Soll ich alleine fahren?

Ich fahre gerne Motorrad. Sowohl die Alltagsfahrten (z.B. zur Arbeit), einfache Runden am Nachmittag, wenn ich mal gerade Zeit und Lust habe, manchmal eben auch mehrtägige Motorradtouren, die ein wenig aus meinem üblichen Revier herausführen.

Meist bin ich dabei alleine unterwegs. Dies teilweise deshalb, weil ich das gar nicht anders möchte, manchmal aber auch daher, dass es kaum Alternativen gibt. Mit meiner Frau habe ich das mal thematisiert, da sie nicht so ganz verstanden hat, „was es mir bringt“, wenn ich alleine mit dem Motorrad unterwegs bin. Dabei kamen recht interessante Ansichten zu tage.

Nun ist es aber nicht so, dass ich grundsätzlich gerne und nur alleine unterwegs bin. Sowohl Motorradtouren alleine, mit einer Kleingruppe oder auch in größerer Meute haben durchaus ihre Vorteile, da bin ich der erste, der das zugibt. Aber auch das Alleinreisen bietet durchaus seine schönen Momente. Ich versuche hier mal, die jeweiligen Vorteile aufzuzeigen.

Warum bin ich gerne in einer großen Gruppe unterwegs?

Organisation / Planung

In großen Motorradgruppen unterwegs zu sein, hat eigentlich jede Menge Vorteile. Sind wir doch mal ehrlich. Der Mensch ist eigentlich ein Faultier. Und eine Motorradtour oder gar -reise zu organisieren und durchzuziehen ist nun mal, je nachdem, was ich vorhabe, harte Arbeit. Du kennst bestimmt diese Momente, an dem tausend Kleinigkeiten um dich herumschwirren: Ist alles an Gepäck dabei? Wie weit fahren wir heute? Wo wird übernachtet? Was tun, wenn es regnet?

Tausend Entscheidungen. Wenn du nur für dich selbst eine Tour planst, kannst du das alles noch irgendwie auf die Reihe bekommen, sobald du dich aber in der Verantwortung für mehrere Personen siehst, kann dich so was schnell in den Wahnsinn treiben.

Und wenn du mit deinem Motorradstammtisch unterwegs bist? Nun, da kannst du das alles ein wenig entspannter sehen. Wenn du nicht gerade der bist, der das alles organisiert, kannst du dich einfach ein wenig zurücklehnen und die Motorradtour „konsumieren“.

Programm

In einer großen Gruppe fährst du nicht nur. Sind wir ehrlich: Wer mit seinem Motorradverein unterwegs ist, stellt fest, dass eine Tagesetappe bis zum Nachmittag geht, dann bist du irgendwo angekommen und besichtigst irgendwas, oder beziehst dein Quartier. Du konzentrierst dich noch auf andere schöne Dinge, erlebst etwas oder machst ganz einfach ein wenig „Programm“.

Wer auch immer die Tour für dich koordiniert hat, hat schon ein wenig vorgesorgt für die Leute, die nicht unbedingt ausschließlich Motorrad fahren möchten.

Gesellschaft

Der Mensch ist ein Herdentier. Dies bedeutet für dich, dass du gerne ein wenig kommunizierst, mit anderen Leuten zusammen hockst. Tagsüber bei der regelmäßigen Zigarettenpause ein wenig quatschen, am Abend noch in geselliger Runde zusammen hocken und Benzingespräche führen, eigentlich hat es doch nur Vorteile, mit seinem Motorradstammtisch unterwegs zu sein.

Sicherheit

Was passiert, wenns passiert? Es kann immer mal sein, dass du einen kleinen Unfall oder eine Panne hast. In dem Fall ist es doch wirklich unbestreitbar „praktisch“ und hilfreich, wenn du auf ein großes Sicherheitsnetz in Form vieler gleichgesinnter Bekannter und Freunde zurückgreifen kannst. Stell dir vor, du bist an einem Unfall am Ende der Welt beteiligt. Wie kommt dein Gepäck nach Hause? Wie bekommst du dein Motorrad versorgt? Wie wirst du selbst versorgt, wenn du verletzt bist? Da kann dir eine Gruppe zu deiner Unterstützung nur nützlich sein.

Warum bin ich gerne in Klein- und Kleinstgruppen unterwegs?

Organisation / Planung

Alles alleine zu planen, ist immer Arbeit. Den Aufwand auf mehrere Schultern zu verteilen, macht Sinn. Jeder kann sich auf einen Aspekt kontrollieren, oder auch einer macht alles alleine, hat aber mit der Planung für zwei bis vier Personen viel weniger Aufwand. Zwei Doppelzimmer sind einfacher zu finden als zehn Doppelzimmer.

Auch Fahrtstrecken lassen sich besser legen, wenn ich nicht darauf achten muss, dass in einer Riesengruppe auch der schwächste mitkommt. Ich kenne ja meine Mitfahrer gut genug, um zu wissen, wie sie einen Pass hoch kommen.

