Endlich unterwegs mit dem Kleinen

Du möchtest mit deinem Kind eine Motorradtour unternehmen? Du hast dich bereits (idealerweise hier bei mir) über die Rechtslage und die Vorbereitungen zur Mitnahme von Kindern auf dem Motorrad informiert? Und jetzt geht es an die praktische Durchführung. Immerhin hast du schon Zeit und idealerweise auch Geld für Schutzkleidung investiert und bist noch keinen Meter mit Junior gefahren.

Da ich jetzt mit beiden Söhnen jeweils mehrere Urlaube hinter mir habe, zuletzt im Sommer nach Sardinien mit dem Junior auf dem Motorrad, denke ich, einige Ratschläge könnten hierbei nichts schaden. Ziel ist definitiv, dass sich Junior auf dem Motorrad einigermaßen wohlfühlt und die Motorradtour mit Papa nicht einfach nur erduldet.

Kinder sind tolle Beifahrer auf dem Motorrad

Ja. Das kann ich schon mal ganz pauschal in den Raum werfen. Wenn du deinen Partner oder irgendeinen anderen Erwachsenen auf dem Motorrad mitnimmst, musst du damit rechnen, dass dieser nicht vom Motorradfahren begeistert ist, sich nicht auskennt und bei jeder Kurve, die du nimmst, verkrampft. Viele Beifahrer sind auch schon zu „verbildet“, rechnen ständig mit einem Unfall und können so keinerlei Spaß am Motorradfahren empfinden.

Bei Kindern ist das ein wenig anders.

Wenn ich einen meiner Söhne auf dem Motorrad mitgenommen habe, war das für die in aller Regel ein Vergnügen. Trotz intensiver Aufklärung über die Gefahren des Motorradreisens hatten meine beiden „Großen“ niemals das Vertrauen in mich verloren. Für die war das einfach normal, mit dem Papa eine Runde zu fahren. Keinerlei Berührungsängste, keine Angst vor Schräglagen, kein Verkrampfen in Kurven. Alles lief recht instinktiv ab. Ist halt der Vorteil, wenn du noch nicht erwachsen und durch Schreckensmeldungen über Unfälle eingeschüchtert bist.

Also ganz pauschal:

Auch wenn ich meine beiden Söhne zwar „gebrieft“ habe bezüglich des Verhaltens auf dem Motorrad, war es doch immer so, dass das richtige Verhalten (in die Kurve „mitgehen“, richtig festhalten, etc.) eigentlich instinktiv kam. Ein großes Plus.

Kinder werden unruhig mit der Zeit

Als Beifahrer auf dem Motorrad ist es nicht unbedingt besonders spannend. Je nachdem, wo und wie du unterwegs bist, ist es für Junior nicht unbedingt ein tolles Erlebnis, ewig lang auf dem Beifahrerplätzchen zu sitzen und über deine Schulter zu spähen.

Dies bedeutet, dass du regelmäßige Pausen zwingend einplanen musst. Und damit meine ich jetzt nicht, dass nur du alle zweieinhalb Stunden mal einen Tankstopp einlegen solltest. Nein, die Aufmerksamkeitsspanne von Kindern bewegt sich ja eher im Bereich einer Stubenfliege. Das bedeutet, oft (!) mal irgendwo anhalten, wo Junior auch mal seinen kindstypischen Beschäftigungen nachgehen kann.

Bist du beispielsweise in den Alpen unterwegs, kannst du ja anstatt beim Passschild irgendwo anhalten, wo noch ein Schneehaufen herumliegt. Schnee im Frühsommer ist auf jeden Fall für meinen Junior ein ordentlicher Anreiz. Oder auch mal eine kleine Rast an einem Waldspielplatz einlegen? Bietet sich vielleicht an.

Auf jeden Fall musst du damit rechnen, dass dein Sohn / deine Tochter wesentlich weniger Spaß am Motorradfahren selbst hat, als du. Und wenn weniger Spaß vorhanden ist, beginnt die Unruhe, die Zappelei, das „wann sind wir da?“.

Kinder brauchen Beschäftigung

Wenn du alleine mit dem Motorrad unterwegs bist, steht oft genug das „Erlebnis Motorradfahren“ im Mittelpunkt. Vor allem deshalb bist du unterwegs.

Wenn du ein Kind auf dem Motorrad mitnimmst, verschiebt sich das ein wenig. Da musst du die Zeit zwischen den einzelnen Abschnitten ein wenig ausfüllen. Bei so einer Tour wäre es ungeschickt, wenn du mit Junior am Ende des Tages zwar ein paar hundert Kilometer zurückgelegt, aber nichts wirklich erlebt hast.

Warum nicht ein paar kleinere touristische Ziele anfahren unterwegs? Einen Aussichtsturm, den ihr dann besteigt, ein kleiner Park, den man sich anschaut, eine Schleuse, durch die Schiffe fahren? Kinder wollen auch was erleben, und zwar abseits vom reinen fahren. Daher bietet es sich an, im Rahmen einer Tourplanung noch den einen oder anderen Zwischenstopp von vornherein einzuplanen und umzusetzen.

