Montag

Ein Campingplatz mit ordentlicher Logistik. Der Laden hat früh auf, genau passend für mich, um Croissants zu erstehen. Ein Kaffee vom Kocher, ein Croissant in der Hand, da kann ich dem Tag mit ausreichender Gelassenheit entgegen sehen.

Mein ganz persönliches Ziel der Motorradtour ist erreicht, ein Bier am Strand. Jetzt habe ich gar nichts besonderes mehr vor.

Ich entschließe mich, weiter zu fahren. Der Campingplatz ist mir ein wenig zu überlaufen, außerdem möchte ich noch ein wenig von der Gegend sehen. Kurz in den Reiseführer geschaut, ich möchte ein wenig Tourist spielen und noch was besichtigen. Meine Wahl fällt auf das römische Amphitheater in der Ortschaft Orange. Nicht weit von hier entfernt und bestimmt interessant.

Das Motorrad ist schnell beladen, ich rolle so schnell wie möglich durch Saintes Maries de la Mere. Ist schon recht viel los hier. Bis nach Orange sind es nur anderthalb Stunden und so bin ich schon am späten Vormittag mitten in der Stadt.

Dort erwartet mich eine kleine Überraschung. Am Amphitheater (Parkplätze, auch für das Motorrad, sind hier Mangelware) hat sich schon eine erhebliche Schlange gebildet. Und als ich nach einer Führung in deutscher oder englischer Sprache schaue, werde ich ebenfalls enttäuscht. Erst am Nachmittag. Das ist mir dann doch zu lange hin.

Also brummle ich lieber weiter. Von Orange aus halte ich mich wieder ganz grob in östlicher Richtung. Nicht ganz freiwillig. Ich muss nämlich feststellen, dass die Wetter-App am Handy recht hatte. Auf mich kommt ein für Motorradtouren eher ungeeignetes Wetter zu. Von daher bin ich immer mit einem Auge am Himmel und halte mit dem Motorrad immer auf die nächsten blauen Flecken zu, halte mich von den offensichtlich grauen Wolken so weit als möglich fern.

Irgendwann schaffe ich es nicht mehr, einen blauen Himmel zu finden

Im Laufe des Nachmittags komme ich in die Nähe der Verdon-Schlucht, hier wird es jetzt immer komplizierter, den dunklen Wolken auszuweichen. Wobei, ich muss zugeben, es mach halt schon Spaß. Die gesamte Gegend ist von kleinen Sträßchen durchzogen, egal wohin ich abbiege, es erschließt sich in jede Richtung ein schönes Motorradrevier.

Als ich schließlich beim Lac de St. Croix bin, holt mich das Wetter endlich ein, alles Ausweichen bringt hier nichts mehr. Ich fahre von einem Moment zum nächsten durch einen gewaltigen Wolkenbruch. Es kommt runter, was geht, Wasser läuft über die Straße, die Sicht fällt und die Autos kriechen mit Schrittgeschwindigkeit vor mir her.

Positiver Nebeneffekt: Meine erst dieses Jahr angeschaffte Motorradjacke konnte ich noch nie in derartigen Bedingungen austesten. Und ich muss sagen: Ich bin zufrieden. Trotz wirklich massiver Wolkenbrüche: Kein Wassereinbruch. Feine Sache.

Andererseits macht es natürlich auch nicht gerade viel Freude bei Schauern durch den Regen zu kriechen. Und als ich einen Blick auf meine Wetter-App verliere, muss ich feststellen, dass mich in der ganzen Gegend der Regen noch eine Weile verfolgen wird. Recht spontan kommt daher der Entschluss, heute auf einen Campingplatz zu verzichten. Ich halte mich in Richtung der Alpen und beschließe, heute doch lieber in einem Hotel zu nächtigen.

Mein Weg führt mich ein Stück die Route Napoleon entlang, bis ich in Sisteron (immer noch in leichtem Regen) schließlich beschließe, dass der Tag lang genug war. Eine nette Pension wäre jetzt nicht schlecht.

Dummerweise ist hier gerade irgendeine Art Volksfest, so dass ich bei den ersten beiden Hotels, wo ich nachfrage, bedauernd abgewiesen werde. Keine Zimmer frei. Aber schließlich bekomme ich noch einen kleinen Tipp. Nahe der Autobahn gibt es noch ein Ibis-Hotel, da ist immer was frei.

Dort angekommen, stelle ich fest, dass im Ibis-Hotel zwar die Theke besetzt ist, der Typ dort jedoch kein Wort Deutsch oder Englisch spricht. Und sich auch kaum Mühe macht, einem Nicht-Franzosen sprachlich ein wenig entgegen zu kommen. Das dortige Restaurant hat auch geschlossen, daher checke ich nicht dort, sondern nebenan ein: Ibis-Budget. Jetzt muss ich zugeben, dass ich das noch nie erlebt habe. Der Check-In findet an einem Automaten statt. Das Zimmer ist „auf das wesentliche beschränkt“. Leider gibt es nichts zu essen, das nächste Restaurant ist in der Stadt, ich bin zu faul, nochmals auf das Motorrad zu steigen. So bleibt es für mich bei Keksen und einem Apfel als Abendessen…

Der Tacho zeigt am Abend 1232 km an.

