Motorrad-Textiljacke

Wenn deine Sachen alt werden…

Meine Motorradsachen werden alt. Passt ja, auch ich werde älter. Und da mit zunehmendem Alter auch der Verschleiß zunimmt, sowohl bei mir als auch bei meiner Motorradjacke, muss ich mir mal dazu Gedanken machen.

Wenn du mal ein wenig recherchierst, wirst du zwar immer wieder (teilweise unbewiesene) Erklärungen dazu finden, wann ein Motorradhelm auszuwechseln ist, aber zum Thema Lebensdauer deiner Motorradbekleidung wirst du eher gar nichts konkretes herausfinden können. Das Thema ist halt schwer zu greifen.

Diesen Sommer hatte ich allerdings ein kleines Erlebnis, was mir ganz klar zeigt, dass meine Motorradjacke schon ein wenig älteren Baujahres ist. Ich habe nämlich im Urlaub jemanden gesehen, der meine Jacke trägt, nur halt in „neu“. Das bedeutet ohne verschlissene Nähte und Reißverschlüsse, ohne ausgebleichte schwarze Flächen, ohne den Schmutz von zigtausend Kilometern, den du niemals mehr heraus bekommst.

Dieses Jahr wird noch keine neue Motorradjacke angeschafft, die warme Zeit ist schon vorbei, ich habe bereits auf die Winterbekleidung umgestellt. Und das gibt mir Zeit, mal über den Herbst des Lebens einer Motorradjacke nachzudenken.

Eine Motorradjacke ist am Ende, wenn…

UV-Licht

Motorradjacken bestehen aus Kunststoff, vor allem halt Nylon. Die bekannteste Art ist Cordura-Nylon von der Firma DuPont. Und Nylon ist definitiv nicht UV-beständig. Alle möglichen Beschichtungen und Spezialmischungen für Kunststofffasern können das Problem vielleicht ein wenig entschärfen, aber irgendwann kommt der Punkt, an dem das Sonnenlicht Auswirkungen auf das Material deiner Jacke hat.

Das bedeutet dann, dass das Material deiner Jacke weniger scheuerfest ist, dass die Reißfestigkeit leidet und ganz allgemein auch die Stabilität futsch ist. Jedenfalls in der Theorie.

Ich bin ehrlich nicht der Meinung, dass du als Normalsterblicher deine Textilbekleidung auf dem Motorrad so dermaßen durch Sonnenlicht beeinflussen kannst, dass die Sicherheit bei Stürzen so stark leidet, dass hier ein Manko festzustellen ist.

Andererseits, und das kann jeder auch ohne Labor beobachten, leidet die Optik schon ganz erheblich. Wenn du deine Motorradjacke jahrelang im Sommer trägst, wird aus einer ehemals mattschwarzen Stoffoberfläche irgendwie durch Sonneneinwirkung ein lila schimmerndes Gewebe. Das kann ich bei meiner Motorradjacke sehen, das kann ich bei meinem alten Magnettankrucksack sehen, das wird wohl überall so sein. Zum Vergleich: die Motorradjacke meiner Frau, die mindestens genauso alt ist, wie meine eigene Sommerjacke, hängt die meiste Zeit im Schrank und wird viel seltener genutzt als meine. Hier sind die schwarzen Bereiche noch wirklich schwarz.

Also zusammenfassend: UV-Einfluss macht eine Motorrad-Textiljacke nicht besser. Ob allerdings die Sicherheit dadurch leidet, kann ich nicht sagen. Die Optik aber auf jeden Fall. Das hat dann weniger mit dem Alter als mehr mit den „Betriebsstunden“ zu tun.

Wasserdichtigkeit

Moderne Motorradjacken sind, wie die alter Werbung so schön sagt „winddicht, wasserdicht, atmungsaktiv“. Und das klappt auch in aller Regel. Dafür ist eine in die Jacke eingearbeitete Membran (die bekanntesten sind GoreTex und Sympatex) verantwortlich. Diese Membran wird dann entweder als eigene Schicht lose in die Jacke eingehängt oder mit dem Obermaterial verklebt. Funktioniert beides.

Aber auch diese Membranen habe keine unbegrenzte Lebensdauer. Du musst dir das als wirklich dünne Kunststofffolie (weit weniger als ein Millimeter) vorstellen. Und wenn du dich bewegst, bewegt sich die Membran natürlich mit. Nur ist diese Membran halt schlichtweg empfindlich. Mit der Zeit scheuert sie sich ab, die Verklebung löst sich, sie nutzt sich einfach durch Reibung nach und nach ab. Das passiert weniger durch die Zeit, als mehr durch dauernde Beanspruchung. Die Jacke wird geknickt an den immer gleichen Stellen, die Membran wird mürbe…

Und irgendwann hast du dann das Problem, dass deine eigentlich wasserdichte Motorradjacke halt eben doch nicht mehr wasserdicht ist. Dass du feststellst, dass nahe einer Naht ein klein wenig Wasser eindringt beim nächsten Regen, ist dann der erste Schritt. Und mit der Zeit wird dann an immer mehr Stellen Wasser eindringen.