Auch in diesen Bereich fällt die Idee, Junior auch ein Zwischenziel seiner Wahl festlegen zu lassen. Wieso nicht dein Kind einen Teil der Tourplanung übernehmen zu lassen? Immerhin ist er dann beteiligt. Und wenn mal was nicht klappt, kannst du auch ihm einen Teil der Verantwortung zuschustern…

Bedenke: Nur das Fahren alleine macht einen Beifahrer nicht glücklich. Und schon gar keinen kleinen Sozius.

Kinder brauchen Aufmerksamkeit

„Papa, hast du dieses (was auch immer) gesehen?“

Diesen Satz höre ich, wenn ich mit Junior zu Fuß oder mit dem Auto unterwegs bin, immer wieder. Auf dem Motorrad ist es nicht ganz so einfach. Zumindest, wenn du ohne Gegensprechanlage unterwegs bist.

Nun ist eine Gegensprechanlage für das Motorrad recht teuer, zumindest wenn du mit deinem Kind nur hin und wieder unterwegs bist. Andererseits gibt es ja auch die Möglichkeit, sich so nebenbei zu unterhalten, indem du einfach langsam genug fährst, um den Fahrtwind zu reduzieren. Oder einfach mal beim nächsten Ampelstopp zuhören, was Junior so über dies oder jenes denkt. Auf jeden Fall möchte dein junger Mitfahrer sich mitteilen. Geht ja gar nicht anders. Und du musst eine Möglichkeit finden, irgendwie zuzuhören.

Es ist nämlich absolut kontraproduktiv, wenn Junior auf dem Motorrad zum stundenlangen Schweigen verurteilt wird, weil du dir nicht die Mühe machst, immer mal wieder nachzufragen, ob alles in Ordnung ist.

Zeichen vereinbaren

Mir hat es beim Fahren immer geholfen, wenn ich im Voraus einige Signale ausgemacht habe. Es ist nicht einfach, bei einer zügigen Etappe auf der Landstraße ordentlich zuzuhören, wenn Junior mal dringend auf die Toilette muss.

Deshalb habe ich mit meinem Sprössling immer (schon vor der Fahrt) vereinbart, dass er mir deutliche Zeichen geben soll, wenn irgendwas ist. Ob er jetzt findet, er braucht dringend eine Pause, ob er einfach auf die Toilette muss oder sonst irgendwelche Problemchen bestehen, nimm ihm schon vor der ersten Fahrt die Angst, indem du ihm klar machst, dass er erheblichen Einfluss auf die Fahrt hat.

Defensiv Fahren

Es gibt immer wieder Motorradunfälle, bei denen ich darüber den Kopf schütteln muss, wie deutlich jemand sein Hirn ausgeschaltet hat bei der Fahrt. Und genauso oft werde ich auch dann an Stellen überholt, wo es normalerweise gar nicht geht. Wo ich nur denke „Hoffentlich kommt keiner entgegen.“

Das geht halt definitiv nicht, wenn du ein Kind hinten auf dem Motorrad sitzen hast. Defensives Fahren, besondere Vorsicht und Achtsamkeit sind hier Pflicht. Nimm es einfach hin, dass andere dann schneller sind. Nimm es hin, dass du hin und wieder überholt wirst. Nimm es hin, dass dann halt keine flotten Fahrmanöver drin sind, die du sonst machen würdest, wenn du alleine auf dem Motorrad sitzt.

Es gilt, in jedem Fall defensiv zu fahren. Versuch, Verkehrssituationen zu vermeiden, die eine Sturzgefahr mit sich bringen könnten. Du willst definitiv nicht, dass dein Kind verletzt wird, weil du unbedingt den Gashahn aufdrehen wolltest, weil du irgendein bizarres Überholmanöver unbedingt noch hinter dich bringen wolltest, weil du es nicht vertragen konntest, überholt zu werden.

Ich bin mit meinen beiden älteren Söhnen je ein mal mit dem Motorrad auf dem Boden aufgekommen. Das war aber kein Problem. Beide haben ordentliche Schutzkleidung getragen, die jeweilige Geschwindigkeit war, dank defensiver Fahrweise, jeweils recht gering. Beide Male war es dann jeweils so, dass Junior daneben stand und Grinsen musste, als ich fluchend aufstand.

Das bedeutet, dass trotz zurückhaltender Fahrweise immer was passieren kann. Durch mitdenken und ordentliche Ausrüstung lässt sich ein Sturz mit Kind aber gut „ausbügeln“.

Fazit

Kinder gehören auch auf das Motorrad. Wenn der Papa mit seinem Sohn eine Motorradtour machen möchte, ist das gut.

Andererseits solltest du dir immer darüber im Klaren sein, dass der Chef hinten sitzt. Die letztliche Entscheidung bei fast Allem trifft dein Junior hinten auf dem Soziussitzplatz. Wenn der sagt, es geht nicht mehr weiter, dann beende die Tour. Wenn er sagt, er möchte ein Pause, dann wird die gemacht.

Nur wenn du diese „Arbeitsteilung“ verinnerlichst, kannst du sicher sein, dass beide Beteiligte am Motorradfahren dauerhaft Spaß haben.