Der Winter auf dem Motorrad

In letzter Zeit ist es recht ruhig geworden um meine Motorräder. Liegt vor allem daran, dass es draußen richtig ekelhaft kalt ist. Das Motorradfahren macht zur Zeit keinen Spaß. Natürlich gibt es die „harten Knochen“, für die der Winter (wenn auch recht schneefrei bei uns hier im Süden) einfach nur ein Wettereffekt wie Regen oder Sonnenschein darstellt. Bei mir sieht es dabei jedoch anders aus. Die Kollegen bei der Arbeit machen hin und wieder Witze, wenn ich bei sibirischen Temperaturen eben doch nicht mit dem Motorrad zur Arbeit fahre, aber ich bin ja nicht bekloppt. Alles mit Maß und Ziel.

Ich fahre gerne Motorrad. Und Motorradfahren bedeutet für mich etwas mehr als auf den Bock zu hocken und die halbe Stunde bis ins Geschäft zu tingeln. Zum Motorradfahren gehört für mich eine kleine Tour am Sonntagmorgen, eine Extrarunde auf dem Weg zur Arbeit oder eben auch die Urlaubsreise im Sommer. Alles in möglichst kurvigem Geläuf, in wechselnden Schräglagen, am besten noch in schönen Landschaften.

Im Winter zu fahren ist für mich jedoch vor allem eines: Streß.

Der Streß auf dem Motorrad

Ja, im Winter zu fahren ist stressig. Es reicht eben nicht, sich schnell das Leder oder die leichte Textilhose überzustreifen. Nein, es geht damit los, sich ordentlich warm einzupacken. Warme Unterbekleidung, Thermofutter in den Textilsachen, Nierengurt, Halstuch und zusätzlich Sturmhaube, warme („ungriffige“) Motorradhandschuhe. Und eingepackt wie ein Michelin-Männchen setzte ich mich dann auf das Motorrad… und stelle dann fest, dass die Garagenfernbedienung mit Handschuhen nicht zu bedienen ist.

Und dann fahre ich los, Temperaturen um den Gefrierpunkt, dann muss ich natürlich aufpassen. Im Winter, bei feuchter Straße und den momentan angesagten Temperaturen, bedeutet ein „nasser“ Fleck auf dem Asphalt immer mal wieder auch ein glatter Fleck. Und gefrorenes Wasser ist halt nunmal Gift für die Straßenlage. Also gilt es, in angemessenem Rahmen natürlich, auf feuchte (weil möglicherweise glatte) Stellen zu achten. Macht das Fahrvergnügen nicht unbedingt größer, oder? Wobei ich der Fairness halber dazu sagen muss, dass die Technik auch bei niedrigsten Temperaturen noch mitspielt. Auch im Winter sind grundsätzlich Schräglagen möglich, bei geigneter Fahrbahnbeschaffenheit. Das Märchen vom fehlenden Gripp im Winter ist genau das: ein Märchen. Der Normalfahrer wird von sich aus mit hoher Wahrscheinlichkeit nie an die Haftungsgrenze der Reifen geraten, auch bei tiefen Temperaturen nicht. Glaubst du nicht? Versuch es doch einfach mal an einem Kreisverkehr deiner Wahl (Eisfreiheit vorausgesetzt).

Und dann das Fahrgefühl. Mal ehrlich: Auf dem Motorrad zu fahren, bedeutet Bewegung. Auch und vor allem für den Fahrer, der halt hier auch wesentlich aktiver im Geschehen eingebunden ist, als der typische Pkw-Fahrer. Und dies dann in dicker Winterbekleidung? Klappt doch nie so richtig. Wo bleibt denn das Gefühl für die Maschine im Thermokombi oder im Zwiebellook mit elf Schichten? Funktioniert doch nicht wirklich. Zumindest bei mir.

Und dann noch die Technik

Tja, und dann habe ich im Winter auch oft genug ein Problem mit der Motorradtechnik. Die Straßen sind gestreut, da kann ich mich darauf verlassen, dass nach jeder zweiten Fahrt das Motorrad mit Wasser abgespritzt und salzfrei gemacht werden muss. Ist einfach Arbeit, auf die ich im Winter keine Lust habe. Oder eben Rost in Kauf nehmen. Kann für eine „Schlechtwettermaschine“ durchaus eine Option sein.

Die komplette Motorradtechnik braucht halt bei nasskaltem Wetter erheblich mehr Pflege. Und diese Pflege bei den herrschenden Temperaturen (in meiner unbeheizten Garage) zu gewährleisten, macht mir keinen Spaß.

Was mich auch ein wenig stört: Ich glaube beispielsweise, dass Schatzis Suzuki für Temperaturen um oder gar unter dem Gefrierpunkt gar nicht geeignet ist. Kann sein, dass ich mich irre… aber ich vermute mal einfach, dass ein klassisches, luftgekühltes Motorrad aus den 80ern niemals dafür ausgelegt worden ist, bei tieferen Minusgraden überhaupt dauerhaft genutzt zu werden. Kann denn ein fahrtwindgekühlter Motor bei solchen Temperaturen in angemessener Zeit überhaupt betriebswarm werden? Oder ist es nicht vielmehr so, dass ich eine halbe Stunde zur Arbeit fahre und meine unbehandschute Hand hinterher direkt auf die Kühlrippen des Zylinders legen kann? Macht die Sache auch nicht einfacher.

Fazit zum Winterfahren

Ich gebe zu, ich werde alt. Während ich früher noch mit Überzeugung sagen konnte, auch im Winter ist das Motorradfahren möglich und praktisch, bin ich inzwischen einfach ein wenig „weicher“ geworden. Wenn ich momentan auf die Maschine steige, dann deshalb, weil meine Frau das Auto benötigt, nicht mehr zu lockeren Touren. Insofern bin ich der Meinung:

Wenn es „harte Knochen“ gibt, die auch im Winter, durch Schneeverwehungen, über Eisplatten und bei grimmigen minusgraden ihre Maschine weiter benutzen, so habe ich gehörigen Respekt vor ihnen. Und frage mich, ob sie ihr Hobby nicht ein wenig übertreiben…