Es ist also durchaus normal, wenn deine Motorradjacke gegen Ende ihrer Lebensdauer auch die Wasserdichtigkeit einbüßt. Auch dies ist eher Sache der tatsächlichen Nutzungsdauer als der Jahre.

Stürze

aufgescheuerte Motorradjacke

Ein Sturz beschleunigt den „Abstieg“ einer Motorradjacke ganz erheblich…

Nun, das muss jetzt dir nicht unbedingt geschehen. Mir dagegen ist es schon hin und wieder passiert, dass ich mit dem Motorrad auf der Nase lag. Ist vielleicht unangenehm, kommt aber vor. Und genau für diesen Zweck ist eine Motorradjacke auch entworfen worden. Durch Protektoren und stabile Materialien einen Sturz zu „erleichtern“ und zu verhindern, dass Haut auf dem Asphalt kleben bleibt.

Aber dazu bleibt auch festzustellen, dass jeder noch so kleine Sturz (auch im Gelände, wo sich meist eigentlich gar nichts abreibt) seine Spuren in deiner Motorradbekleidung hinterlässt. Mal wird etwas aufgescheuert (und ist dann dort nicht mehr wasserdicht), mal werden die Nähte über Gebühr belastet und lösen sich auf, mal hast du einfach durch spitze Steinchen (oder Dornen im Gelände) winzig kleine Löcher in deiner Membran.

Auf jeden Fall lösen solche Ereignisse deine Jacke auch auf. Die Wasserdichtigkeit geht an diesen Stellen zum Teufel, die Reißverschlüsse sind dort vermurkst, die Nähte gehen auf.

Im Gegensatz zu einem Motorradhelm ist es jetzt nicht unbedingt dringend nötig, nach einem ordentlichen Sturz gleich die ganze Jacke wegzuschmeißen, du musst jedoch schon kontrollieren, ob sie noch zusammen hält. Dass du an den aufgescheuerten Stellen halt beim nächsten Regen mit Wasser rechnen musst, ist dann nur ein Nebeneffekt.

Also bleibt festzustellen, dass auch ein Sturz erheblichen Einfluss auf die Lebensdauer deiner Motorradbekleidung hat.

„normale“ Abnutzung

ausfasern der nähte

auch durch normale Abnutzung entstehen immer mehr Probleme, z.B. Ausfasern der Nähte und des Stoffs

Ja, auch das kann passieren. Klamotten (auch Motorradsachen) werden schlichtweg „verbraucht“. Es bilden sich Flusen an den Nähten, Reißverschlüsse lösen sich bei häufiger Benutzung auf, Klettverschlüsse ermüden.

Ist ja auch klar. Und auch wenn eine etwas verschlissene Jacke noch durchaus ihren Zweck erfüllt (dem Fahrer Sicherheit bieten), wird es mit der Zeit halt auch lästig, wenn ein Reißverschluss am Ärmel immer wieder hakt oder der Klettverschluss am Hals nicht mehr schließt.

Da kannst du dann auch mit noch so viel Aufwand nichts mehr machen, deine Motorradjacke ist fertig.

Und auch diese Art der Abnutzung hat wenig mit den Jahren, sondern vielmehr mit der Nutzungsintensität zu tun.

Fortschritt

Schatzi hat noch einen „geerbten“ Lederkombi aus den 80ern. Dort gibt es gar keine richtigen Protektoren, sondern nur lockere Schaumstoffpolster an den sturzgefährdeten Stellen. Ich selbst kann mich auch noch an meine erste Motorradjacke erinnern. Dort waren steinharte Kunststoffprotektoren in Schultern und Ellenbogen verbaut. Mehr als nur ein bisschen unbequem.

Heutzutage sieht das (meist) ein wenig besser aus. Bei gleicher oder stärkerer Schutzwirkung sind die Protektoren bequemer geworden und angenehmer zu tragen.

Was ich damit sagen will: Auch wenn eigentlich deine Motorradjacke „noch gut ist“, solltest du alle hundert Jahre oder so darüber nachdenken, dir doch ein neueres Modell zuzulegen. Sicherer, besser zu tragen, vielleicht auch ein wenig modischer. Denn mal im Ernst: wenn du nicht gerade einen speziellen Geschmack hat, wirst du mit den bunten Lederkombis der 80er kaum noch etwas anfangen wollen…

Wann also neue Motorradbekleidung?

Ganz ehrlich: Es gibt eigentlich keinen Grund, der dich dazu bringen kann, dass du deine Motorradbekleidung nach einiger Zeit auswechseln musst. Jedoch gibt es jede Menge Gründe dafür, dass du deine Motorradklamotten nach einigen Jahren auswechseln solltest.

Meine Sommerjacke (mittlere Preisklasse bei Hein-Gericke) hat jetzt gute neun Jahre auf dem Buckel. Dies auch noch bei knapp 80.000 km schönen Sommerkilometern, das ist dann zusammen genommen schon gar nicht mal so wenig.

Ich für meinen Teil habe mir jetzt vorgenommen, zu Beginn der nächsten Motorradsaison eine neue Motorradjacke anzuschaffen, die alte Motorradjacke hat nämlich das Ende ihrer Lebensdauer erreicht.