekomme ich mein neues Topcase recht zügig geliefert. Samstags bestellt, Mittwoch vor meiner Haustür. Mehr kann ich diesbezüglich nicht erwarten.
Nach der Lieferung meines Motorradhebers habe ich schon damit gerechnet, dass ich auch hier eine total zerfledderte Verpackung erhalte. Ich werde aber positiv überrascht. Alles ordentlich verpackt, keine Fetzen hängen davon.
Im Karton befindet sich, nochmals extra in Plastikfolie, das bestellte Topcase, an der Tüte hängen die Schlüssel und im Topcase drin ist das Befestigungsmaterial. Alles recht übersichtlich und ordentlich.
Das Befestigungsmaterial besteht aus einer Grundplatte, die mit dem Gepäckträger verschraubt wird und als Basis für die Montage des Topcases dient und die die Schrauben, um die Platte zu montieren. Mehr gibts nicht.
Montage der Grundplatte
Das Befestigungsset ist nicht speziell für meine Suzuki zugeschnitten, sondern allgemein passend. Es besteht aus vier Befestigungsblechen mit Innensechskantschrauben. Sieht alles ein wenig schäbig aus, funktioniert aber. Kenne ich nämlich schon von früher, als ich meine Suzuki DL650 V-Strom mit Shad-Koffern nachgerüstet habe.
Das notwendige Werkzeug beschränkt sich auf einen 10er Gabelschlüssel sowie einen passenden Imbusschlüssel. Wirklich überschaubar.
Die Grundplatte einfach mittig auf den Gepäckträger legen, die Befestigungsbleche locker in den Aussparungen platzieren, Schrauben durch und von unten mit den Halteblechen und einer selbstsichernden Mutter verschrauben.
Das Topcase aufsetzen
Die Luxus-Motorradkoffer, die ich so kenne, lassen sich per Schlüssel abnehmen. Das eher billige Topcase, was ich nun habe, ist ein wenig einfacher gestrickt. Auf einer Seite in die Grundplatte einhängen, die andere Seite wird mit einer 6er Rändelschraube fixiert, die einen Drahtbügel zur leichteren Anbringung aufweist.
Das Eindrehen ist recht flott erledigt, das Festziehen stellt sich schon komplizierter dar. Der Drahtbügel als Eindrehhilfe geht nämlich nach dem ersten beherzten Griff ab. Blöd.
Nochmals dran gefrickelt. Nächster Versuch.
Diesmal klappt es. Ich kann das Topcase verschrauben. Vielleicht werde ich hier mal bei Gelegenheit was mit einer Gewindestange und einer Flügelmutter ausführen. Wenn ich denn mal Zeit habe.
Das Billig-Topcase ausprobiert
Nun ist das Topcase also auf meiner Suzuki DR650 montiert. Und es sieht (zumindest meiner Meinung nach) genauso hässlich aus, wie ich es befürchtet habe.
Aber Not kennt kein Gebot… oder so. Auf jeden Fall habe ich nun die Möglichkeit, meinen Motorradhelm sowie ein wenig Ausrüstung an der Maschine zu lagern.
Das Topcase hält und lässt sich verschließen, was schon mal passt.
Der Kunststoff ist jetzt nicht gerade der stabilste. Das bedeutet, mit entsprechendem Kraftaufwand, beispielsweise einfach mit einem großen Schraubendreher aufstemmen, bekomme ich das Teil auch ohne Schlüssel auf.
Die Wasserdichtigkeit des Topcases ist dafür aber recht problemlos gewährleistet. Zwar sind keine Gummilippen oder ähnliches angebracht, aber die Kanten sind ähnlich gearbeitet wie früher bei meinen Shad-Motorradkoffern, mit denen ich schon vor gefühlten hundert Jahren gefahren bin und die auch recht dicht waren.
Fazit zum billigen Topcase:
Ich habe tatsächlich das allerbilligste Topcase bestellt, was sich finden ließ. Und, entgegen meiner ersten Befürchtung, lässt es sich einigermaßen ordentlich montieren, ist ausreichend stabil und einigermaßen dicht. Soweit also alles gut.
Vom Platz geht das auch in Ordnung, zwei Integralhelme passen rein.
