Urplötzlich ist der Schnee weg

Die letzten Monate konnte ich mich lediglich darauf beschränken, aus meinem Fenster zu schauen. Zu wissen, dass es kalt, nass, eklig ist, dass es keinen Spass macht, auf die Maschine zu steigen, dass es auch in nächster Zeit nicht so schnell bessere Verhältnisse geben wird.

Sehr deprimierend.

Und dann, letzte Woche: eine Offenbarung. Das dauernde graue Sauwetter und die Kälte verziehen sich, die Temperaturen steigen gut in den zweistelligen Bereich, die Sonne versteckt sich nicht länger. Ich werde kribbelig.

Soll ich endlich mal eine Runde nur so zum Spaß fahren? Ich meine, immerhin habe ich mich seit November außer für den Weg zur Arbeit nicht mehr auf das Motorrad gesetzt. Kann ich das überhaupt? Immerhin fehlt bei beiden Maschinen ja auch der obligatorische Frühjahrscheck.

Schwere Entscheidungen…

Kurz Milch holen

Ich komme nicht drum herum. Das Kribbeln wird zu stark. Schatzi teile ich mit, dass ich auf jeden Fall noch kurz Milch für meinen Kaffee holen muss, ich nehme dazu grad das Motorrad. Kurz in die Motorradsachen steigen, in die Garage. Noch flugs die Sommerhandschuhe raus gekramt, die bieten besseren Griff, dann die Entscheidung.

Die BMW nehmen für die erste richtige Runde dieses Jahr? Immerhin fährt sie sich leichter flüssiger, hat einen stärkeren Motor, reagiert spontaner auf das Gas und ist auch bequemer. Ohne zu übertreiben kann ich behaupten, die F800GS bietet den größten Fahrspaß, den man sich vorstellen kann.

Oder doch lieber die Suzuki? Die DR650 ist in jeder Hinsicht irgendwie „weniger“. Kleiner, weniger Leistungsstark, der Motor läuft ein wenig unrund (warum, kann ich bisher noch nicht sagen), das Fahrwerk ist noch aus der vorletzten Generation, die Leistung bescheiden. Aber, großes Plus: Die Suzuki ist gutmütig, verzeiht Fehler, ist weniger „zappelig“, ganz allgemein mit der kleineren Leistung gemütlicher…

Schwere Entscheidungen.

Ich schiebe die Suzuki aus der Garage. Ein kritischer Blick auf die Maschine.

Streusalz, Schmutz, eine nur rudimentär gepflegte Kette. Inspektion wäre eigentlich auch fällig. Immerhin stimmt der Ölstand (da habe ich immer ein Auge drauf), die Batterie ist durch regelmäßige Fahrten zur Arbeit in ausreichend geladenem Zustand. Ich hätte auf jeden Fall mehr Zeit in die Wartung investieren sollen. Und wenn es nur eine gründliche Wäsche wäre.

Na ja, eine verlängerte Runde auf der Hausstrecke, damit ich meine ganz persönliche Motorradsaison wieder eröffnen kann, tut jetzt Not.

Wo ist das Training?

Es ist bei mir jedes Jahr dasselbe. Zwar fahre ich auch im Winter mit dem Motorrad, dann aber nur „praktische“ Fahrten. Vor allem zur Arbeit. Das ist natürlich schon ein gewaltiger Unterschied zum „richtigen“ Motorradfahren. Und das merke ich auch gleich, als ich mich auf meine Lieblingsstrecke wage.

Natürlich ist die DR650 nicht besonders stark motorisiert. Und damit bin ich, ganz klar, auch ein wenig langsamer, als wenn ich auf meiner BMW unterwegs wäre. Aber es reicht auch so.

Wo ich im Herbst noch flott um die Kurven geflitzt bin, ist es jetzt, im Frühjahr, eher eine Wackelpartie. Die Kurvengeschwindigkeit ist niedrig, ich bin durchaus ein wenig unsicher, was das Handling angeht. Recht viel verlernt im Winterhalbjahr.

Tja, und Fahrfehler bleiben eben auch nicht aus. Die ersten paar Kurvenkombinationen, welche mir unter die Räder kommen, verhagle ich grandios. Zeit, wieder etwas bewußter zu fahren. Mich selbst ein wenig im Auge zu behalten, mit offenen Augen die entsprechenden Einlenkpunkte in den Kurven zu suchen, hin und wieder den Blick zum Tacho wandern lassen und ganz allgemein ein wenig „anfängermäßiger“ fahren.

Also wieder alles auf Null.

Und siehe da. Es funktioniert. Zwar noch nicht so gut, wie es nach der letzten Motorradsaison aufgehört hat, aber immerhin besser.

Nun noch ein kleines Stückchen auf Forstwegen (immerhin muss man auch „Dreck“ gleich mal wieder austesten). Auch hier fehlt definitiv die Lässigkeit.

Motorrad auf dem Waldweg
an manchen Stellen liegt tatsächlich noch ein wenig Schnee

Was es nicht einfacher macht: Schneereste auf den Wegen, Schnee neben den Wegen, Unmengen an Wasser, was sich auf dem Waldweg seinen Weg sucht und ganze Ecken schmierig macht. Eine Wackelpartie. Und nein, hier stellt sich auch durch bewusstes Fahren noch keine Verbesserung ein. Da hilft nur Übung.

Motorrad vor dem Milchautomat
Das Versprechen noch kurz wahr gemacht: Ich war beim Milchautomaten…

Fazit

Die erste Motorradtour des Jahres: innerhalb von anderthalb Stunden bin ich ernüchtert. Es fehlt vor allem an einem: Übung. Es ist schon klar, warum überall empfohlen wird, zum Saisonauftakt gleich ein Motorradtraining zu besuchen.

Aber das wird schon.

Was auch wird: in allernächster Zeit mal beide Motorräder wieder fit für die Motorradsaison zu machen.

Ach ja… ich brauche auch noch mehr Milch für den Kaffee. Gleich morgen.