Tempo-30-Zone

Verkehrsverbote sind ja nichts Neues…

Jeder muss manchmal jammern. Und auch als Motorradfahrer gehört es immer mal wieder dazu. Und Verkehrsverbote wegen des ungeliebten Lärms, also quasi zum Lärmschutz, sind ja jetzt wirklich ein guter Grund dazu.

Und weil dies ein Thema ist, was sich eigentlich jedes Frühjahr ein wenig mehr verschärft, habe ich mir mal meine Gedanken dazu gemacht. Gut, dass sich hiesiges Landratsamt auch innerhalb des letzten Jahres auch mit der gleichen Thematik beschäftigt hat und diesbezüglich recht fleißig war.

Wie wir immer langsamer fahren

Zur Situation:

In meiner unmittelbaren Nähe gibt es die nur mäßig schöne Ortschaft Köndringen. Das Dorf wird direkt geteilt durch die B3, eine nicht allzu kleine Bundesstraße, ordentlich befahren (17.000 Fahrzeuge pro Tag).

Und bereits seit geraumer Zeit finden die Anwohner, dass die Verkehrsbelastung recht groß ist. Und gegen den Verkehr muss man ja etwas tun. Klar, eine Bundesstraße zu sperren, vor allem eine Bundesstraße für die keine Alternative, keine Umfahrung existiert, ist nicht so leicht möglich.

Möglich ist aber, zu prüfen, ob es vielleicht zu laut ist. Und dann die ganze Hauptstraße mal so eben zur Tempo-30-Zone umzubauen. Und das hat unser hiesiges Landratsamt dann auch getan.

Wohlgemerkt, eine Bundesstraße, welche (laut Wikipedia) seit 1932 in dieser Form existiert, welche schon immer durch ein Dorf führt, wo rechts und links der Straße mal bescheidene hundert Anwohner leben, die aber einen täglichen Fahrzeugdurchsatz von über 17.000 Fahrzeugen aufweist, die wird von jetzt auf nachher auf 30 km/h begrenzt. Und zwar aus Gründen des Lärmschutz. Zunächst nur zur Nachtzeit, inzwischen ist die Geschwindigkeitsbegrenzung eine Dauereinrichtung.

Meine naiven Vorstellungen

Ich halte (klar, merkt man ja auch) den öffentlichen Straßenverkehr für eine wichtige Sache. Insofern finde ich, dass Verkehrsbeschränkungen nur nach sorgfältiger Abwägung aller Faktoren stattfinden sollten.

Daher hatte ich bislang recht naive Vorstellungen darüber, wie eine solche Einschränkung (und die ist tatsächlich recht lästig) denn in der Praxis abgewogen wird.

Ich stelle mir vor, dass vielleicht die Anwohner über den zu großen Lärm entlang eines bestimmten Streckenabschnitts klagen. Die Straßenverkehrsbehörde führt dann zu vorgegebenen Zeiten Geräuschmessungen durch, dabei wird die durchschnittliche und die maximale Lärmbelastung gemessen. So stelle ich mir das vor.

Dann wird (auch nur in meiner Vorstellung) vielleicht eine Verkehrsbeschränkung angeordnet, vielleicht eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h, nach einiger Zeit eine Ergebniskontrolle durchgeführt. Und stellt sich heraus, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung keine besondere Verbesserung gebracht hat, wird diese wieder aufgehoben, ansonsten beibehalten.

So war das bislang jedenfalls in meiner, zugegebenermaßen sehr naiven, Vorstellung.

Aber weil ich das genau wissen wollte, habe ich mich per Mail an meine zuständige Straßenverkehrsbehörde gewandt. Und die haben mir dann auch zügig (ja, muss ich zugeben) geantwortet und mir gleich mal meine hochfliegenden Ideen zurecht gestutzt.

Hier ein kleiner Auszug:

Die für Regelungen im Straßenverkehr maßgeblichen Lärmwerte werden nicht gemessen, sondern rein rechnerisch nach vorgegebenen Verfahren ermittelt.

Die Berechnungen ergeben bei Tempo 30 km/h eine geringere Lärmintensität als bei Tempo 50 km/h. Soweit die für eine Örtlichkeit einschlägigen Lärmgrenzwerte erreicht sind, kann eine Geschwindigkeitsreduzierung angeordnet werden.

Wie es in der Realität zugeht

Richtig ist meine Vorstellung dahingehend, dass es wohl tatsächlich Bürgerbeschwerden bezüglich der täglichen Verkehrsbelastung gab. Diese gingen wohl an die Gemeinde, die hat sich dann wohl mit der Straßenverkehrsbehörde in Verbindung gesetzt.

