Es gibt auch Lichtblicke

Man muss auch mal loben können. Zumindest sehe ich das so. Jedes Jahr im Frühjahr, sobald es wärmer wird, kommen wieder alle möglichen Forderungen von Verbänden und Interessengruppen auf, man müsse dies und jenes, der Staat solle mehr von dem und anderem tun. Und irgendwie scheinen alle Beteiligten zu vergessen, dass sich schon manches verbessert hat.

Ich rede jetzt hier im speziellen vom Unterfahrschutz an Leitplanken.

Hast du schon mal die Folgen eines Motorradunfalls gesehen, bei der Fahrer samt Maschine in Richtung Leitplanke rutscht? Na ja, ich hatte die Gelegenheit, dies bereits mehrfach zu sehen. Zu sehen, wie jede zweite Woche im Sommer jemand vom Rettungshubschrauber von immer der gleichen Stelle abgeholt wird, ist jetzt wirklich nicht unbedingt eine gute Werbung fürs Motorradfahren.

Die Applauskurve

Wie kommts?

Kennst du den Begriff der Applauskurve? Ich denke, jeder hat so was irgendwo an der eigenen Hausstrecke. Bei mir ist es recht einfach. An der L110 gibt es eine nette kleine Wirtschaft mit einem wirklich schönen Biergarten. Im Sommer, bei Sonnenschein und ordentlichen Temperaturen sitzen hier an den Wochenenden jede Menge Motorradfahrer. Also perfekte Zuschauergruppe für die nette Kurvenkombination auf dem Streckenabschnitt unmittelbar vor und hinter der Wirtschaft.

Und da will dann natürlich keiner zurückstecken, wenn er dort vorbei pfeift. Meiner Meinung nach dumm, aber so ist das halt. Und oft, wirklich sehr oft, rutscht dann an irgendeinem Punkt die Maschine in der Kurve Weg, „Ross und Reiter“ schlittern auf dem Asphalt in Richtung Leitplanke, immer mal wieder ist dann auch der Motorradfahrer halb unter die Leitplanke gerutscht, manchmal eben dort auch hängen geblieben.

Unter der Leitplanke

Wenn ein Motorradfahrer im Rahmen des Unfallgeschehens auf dem Asphalt in Richtung Leitplanke schlittert, ist das schlecht. Es ist deshalb schlecht, weil die durchschnittliche Leitplanke auf die Bedürfnisse eines Pkw zugeschnitten ist. Die Leitplanke selbst ist stabil, gibt kaum nach und ist auf Höhe der Motorhaube angebracht. Montiert ist sie auf massive Stützpfosten, die ordentlich im Boden verankert sind.

Rutscht jetzt ein Motorradfahrer in Richtung Leitplanke, kommt es häufig, wirklich sogar sehr häufig dazu, dass eben irgendwie der Körper auf einen der Stützpfeiler prallt. Arme, Beine oder der Rumpf, welche mit 60 km/h gegen den Stützpfosten der Leitplanke knallt werden gebrochen, vielleicht teilweise abgetrennt, auf jeden Fall aber schwer geschädigt.

Und das habe ich schon mehrfach miterlebt. Und zwar an o.g. Stelle. Bis vor gut dreieinhalb Jahren.

Der neue Unterfahrschutz

Vor gut drei Jahren ist tatsächlich mal bei hiesigem Landratsamt jemand auf eine gute Idee gekommen. Und zwar tatsächlich eine sinnvolle Idee.

Das kennt man normalerweise so: Es gibt einen Unfallschwerpunkt, dort werden Motorradfahrer verletzt, dann wird die einfachste, (angeblich) effektivste und „beste“ Lösung gewählt, nämlich einfach eine Geschwindigkeitsbegrenzung einzurichten. Ein ganzer Streckenabschnitt wird dann, was die Verkehrssicherheit angeht, „entschärft“ durch einige 50-km/h-Schilder. Se jedenfalls im Normalfall.

Oder kennt das jemand anders?

Nun, ich habe es jetzt nämlich ein wenig anders kennengelernt. Die sinnvolle Idee des Sachbearbeiters vom Landratsamt besteht nämlich in diesem Fall darin, tatsächlich mal was für die Verkehrssicherheit zu tun. Es wurden nämlich am Unfallschwerpunkt alle Leitplanken in den Kurven mit einem Unterfahrschutz versehen. Der verhindert, dass Motorradfahrer beim Abrutschen mit hoher Geschwindigkeit unter die Leitplanke geraten.

Und was soll ich sagen? Es funktioniert.

Mehr Unfälle? Weniger Unfälle?

Tatsächlich ist es so, dass (gefühlt) kein Unfall weniger auf dem Streckenabschnitt passiert. Nein. Wenn ich auf meiner Hausstrecke unterwegs bin, ist die Fahrbahn an den entsprechenden Stellen immer mal wieder mit frischen Kratzern bedeckt, die Leitplanken in den Kurven haben auch noch immer mal wieder Schrammen, Farb- und Lackantragungen.

Nur eines hat sich geändert. Unfälle mit schwerverletzten Motorradfahrern sind dafür massiv zurück gegangen. Man sieht (auf diesem Teilstück) eben nicht mehr immer wieder Polizei und Rettungswagen, wenn es mal wieder einen unter die Leitplanke gewickelt hat.

Was soll ich also sagen? Zwar gibt es nicht weniger Unfälle, aber dafür eben weniger Schwerstverletzte, seit die Leitplanken ein wenig nachgerüstet wurden.

Für mich also ein Grund, auch mal zu loben.