Dienstag

Das Ibis-Hotel ist nicht gerade anheimelnd, aber immerhin trocken

Du hast vielleicht schon mal in einem Ibis-Budget-Hotel übernachtet. Ich nicht. Von daher war es für mich ein wenig überraschend, wie es hier zugeht. Merkwürdige Gäste, auffallend häufig mit Hunden. Und wie gesagt, ein Restaurant gibt es halt nicht. Und das Frühstücksbuffet sieht auch nicht wirklich toll aus.

Ich spare mir das Frühstücksbuffet und steige recht zügig auf das Motorrad. Zeit, weiter zu ziehen.

Und ich folge der gleichen Maxime wie gestern. Ein Blick in den Himmel, gucken, wo der Himmel am wenigsten grau ist. Und das ist am heutigen Tag die Alpenregion. Nur ist das noch nicht so ganz einfach. Die französischen Alpen sind toll zu fahren als Motorradfahrer. Andererseits sind halt noch einige Alpenpässe mehr oder weniger dicht. Und ich möchte auf keinen Fall irgendwo in winterliche Straßenverhältnisse rein stolpern. Von daher lenke ich die BMW einfach mal in Richtung Norden. Unterwegs noch kurz mal anhalten, Croissants vom Supermarkt und dann eine kleine Frühstückspause an einem netten Aussichtspunkt unterwegs.

Und so tingle ich am Alpenrand entlang, links von mir dunkle Wolken, rechts von mir die Alpen, teilweise auch noch mit Wolken auf halber Höhe, angenehme Umstände zum Motorradfahren. Ich halte mich mal ganz grob in Richtung des Mont Blanc und von dort aus über den Col de la Forclaz nach Martigny.

Willkommen in der Schweiz.

Mittagspause in Martigny. Noch kurz ein wenig Bargeld am Automaten ziehen und ein kleiner Imbiss vor dem hiesigen Migros-Markt. Vom Tag ist noch recht viel übrig, große Lust noch größere Strecken zu fahren habe ich allerdings nicht. Daher möchte ich noch ein wenig in der Nähe bleiben. Südöstlich von Martigny gibt es einen netten Wald. Und, was für mich von Belang ist, einen Wald, in dem keine Fahrverbotsschilder stehen. Daher nutze ich die Gelegenheit, ein wenig die Waldwege zu erkunden. Eigentlich ist es nur eine recht kleine Gegend, einfach ein kleiner Bergrücken zwischen zwei Ortschaften, doch muss ich feststellen, dass ich ohne Probleme den kompletten Nachmittag hier verbringen kann. Alle möglichen Schotterpisten abfahren, hin und wieder an besonders schönen Ecken anhalten und ein kleines Päuschen machen… einfach toll. Kann ich nur jedem empfehlen. Und kein Wanderer fühlt sich gestört, wenn ich mit angemessener Geschwindigkeit und ohne großen Krach vorbei rolle.

Am späten Nachmittag kehre ich in Martigny auf dem TCS-Campingplatz ein. Noch eine kurze Mahlzeit, eine schnelle Dusche, dann beschließe ich den Abend bei einem „Feldschlösschen“. Zum Abendessen gönne ich mir ganz klassisch Bockwürste.

Am Abend schaue ich nochmals auf den Tacho, inzwischen stehen 1586 km drauf.

Mittwoch

Die Nach durch war es feucht und eklig. Zwar kein Starkregen, aber immerhin einige kurze Schauer sorgen dafür, dass es einen wahnsinnigen Spaß macht, mein Zelt am Morgen zusammenzupacken.

Ich habe inzwischen keine Lust mehr. Immer dem Regen davon zu fahren ist zwar hin und wieder ganz nett, aber jetzt sitze ich in den Alpen, südlich von mir noch Regenwolken, Pässe teilweise noch gesperrt und schweizer Franken möchte ich nicht noch mehr umtauschen.

Der Entschluss ist daher schnell gefasst. Ich kehre nach Hause zurück.

An der ersten Tankstelle noch kurz eine Vignette gekauft, dann auf die Autobahn und in Richtung Heimat.

Merkwürdigerweise gibt es auf meinem Weg keinen einzigen Regentropfen, keinen Stau und sonstiges Ungemach. Hat wohl was mit Schicksal zu tun.

Nach Ende der Motorradtour habe ich nach den fünf Tagen 1994 km auf der Uhr.

Fazit

Die Idee, mal kurz ans Meer runter zu fahren, war ein ernüchterndes Erlebnis. Die Campingausrüstung muss ich auf jeden Fall mal wieder warten, eine neue Lampe sowie neue Zeltheringe sind anzuschaffen.

Mein Navi hat unterwegs wieder Rappel gekriegt, funktioniert nicht mehr richtig.

Und es gibt doch schlechtes Wetter, nicht nur unpassende Kleidung. Es macht nämlich überhaupt keinen Spass, bei Starkregen Motorrad zu fahren, bei Nässe ein Zelt auf- oder abzubauen.

Und, was ich noch als ganz persönliche Erkenntnis mitnehme: Im Ibis-Budget gibt es nichts zu essen…