Motorrad mit Anhänger?

Bis vor kurzem war ich noch der Meinung, eigentlich alles, was der Fahrzeugmarkt im Motorradbereich so hergibt, schon einmal gesehen zu haben. Auch irgendwelche eigenwilligen Eigenkonstruktionen habe ich schon das eine oder andere Mal bewundern dürfen. So war ich denn ein wenig überrascht, als ich vor drei Wochen dann tatsächlich mal ein Motorrad mit Anhänger bewundern durfte.

Natürlich kenne ich das von diversen Goldwing-Fahrern, die man hin und wieder auf der Autobahn mit einem Anhänger auf der rechten Spur vor sich hin brummeln. Immerhin hatte ich ja bis vor ein paar Jahren eine Goldwing-Vertretung in unmittelbarer Nähe.

Aber diese Anhänger meine ich nicht. Ich meine auch nicht diese klapprigen Anhänger, welche manchmal hinter Mofas und Rollern hergezogen werden, die der alte Angler nutzt, um beispielsweise noch einen Kasten Bier mitzunehmen. Ich rede von einem richtigen Motorradanhänger.

Und den habe ich vor kurzem live und in Farbe gesehen:

Motorrad mit selbstkonstruierter Anhängerkupplung und selbstgebautem Anhänger

Motorrad mit selbstkonstruierter Anhängerkupplung und selbstgebautem Anhänger

Voraussetzungen zur Zulassung:

Allgemeines

Ich war begeistert. Zwar ein wenig verwundert, aber begeistert. Endlich mal wieder was neues. Ich habe mit dann gleich mal den Fahrer beiseite genommen und ihn ein wenig interviewt. So was sieht man halt nicht alle Tage, er war auch erfreut über das Interesse und hat mit bereitwillig Auskunft gegeben.

Den Motorradanhänger hat er für seinen Hund gebaut, so dass dieser gut mitfahren kann. Ich persönlich denke zwar, dass es sich hier um eine Schnapsidee handelt, andererseits habe ich ja auch eine Vorliebe für das bizarre. Anschließend wurde beim TÜV in Berlin eine Einzelbetriebserlaubnis beantragt, ein Wiederholungskennzeichen gedruckt und dann hat er sich in Richtung Spanien aufgemacht. Und auf dem Heimweg habe ich ihn dann beim Edeka getroffen.

Anschließend habe ich mich ein wenig in die einzelnen Vorschriften eingelesen.

Also. Wenn du nun einen Motorradanhänger haben möchtest, was ist da zu beachten? Das Motorrad benötigt auf jeden Fall eine Zugeinrichtung, also auf deutsch eine Anhängerkupplung. Erst dann kann man sich überlegen, was es bei dem zukünftigen Motorradanhänger zu beachten gibt.

Zulassungsfreiheit

Grundsätzlich sind einachsige (mehrachsige Anhänger habe ich sowieso noch nie gesehen) Anhänger hinter Motorrädern zulassungsfrei. Dies kann man direkt in der Fahrzeugzulassungsverordnung ablesen (§ 3 Abs. 2 Nr. 2f FZV).

Zulassungsfrei bedeutet, dass der Anhänger nicht gesondert auf der Zulassungsstelle angemeldet werden muss, hat also keinen eigenen Fahrzeugschein.

Betriebserlaubnis

Auch wenn ein Motorradanhänger zulassungsfrei ist, gelten natürlich technische Vorschriften. Insbesondere muss die Bauart genehmigt sein. Entweder eine muss eine Typgenehmigung vorliegen, oder eine Einzelbetriebserlaubnis ausgestellt sein.

Was bedeutet das? Wenn ich von einem Hersteller einen Motorradanhänger kaufe, beispielsweise wie oben erwähnt von Honda für meine Goldwing, dann liegt natürlich schon vom Hersteller eine Typgenehmigung vor, irgendeine Art Betriebserlaubnis. Wer sich, wie im Beispiel oben, die Mühe macht, selbst einen Anhänger zu konstruieren, wird zum TÜV müssen und eine Einzelbetriebserlaubnis ausstellen lassen müssen.

Also, irgendeine Art Betriebserlaubnis ist halt gemäß § 4 Abs. 1 FZV notwendig.

Kennzeichen

Ganz nackt darf so ein Anhänger natürlich nicht hinter dem Motorrad gezogen werden. Egal wie, auf jeden Fall ist hier ein Wiederholungskennzeichen anzubringen.

Kann man ebenfalls in der Fahrzeugzulassungsverordnung nachlesen (§ 10 Abs. 8 FZV).

Einfach das Motorradkennzeichen nochmals prägen lassen, halt ohne Stempelbecher, dann hinten an den Anhänger schrauben.

Geschwindigkeiten

Ein Motorrad mit Anhänger ist in aller Regel eine fahrende Verkehrsbehinderung. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt außerorts lausige 60 km/h. Ja genau, sechzig. Schneller darf nicht gefahren werden. Dies bedeutet, dass du dann auf der Autobahn langsamer bist als der durchschnittliche Sattelschlepper, meistens auch auf „normalen“ Straßen außerorts, da die meisten größeren Lkws sich auch dort nicht für „ihre“ vorgegebene Geschwindigkeit interessiere.

Die Rechtslage ist indes eindeutig. Gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 2b (bb) StVO gelten hier halt 60 km/h für Motorradanhänger. Ist unangenehm, gilt aber.

Alternative zur Zulassungsfreiheit

Ich könnte mir vorstellen, dass ein Selbstbauanhänger hinter dem Motorrad durchaus Polizeikontrollen „anzieht“. Und ich könnte mir gleich auch noch vorstellen, dass du als geneigter Fahrer eines solchen Gespanns immer wieder erklären musst, dass die Geschichte mit Betriebserlaubnis und Wiederholungskennzeichen legal ist.

Für diesen Fall kannst du dann auch ein eigentlich zulassungsfreies Fahrzeug, in unserem Fall der Motorradanhänger, doch noch förmlich zuzulassen. Dann bekommst du von der Zulassungsstelle einen ganz normalen Fahrzeugschein, neudeutsch: Zulassungsbescheinigung, für deinen Anhänger.

Bewertung

Ich persönlich bin nicht begeistert davon, mit nur 60 km/h herumfahren zu dürfen. Das ist mir halt einfach zu wenig. Da komme ich mir vor, als würde ich stehen. Aber selbst, wenn ich mal diese Sache mit der Höchstgeschwindigkeit lockerer handhaben würde, glaube ich, dass hier ein wenig die Fahrdynamik auf der Strecke bleibt.

Ich gebe zu, noch nie mit einem Motorradanhänger unterwegs gewesen zu sein. Nur dürfte das nicht viel anders sein, als mit dem Auto. Mit Anhänger ist man halt weniger „beweglich“. Und da für mich persönlich diese „Beweglichkeit“ eines der wichtigsten Vorteile des Motorrads darstellt, ist ein Anhänger, welcher diese eben einschränkt für mich nichts. Daher wird es bei mir wohl nichts mit einem Motorradanhänger auf absehbare Zeit.