Wo kommen denn die kleinen Führerscheine her?

polnischer Kartenführerschein

polnischer Kartenführerschein

Hast du eigentlich auch alle deine Führerscheine einzeln erworben? Also ich habe meine motorisiertes Leben von ganz unten angefangen. Die Mofa-Prüfbescheinigung, den damaligen A1-Führerschein, gefolgt von Auto-, Motorrad- und schließlich auch dem Lkw-Führerschein. Das hat sich gezogen. Und Geld hat der Spaß auch gekostet. Viel Geld. Und heute ist es bestimmt auch nicht gerade günstiger geworden.

Aus diesem Grunde sind findige Leute auf die Idee gekommen, für einen Bruchteil des Preises im benachbarten europäischen Ausland einen Führerschein zu erwerben. In Tschechien beispielsweise kostet ein Führerschein (Stand 2013) etwa 800 Euro, in Deutschland kann da schon mal das doppelte fällig werden.

Hinweis: Ich verwende hier Führerschein und Fahrerlaubnis synonym. Mir sind die Unterschiede durchaus bewusst, gemeint ist hier der Erwerb der Fahrerlaubnis.

Wie sieht das rechtlich aus?

Kartenführerschein aus Großbritannien.

Kartenführerschein aus Großbritannien.

Wer in Deutschland lebt und ein fahrerlaubnispflichtiges Fahrzeug führen will, benötigt grundsätzlich einen deutschen Führerschein. Ausländische Führerscheine sind aber durchaus auch anerkannt. Wie kommt das? Stell dir vor, du wohnst längere Zeit in (in unserem Beispiel) Tschechien. Wenn du dann in dieser Zeit legal den Führerschein erwirbst, dann darfst du den auch in Deutschland behalten und ihn in Deutschland nutzen.

Die Sache ist ganz einfach: Wer seinen „dauerhaften Aufenthalt“ in einem EU-Land hat, darf dort eine Fahrerlaubnis erwerben. Ein dauerhafter Aufenthalt liegt dann vor, wenn du 185 Tage (also ein halbes Jahr) dort lebst. Dies kann man recht einfach nachlesen. Dazu die Fahrerlaubnisverordnung aufschlagen, dort findet man in §28, Abs. 1 folgenden Wortlaut:

Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen.

Ist recht einfach zu verstehen:

Hast du in Tschechien berechtigt dort die Fahrerlaubnis erworben (ist ja eine EU-Fahrerlaubnis), dann gilt die auch hier. Voraussetzung für den rechtmäßigen Erwerb einer EU-Fahrerlaubnis ist aber, dass du während du den Führerschein dort erworben hast, dort deinen dauerhaften Aufenthalt hattest, d.h. dort eine Wohnanschrift besessen hast. Ansonsten wäre diese Fahrerlaubnis nicht gültig. Nachzulesen in § 28, Abs. 4 Nr. 2 FeV (Fahrerlaubnisverordnung)

(4) 1Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,

2. die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben,

Ein wenig verklausuliert, aber doch recht klar: Hast du, als du deinen ausländischen Führerschein erworben hast, hier in der BRD gewohnt, gilt deine tschechische Pappe nicht.

Wie sieht das nun praktisch aus?

Kartenführerschein aus Australien

Kartenführerschein aus Australien

Nun, ich habe ja schon die eine oder andere Kleinanzeige im ADAC-Heft oder auch bei Google gesehen. Dort ist das dann recht gut erklärt. Du meldest dich bei der Firma an, die organisieren dann eine ausländische Fahrschule, wo du klassischen Fahrschulunterricht, soweit nötig auch einen Dolmetscher mitbuchst. Gleichzeitig bekommst du dort auch eine Alibi-Wohnanschrift, die ein gutes halbes Jahr dauert. Damit hast du formaljuristisch eigentlich schon alle Voraussetzungen erfüllt, um dort die Fahrerlaubnis erwerben zu dürfen. Führerscheinprüfung, dann mit allen Papieren (wie bei uns) zur Behörde, Führerschein in Empfang nehmen, gut ist. Oder?

Na ja, nur weil etwas „formaljuristisch“ korrekt ist, bedeutet dies auch, dass es tatsächlich so in Ordnung ist. Mag sein, dass du in dem Land, in dem du deinen Intensivkurs bestritten hast, gemeldet warst. Nur tatsächlich sieht es doch so aus, dass etwas mehr als eine Anmeldung bei der zuständigen Behörde notwendig ist, der tatsächliche „ordentliche Wohnsitz“. Den hast du ja immer noch in Deutschland, da hilft es nichts, dass du in Tschechien auf irgendeinem Bürgermeisteramt deinen Wohnsitz umgemeldet hast. Glaubt dir ja eh keiner, oder?

Was wäre die Folge?

Die wäre dann schon ein wenig problematisch. Zunächst einmal wird die von dir erworbene Fahrerlaubnis hier in der BRD nicht anerkannt. Du hast vielleicht eine tschechische Pappe, darfst aber hier nicht damit herumfahren. Dann wird deine Führerscheinstelle aktiv, um der Sache auf den Grund zu gehen. Hierzu leitet die Fahrerlaubnisbehörde den Fall an das Kraftfahrt-Bundesamt  mit der Bitte weiter, die Ausstellungsbehörde um Rücknahme der Fahrerlaubnis zu ersuchen. Und dann hast du gar nichts mehr. Und das eingesetzte Geld ist auch weg.

Fazit zum Fahrerlaubniserwerb im Ausland:

Alles in Allem würde ich einfach mal behaupten, dass die „Unwägbarkeiten“ beim Erwerb einer Fahrerlaubnis im befreundeten EU-Ausland die möglichen Rechtsfolgen nicht aufwiegen. Die Gefahr ist einfach zu groß, dass du auf einmal ohne Führerschein da stehst. Auch die nicht konkret messbaren Nachteile sollte man nicht unterschätzen: Wenn ich als gebürtiger Südbadener bei einer polizeilichen Kontrolle einen tschechischen Führerschein raushole, muss ich doch auf jeden Fall damit rechnen, eine sehr umfassende Kontrolle dafür zu bekommen. Ob es das dann dauerhaft wert ist, sei dahingestellt. Für mich ist es jedenfalls nichts.