Die besten Pläne…

Klappen manchmal einfach nicht, egal, wie sehr ich mich darum bemühe.

Dieses Jahr wäre nämlich an Pfingsten wieder mal ein Kurztrip mit meinem Junior angesagt gewesen. Ausreichend Urlaub war bereits genommen, Reiseführer gekauft, wir wollten wandern im Altmühltal. Zwei Tage vor Abfahrt dann die Ernüchterung: Die Wettervorhersage ist alles andere als gut. Ein Alternativplan muss her. Und Junior ist auf einmal wählerisch. Ja, ans Meer wäre schön. Nein, Campingplatz kommt nicht in Frage. Sollte schon ein Hotel sein. Er möchte mal ausspannen…

Klar, der durchschnittliche zwölfjährige hat es ja nicht einfach, immer busy, Meetings noch und nöcher und ständig der Streß. Er ist schon ein armer Mensch.

Es kommt zur Diskussion. Klar, wir werfen wegen des Wetters unsere Wanderpläne über den Haufen, ich werde uns aber nicht an der Adria spontan in einem All-Inclusive-Hotel einmieten für eine Woche. Das ist mir zu teuer (und persönlich zu langweilig).

Alternative: wir fahren mit dem Motorrad runter an die Cote d‘ Azur und schauen uns mal auf einschlägigen Campingplätzen um.

Die Idee gefällt Junior nicht, da möchte er dann doch lieber zu Hause bleiben. Zu viel Stress, zu viel Aufwand.

Nun habe ich aber meinen Urlaub bei der Arbeit schon genommen. Und wenn der Kleine halt nicht mit möchte, fahre ich einfach alleine…

Samstag

Und so kommt es, dass ich am langen Pfingstwochenende morgens einige Klamotten einpacke, mir eine Handvoll passende Landkarten in den Tankrucksack stecke und mich dann nach dem Frühstück verabschiede. Zeit, ein wenig runter zum Meer zu fahren.

Bis mir einfällt, dass ich auf jeden Fall noch ausreichend Tabak mitnehmen sollte. Ist ja in Frankreich nicht unbedingt so einfach, geht nur in speziellen Tabakläden oder an der Kneipentheke.

Also erster Halt nach bescheidenen drei Minuten Fahrt: nochmals das Motorrad volltanken und Zigaretten in ausreichender Menge bunkern. Und beim Sprit bunkern dann gleich noch die grundlegenden Überlegungen: Wohin? Bis wann? Auf welchem Weg?

Die Einstellung „kürzester Weg“ ist beim Navi wörtlich zu nehmen

Ich mache es mir einfach. Navi einschalten, Nizza als Ziel eingeben (fällt mir spontan als Stadt am Mittelmeer ein) und mit der Maßgabe „der Weg ist das Ziel“ halte ich mich dann erst mal in Richtung Vogesen. Immerhin war ich dieses Jahr noch gar nicht hier.

Über die Grenze und dann „hoch“ zur Route des Cretes. Ein perfekter Einstieg, passend zum Start einer netten kleinen Tour. Ich rolle auf der Vogesenkammstraße in Richtung Süden und entspanne mich mehr und mehr.

Und hier fällt mir bereit auf, an was ich bislang keinen Gedanken verschwendet habe. Es ist langes Wochenende, ich bin hier nicht der einzige mit dem Motorrad. Überhaupt nicht. Und während sich die Mehrzahl der anderen Motorradfahrer eigentlich unauffällig benehmen, fahren doch heute auffällig viele verhinderte Rennfahrer herum. Klar, in Frankreich sieht das alles ein wenig anders aus, aber auch hier sollte man doch erst dann überholen, wenn vielleicht wenigstens ein paar Meter Sichtweite bis zur nächsten Kurve vorhanden wären… Haarsträubend.