Zumindest habe ich jetzt die Möglichkeit, meinen Krempel am Motorrad zurückzulassen. Damit kann ich das hässliche Aussehen dann doch kompensieren.
Wie haltbar die Gesamtkonstruktion ist, muss sich natürlich erst zeigen, das kann ich jetzt noch nicht beurteilen.
Was aber feststeht: Ich habe jetzt ein Topcase für 24€ am Motorrad montiert. Und bei der Lieferung war schon die notwendige Grundplatte vorhanden. Mein Xplorer-Topcase von Hepco&Becker hat mehr als das zehnfache gekostet, wobei ich die Trägerplatte extra bestellen musste.
Jetzt frage ich mich natürlich, wie hier die Wertigkeit verteilt ist.
Anmerkung:
Sollte sich herausstellen, dass das Topcase Schrott ist, werden ich nachberichten.
Auch bei H&B gibt es Topcases mit Adapterplatte. Aber da man idR einen passenden Träger hat, ist das eben nicht immer nötig.
Ansonsten zeichnet sich Qualität ja nicht nur im Erstanschaffungspreis aus. Meine ersten H&B Koffer, die ich mir mal gebraucht kaufte, waren sicher schon älter als 20 Jahre. Einen Ersatzschlüssel (und andere Teile) beim Hersteller nach so langer Zeit bestellen zu können, gehört eben auch zur Qualität.
Mal davon ab, dass Kunststoff nicht gleich Kunststoff ist. Die Junior von H&B sind beispielsweise Doppelwandig und so stabil, dass man auch darauf sitzen kann.
Das ist bei den billigen dünnen Koffern meist nicht der Fall.
Wenn ich mir so die Befestigung des Topcase an der Platte nur per Schraube so ansehe, bringt das ja nicht mal den minimalen Sicherheitsvorteil, den Koffer gegenüber Taschen so haben.
Die Bewertungen bei Amazon zeigen auch, wer billig kauft …
auf meiner KTM Duke habe ich auch so ein Topcase, sieht gräßlich aus. Aber dafür habe ich Ersatzhandschuhe und den Regenoverall immer dabei und kann meinen Helm darin einschließen. Bei mir ist nach einiger Zeit die Halterung für die Adapterplatte gebrochen. Das war ein unerwartetet teurer Spass für so ein kleines Stück Metall und schweißen tut meine Werkstatt nicht. Ich würde mir ein Topcase mit variablen Stauraum wünschen denn Handschuhe und Regenoverall brauchen nicht so viel Platz, der Klapphelm allerdings schon.
Die „originalen“ Kappa/Givi Koffer- und Topcaselösungen in der Variante wie von dir gezeigt haben auch keine Dichtung. Brauchen auch keine. Die Lippe ist so konstruiert das es »dicht genug« ist. Hatte weder bei den Koffern noch beim Topcase jemals einen Wassereinbruch. Auch bei Regenfahrten nicht. 😉
Habe die gebraucht gekauften Koffer unter die Dusche in der Badewanne gehabt. Kamen eingestaubt an -> mal kurz abgeduscht und »voll draufgehalten«. Innen knochentrocken.
Da brauchst du also keine Sorgen haben das etwas nass wird.
AAAABER:
Die Nachbauten beziehungsweise »Lookalikes« sind häufig aus dünnerem Material. Da wird das ABS stärker tiefgezogen und entsprechend leidet die Stabilität darunter. So jedenfalls mein Eindruck welcher auch in Foren schon bestätigt wurde: Abgebrochene Haltenasen, Risse im Kunststoff weil es einmal aus Sitzbankhöhe heruntergefallen ist, etc.
Dann doch lieber ein gebrauchtes Teil von Kappa oder Givi zum gleichen Kurs kaufen. Hat dann auch schon genügend Kratzer, Schrammen und eventuell sogar schon dekorative Aufkleber. 😉
Danke für den Blog und den Hinweis, dass der Kunststoff des Topcases nicht gerade stabil ist. Für mein Motorrad suche ich seit einigen Tagen nach Shad-Koffersystemen. Da mir die Auswahl zu groß ist, werde ich mich lieber bei einem Fachmann dafür beraten lassen.