Ich gebe es gerne zu. Ich bin ein schadenfroher Mensch. Insbesondere, wenn mir Dinge auf die Nerven gehen, Leute auf die Nerven gehen, dann bin ich doch ehrlich erfreut, wenn sich derjenige sprichwörtlich auf die Nase legt.
Und das habe ich diese Woche beobachten dürfen.
Was ist denn passiert?
Ich muss ein wenig ausholen.
Ich wohne in einem netten, ruhigen, konservativen Wohngebiet. Gepflegte Häuschen, Gartenzaun, richtig spießig. Geradezu eine Idylle.
Ich selbst falle hier aber schon irgendwie auf. Immerhin fahre ich Motorrad. Das macht mich in den Augen meiner Nachbarn schon irgendwie verdächtig. Hin und wieder werde ich dann kritisch beäugt, denn Motorradfahrer sind irgendwie weniger seriös. Oder so halt. Dabei bin ich doch eigentlich ganz brav.
Ein wenig anders verhält es sich mit meinen Fast-Nachbarn. Also denjenigen um die Straßenecke. Die haben einen jugendlichen Sohn. Ehrlich gesagt eine richtige kleine Pestbeule. Genauso ein Halbwüchsiger, wie ich selbst mal einer war.
Und er und seine Kumpel hocken (gefühlt) an ungefähr sieben Tagen die Woche, 25 Stunden am Tag (sie stehen eine Stunde früher auf) vor der Garage und basteln an Rollern herum.
Jetzt ist das alleine nicht verwerflich. Wer bin ich denn, dass ich den Jungs vorwerfe, an Moppeds herum zu schrauben? Im Gegenteil, dass ist ein sauberes, seriöses Steckenpferd.
Was mich jedoch ein wenig stört, ist die Art, wie dann die Probefahrten durchgeführt werden.
Es ist doch immer so, dass beim Basteln am Mopped nicht alles so einfach klappt. Natürlich habe ich Verständnis dafür, dass immer mal wieder ein wenig herumprobiert werden muss. Dies äußert sich dann daran, dass kurz an einem Roller herumgebastelt wird (etwa zehn Minuten lang), bis der Auspuff ab ist. Danach muss einer der Jungs dringend eine kleine Proberunde durch das Viertel drehen.
Ich bin da ja nicht kleinlich. Zumindest denke ich das von mir. Aber wenn die einzige Arbeit am Roller darin besteht, den Auspuff abzuschrauben, dann wieder eine Runde durch das Viertel geblasen wird, dann kann ich auch nicht in Begeisterungsstürme ausbrechen. Es nervt nämlich. Ohne Auspuff ist auch ein schäbiger 50er Oma-Roller echt nervig und laut.
Wenn dann wenigstens richtige Umbauten vorgenommen würden von den Jungs. Aber gar nichts. Die haben halt einen alten Oma-Roller (anders kann ich zu dem Ding nicht sagen) in der Garage von Papa gefunden und versuchen nun, die Zweiradtechnik zu lernen.
Ein gutes Unterfangen. Aber irgendwo hören sie dann mit den Bastelarbeiten immer auf, wenn der Auspuff wegmontiert ist, dann geht einer der Jungs eben wieder auf große Fahrt durchs Viertel Eigentlich ziemlich sinnlos, wie ich finde.
Und dann setzen sich die Jungs wieder hin und montieren den Auspuff wieder an, stellen ihn anschließend in die Garage zurück und klopfen sich gegenseitig auf die Schultern.
Mein persönliches Problem
Was das alles für mich persönlich zum Problem macht, sind meine Arbeitszeiten. Ich bin häufig zu den unmöglichsten Zeiten im Geschäft, auch Nachts. Das bedeutet dann, dass ich Tags durch schlafe. Und ich kann auch recht gut schlafen, bin eigentlich ganz robust, was das angeht. Auch wenn der Nachbar Rasen mäht oder gegenüber die Handwerker beschäftigt sind, stört mich das nicht.
Aber wenn einer der Jungs mit dem Oma-Roller ohne Auspuff durchbraust, dann stehe ich praktisch im Bett.
Selektive Wahrnehmung? Möglich, glaube ich aber nicht. Viel eher ist es doch so, dass die Rübe einfach viel zu viel Krach macht.
Nun bin ich jetzt schon unter besten Umständen nicht unbedingt derjenige, der sich besonders für Sportauspuffanlagen an Motorrädern stark macht. Die Teile geben mir nichts. Oder zumindest fast nichts. Aber an einem schäbigen Mist-Roller den Auspuff abzuschrauben, um dann „den geilen Sound“ zu genießen ist einfach nur sinnfrei.
Grund für die Schadenfreude
Und nochmals: Schadenfreude ist die ehrlichste Art der Freude.
Was ist passiert? Na ja. Auch wenn bei uns im Viertel eigentlich eine totale Idylle herrscht und jeder Nachbar den anderen machen lässt, wird es wohl so sein, dass einem der lieben Nachbarn wohl der Kragen geplatzt ist. Denn, als ich heute zum Supermarkt gewackelt bin, wurde ich Zeuge einer (zumindest für mich) recht lustigen Szene.
Drei „Roller-Verbecher“ sehen zu, wie ihr Roller vom Abschlepper aufgeladen wird. Diesmal mit Auspuff dran. Eine Polizeistreife kam vorbei, der Roller war wieder unterwegs, nur hat etwas ganz entscheidendes nicht gepasst. Die Farbe des Versicherungskennzeichens.
Und inzwischen genieße ich wieder die sonntägliche Ruhe.