Nach dem Warmfahren in den Vogesen führt mich mein Navi, eingestellt auf „kürzester Weg“ entspannt durchs französische Jura. Die schweizer Grenze versuche ich zu vermeiden (ich habe keine Franken eingepackt), auf der französischen Seite bieten sich genügend Motorradstrecken. Nebeneffekt: hier fahren inzwischen etwas weniger Motorräder herum. Ist vielleicht noch ein Geheimtipp?

Da ich sowieso keinen speziellen Zeitplan habe, entschließe ich mich recht spontan, dem Fluß „Ain“ ein wenig in Richtung Süden zu folgen. Macht auf jeden Fall viel Spaß, ohne genaues Ziel vor sich hinzubrummeln. Nur glaube ich, dass mein Navi inzwischen von mir genervt ist…

Macht aber nichts.

Nur habe ich inzwischen festgestellt, was ich vergessen habe, einzupacken (dies wird mir übrigens noch hin und wieder passieren): Etwas zu essen. Seit der Mittagszeit bin ich nicht mehr an einfachen Imbißbuden vorbeigekommen, inzwischen wird die Lage kritisch. Ich bin schon total ausgemergelt.

Es geht nicht mehr. Ich muss irgendwo einkehren. Also am nächsten Supermarkt zunächst anhalten und verproviantieren. Danach mal eine der Luxusfunktionen meines Navis genutzt: Dort sind Unmengen von Campingplätzen als Sonderziele gespeichert.

Der Campingplatz in Pont d’Ain ist nur mäßig besucht

So gelange ich schließlich auf den Campingplatz in Pont d‘Ain: Camping Oiselon. Und bin ein wenig erstaunt. Obwohl Pfingstferien sind (sowohl bei uns als auch in Frankreich), ist der Platz wirklich übersichtlich belegt.

Für den Spottpreis von nicht mal 10 Euronen kann ich hier wo ich möchte mein Zelt aufstellen. Und muss mir selbst auf die Schulter klopfen, dass ich klug genug war, im Voraus einzukaufen. Außer Getränken an der Rezeption gibt es hier nichts.

Was mir hierbei auffällt: Ich bin ja eigentlich ein wenig selbstgefällig geworden. Die Campingausrüstung ist immer gepackt, ich muss mich um nichts kümmern. Habe ich auch nicht getan. Das hat dann dazu geführt, dass ich heute die Bodenplane für das Zelt nicht dabei habe…

Na ja. Nach einem ordentlichen Mahl sieht die Welt schon wieder viel besser aus. Platznachbarn habe ich fast keine, der Platz ist nur mäßig besucht, also gönne ich mir ein Pils und beschließe den Abend mit einem guten Buch. Etwas komisch: Als ich noch kurz zwei Dosen Bier an der Rezeption erstehe, werde ich nochmals deutlichst (!) darauf hingewiesen, dass die zum Genießen am Zelt gedacht sind und auf keinen Fall im Bereich der dortigen Außenbestuhlung genossen werden dürfen…

Sachen gibts.

Immerhin habe ich heute die ersten 397 km in Richtung Meer zurückgelegt.

Sonntag

Angenehme Nacht auf dem Campingplatz. Ich bin ja in den Sommermonaten nur wenig begeistert, wenn dicht an dicht die Zelte stehen und ein Campingplatz zur Partymeile avanciert. Vielleicht bin ich auch einfach nur zu alt für so was?

Auf jeden Fall stelle ich nach dem Aufstehen fest, dass auf dem Campingplatz keine Möglichkeit besteht, irgendwie ein Frühstück zu bekommen. Bei der Rezeption gibt es nichts zu kaufen.

So kann ich nur bei Keksen (gestern im Supermarkt noch in weiser Voraussicht gekauft) und Kaffee vom Campingkocher ein recht frugales Frühstück genießen. Definitiv nicht ausreichend für jemanden meiner Größe.

Die BMW ist nach dem Frühstück schnell beladen und ich überlege, wo ich denn heute hinfahren möchte. Runter ans Meer? Irgendwo in die Provence? Oder in die Alpen? Mir stehen ja alle Möglichkeiten offen.