Programm

In einer Kleingruppe ein Programm vorzubereiten ist meist recht einfach. Man kennt sich idealerweise, weiß, wo die Interessen liegen und kann so recht gut die einzelnen Wünsche berücksichtigen. Und wenn sich das Programm nur darauf beschränkt, abends ein Bier zu trinken, ist ja auch gut.

Sicherheit

Auch hier gilt: Wenn ich noch jemanden dabei habe, brauche ich mir in den meisten Fällen keine Sorgen zu machen. Auch wenn im Zeitalter von Handy und ADAC-Plus eine Panne oder ein Unfall jetzt nicht mehr so kritisch ist, wie noch vor 15 Jahren, ist es doch ungemein beruhigend, wenn ich nicht alleine mit meinem kaputten Motorrad auf den Abschleppdienst warten muss, sondern noch jemanden zum „mitleiden“ dabei habe.

Warum bin ich aber am liebsten alleine unterwegs?

Alles bisher gute Gründe, eben nicht alleine meine kleine bis große Motorradtour zu unternehmen. Ich bin aber trotzdem meistens ohne Gruppe unterwegs. Warum das?

Ich mache einen Motorradurlaub, weil ich gerne Motorrad fahre. Da ist es dann halt so, dass ich in der Regel einfach fahre, bis ich keine Lust mehr habe. Ich brauche wenig bis gar kein sonstiges Programm, einfach fahren reicht für mich vollkommen aus.

Meine Fahrweise, die ich sonst ein wenig anpassen müsste, brauche ich für niemanden verändern, wenn ich nicht als Gruppe unterwegs bin. Ich kann morgens so lange ich möchte, auf dem Campingplatz herumgammeln und meinen Kaffee schlürfen, danach meinen Krempel packen und ohne weitere Abstimmung mit irgendjemandem aufbrechen.

Du kennst das bestimmt auch, dass man zwar in einer kleinen Gruppe mit guten Freunden unterwegs ist, aber irgendwie trotzdem zu keiner Entscheidung kommt (was machen wir heute??? schweigen…). Alleine mache ich genau das, was ich will. Nicht mehr und nicht weniger.

Ich brauche weder meine Fahrweise, noch mein Fahrkönnen anpassen. Ich brauche mich nicht sklavisch an irgendwelche bestehenden Planungen halten. Wenn ich irgendwo eine Abzweigung sehe, die mir interessant vorkommt, kann ich einfach abbiegen, ohne mir Sorgen machen zu müssen, ob ich dann nicht die Planungen für die ganze Gruppe über den Haufen werfe.

Meine persönliche Marotte, hin und wieder einfach für ein Foto anzuhalten, stört dann auch niemanden, wenn ich eben nicht eine Gruppe von mehreren Motorradfahrern hinter mir habe, die drängeln.

Weiterhin bin ich als Alleinreisender recht flexibel, was das Reiseziel und die tägliche Fahrtdauer angeht. Ich kann mitten am Tag in den Himmel schauen, feststellen, dass in der eine Richtung dunkle Wolken lauern und dann einfach dorthin fahren, wo noch ein wenig blauer Himmel sichtbar ist. Das geht halt mit einer größeren Gruppe nicht. Da bist du auf jeden Fall an Zimmerreservierungen und Vorbestellungen gebunden.

Was gleich zum nächsten Vorteil des Alleinreisens führt. Eine Person mit einem kleinen Zelt findet (fast) immer einen Platz auf dem Campingplatz oder in der Pension. Die Übernachtung mit mehreren bis vielen Motorradfahrern geht nicht so spontan.

Und, der letzte Punkt auf meiner Liste: Konkret kann ich das nun nicht belegen, aber ich habe das Gefühl, dass es leichter fällt, Kontakte zu knüpfen und Gespräche zu beginnen, wenn ich nicht als Teil einer Gruppe irgendwo auftauche.

Fazit

Ich für meinen Teil komme am besten damit klar, für mich alleine meine Motorradtouren durchzuführen. Ich habe schon die anderen Varianten ausprobiert, sowohl Fahrten in großen Gruppen als auch mit ein paar wenigen Motorradfreunden, bin aber insgesamt meist für mich alleine unterwegs.

Bei Großgruppen (Motorradverein oder ähnlichem) bin ich immer darauf angewiesen, dass der schwächste Tourteilnehmer das ganze Tempo bestimmt, das kann dann schon manchmal ätzend werden.

In Klein- oder Kleinstgruppen bin ich schon lieber unterwegs, ist aber schwierig. Bis dann alle mal gemeinsam Urlaub und sich auf ein Ziel und eine Tourlänge geeinigt haben, ist schon ein Aufwand. Und dann ist es ja meist so, dass im letzten Moment immer noch einer abspringt. Macht zwar Spaß, ist aber auch noch ein Aufwand.

Für mich sieht Motorradfahren so aus, dass ich die Wettervorhersage anschaue, kurz im Geschäft nachfrage, ob ich ein paar Tage frei bekomme und dann am nächsten Tag mit der BMW irgendwohin aufbreche. Spontan, mit wenig Vorplanung und einfach mal drauflos fahre. Das ist für mich das schönste am Motorradurlaub.