Falsch ist meine Vorstellung dahingehend, dass dann tatsächlich eine Überprüfung stattfand, ob auch tatsächlich eine erhöhte Lärmbelastung vorlag. Ist vielleicht ein zu großer Aufwand? Immerhin kosten Geräuschmessgeräte ja ein Vermögen (hüstel), und die Bedienung ist bestimmt hochkompliziert (hüstel).

Es wurde eher… na ja, man könnte sagen „festgelegt“. Das Landratsamt spricht von „rein rechnerisch nach vorgegebenen Verfahren ermittelt“. Ok, mag sein, dass bei einer Verkehrsbelastung von X mit dem Wert Y gerechnet werden muss und der ist zur Nachtzeit nicht hinnehmbar. Und deshalb sagt mein Landratsamt: Zur Nachtzeit gibt es nur noch Tempo 30 durch den Ort.

Mich hat das recht stark gestört, weil ich zu den unmöglichsten Zeiten zur Arbeit und wieder nach Hause muss.

Nun gut. Meine (immer noch naive) Idee ist, dass nach Festlegung dieser Verkehrsbeschränkung nach einer gewissen Zeit eine Ergebniskontrolle stattfindet. Dass sich ein zuständiger Mitarbeiter die Mühe macht, festzustellen, ob tatsächlich weniger Lärm entstanden ist und wenn ja, wie groß denn der Unterschied ist. Oder ob durch die bauliche Situation vielleicht gar keine Verbesserung eintreten konnte, dann wäre ja die Geschwindigkeitsbegrenzung sinnlos und reine Schikane. Oder nicht?

Aber wie gesagt, meine Vorstellungen sind recht naiv.

Die Realität sieht nämlich so aus, dass es keine Ergebnismessungen gab. Vielmehr wurde offensiv zugewartet (oder wie das auch immer heißt) und dann den weiter erklingenden Klagen der Anwohner zugehört. Die stellen natürlich fest, dass es immer noch genauso viel Verkehr auf der Straße gibt, deswegen die Lebensqualität immer noch nicht besser ist. Klar, wohin sollen die Fahrzeuge denn ausweichen? Gibt ja keine Umfahrung.

Aber das Landratsamt ist nicht untätig. Klagen über Lärm? Immer noch? Dann wird jetzt eben die Geschwindigkeitsmessung ausgeweitet. Inzwischen ist diese nicht nur zur Nachtzeit, sondern den ganzen Tag.

Wie es mit der Ergebnisprüfung auch bei dieser Maßnahme aussieht, brauche ich ja wohl nicht zu erklären.

So sieht es also aus…

… wenn die Realität auf meine naiven Vorstellungen trifft:

Ich fahre von der Arbeit nach Hause. Bis ich dann an die Ortsgrenze von Köndringen gelange. Und aus irgendeinem Grund habe dann ausgerechnet ich einen dieser „Verkehrserzieher“ vor mir, die um sicherzugehen, ja nicht die 30 km/h zu überschreiten, lieber dann mal mit 20 Sachen durch die Ortschaft brummeln.

Es sind jedoch nicht weniger Autos, Lkw oder Motorräder als vorher. Und dass diese nun weniger Lärm machen, bezweifle ich doch stark, sind sie doch durch die um 40% geringere Geschwindigkeit auch 40% länger im Ortsgebiet.

Und das kann und darf ich behaupten, da es ja keine objektiven Messungen gibt. Absolut gar keine. Da wurde eine Verkehrsbeschränkung für 6.205.000 Fahrzeuge pro Jahr eingeführt, ohne dass sich die zuständige Behörde die Mühe gemacht hätte, einfach mal einige objektive Zahlen für die hiesige Situation zu beschaffen. Macht wohl einfach zu viel Mühe, ist zu kompliziert oder, was auch eine Möglichkeit ist: Die Ergebnisse irgendwelcher Messungen würden den Wünschen der Anwohner zuwider laufen.

Irgendwo ist das vielleicht ein wenig unbefriedigend.

Aber, was auf jeden Fall frühzeitig angeschafft wurde:

geschwindigkeitsmessung

Ein Glück, dass aus Lärmschutzgründen auch ein Blitzer montiert ist…

Eine fest installierte Geschwindigkeitsmesseinrichtung…

Für die war genug Geld da. Die Geschwindigkeitsmessanlage ist auf jeden Fall sinnvoll, um die Überwachung einer Geschwindigkeitsbegrenzung, die sich auf keinerlei empirisch gewonnenen Daten stützt, durchzusetzen.

Liebes Landratsamt

Ich habe dir gesagt, dass ich darüber einen Artikel schreibe. Vielleicht möchtest du in den Kommentaren auch dazu Stellung nehmen?