Ich entscheide mich für den Weg in die Carmague. War ich schon mal und kann sicher sein, ausreichend Strand für mich zu haben.

Der Weg ist also klar. Unabhängig von meinem Navigationssystem folge ich einfach weiter der Ain in südlicher Richtung bis ich schließlich ins Rhonetal gelange. Unterwegs stelle ich fest, dass im schönen Frankreich einzelne Supermärkte auch am Sonntagvormittag offen haben. Wird gleich genutzt, um mich mit Croissants einzudecken und an einem schönen Fleckchen ein verspätetes Frühstück.

Auch heute noch ordentlicher Motorradverkehr. Und auch sonstiger Ausflugsverkehr sorgt dafür, dass ich jetzt nicht gerade zügig voran komme. Ist allerdings nicht besonders schlimm, ich habe nicht gerade einen engen Zeitplan.

So brummle ich immer weiter in Richtung Süden, bis hinter Avignon. Eigentlich möchte ich hier noch kurz ein Bild machen (vom gegenüberliegenden Flußufer, wenn du vom dortigen Park aus fotografierst hast du ein klassisches Postkartenmotiv), muss aber feststellen, dass es am dortigen Park nicht mal mehr für mein Motorrad einen ordentlichen Parkplatz gibt. Alles rappelvoll. Gibt aber bestimmt noch andere Gelegenheiten…

Am späten Nachmittag habe ich schließlich die Nase voll. Zu viel Ausflugsverkehr. Ich möchte durchziehen und heute Abend am Meer ein leckeres Bier genießen. Also durchziehen bis in die Carmague, nach Saint-Maries-de-la-Mere, mein heutiges Tagesziel.

Und werde dort erst mal überrascht. Die Ortschaft ist total überlaufen, richtig massiv. Irgendeine Art Volksfest oder so. Und jede Menge merkwürdige Gestalten unterwegs.

Gleich zum „Camping de la Brise“. Dort, auf dem wirklich großen Campingplatz, wird mir erklärt, dass nicht mal mehr für mich mit Motorrad und Zelt ein Plätzchen vorhanden ist. Alles dicht. Und mir gleich noch erklärt, warum denn alles so voll ist: das Pfingstwochenende durch ist ein großes Sinti- und Roma-Treffen im Ort.

Aber es gibt ja noch einen Campingplatz am Ort. Ich muss lediglich an der Strandstraße entlangfahren. Was für die paar Kilometer bei dem Verkehr lediglich zwanzig Minuten dauert. Katastrophal.

Ich glaube ich habe den miesesten verfügbaren Platz erwischt

Auf dem Campingplatz „Clos du Rhone“ finde ich tatsächlich noch ein Plätzchen für mich. So ziemlich das letzte, was noch frei ist. Ganz am Rand des Sumpfs an einem eher wenig heimeligen Fleckchen. Immerhin hat der Laden hier auf dem Platz noch offen, ist ausreichend bestückt und es gibt kalte Sixpacks in der Kühltheke. Mehr brauche ich heute nicht.

Blöd: Der boden ist recht hart. Die Hälfte der Zeltheringe ist nach dem Zeltaufbau verbogen… ich bin halt kein Feinmotoriker mit dem Hammer. Wird wohl Zeit, diesbezüglich was neues anzuschaffen.

Mit dem „Nachbarn“ auf dem Platz komme ich auch recht schnell ins Gespräch (obwohl er kein Wort deutsch und ich nur sehr wenig französisch spreche), er warnt mich gleich vor den hiesigen Stechfliegen (da hat er recht, es hat hier wirklich Unmengen von Schnaken).

Als es dunkel wird, möchte ich meine Laterne anmachen: Fehlanzeige. Die Batterien sind nicht einfach leer, sondern sogar total verrottet. Da ist nichts mehr zu holen. Vielleicht ist ein wenig mehr Sorgfalt mit dem Krempel angebracht?

Ich beschließe den Abend mit einem Bierchen am Strand. Heute Abend standen 897 km auf dem Tacho.