Wieso nach Sardinien?

Ich war noch nie mit dem Motorrad auf Sardinien. Und eigentlich habe ich nur mäßiges Interesse daran. Ich habe es halt nicht so mit Italien, finde es schöner, meinen Motorradurlaub (wenn schon im Süden) eher in Südfrankreich zu verbringen.

Aber als ich dann im Winter meinen Sohn frage, wo wir dieses Jahr hinfahren, erklärt er mir, er würde gerne mal auf einer Mittelmeerinsel herumkommen.

Tja. Und da gibts dann doch nicht so viele, die sich mal schnell für eine Motorradtour in den Pfingstferien eignen. Auf Korsika war ich bereits, hat mir sehr gut gefallen. Sizilien ist zu weit weg, Malle und Co stehen bei mir nicht auf der Wunschliste. Also Sardinien.

Und so plane ich dann etwa seit dem Frühjahr, kaufe mir Landkarten und Reiseführer und buche auch gleich noch die Fähre. Und dann geht es Anfang Juni schließlich los.

Tag 1 (586 km)

Das Motorrad habe ich schon am Vorabend vorbereitet, alles beladen, die Technik nochmals durchgeschaut.

Junior wird gegen 06.00 Uhr aus dem Bett geschmissen (ich bin da schon eine Weile auf und geduscht), dann gibt es zunächst noch ein ordentliches Frühstück. Immerhin wollen wir heute in einem Rutsch bis runter nach Genua. Dort nehmen wir nämlich die Nachtfähre.

Gegen 08.00 Uhr fahren wir endlich los. Bei 15° und grauem Himmel bleibt auf jeden Fall noch Luft nach oben, was das Wetter angeht. Und dann mache ich, was unzählige Familienväter vor mir schon irgendwie hinbekommen haben, was schon so etwas wie eine Tradition ist. Zu Ferienbeginn geht es auf die Autobahn in Richtung Süden.

Unsere Zeitplanung ist recht großzügig, ich mache mir nur wenig Sorgen, durch Stau oder ähnliches aufgehalten zu werden. Und ich habe recht. Die A5 runter ist nur wenig los, durch die halbe Schweiz praktisch gar nichts, und als wir schließlich auf den Gotthard zurollen habe ich nichts dagegen, als mich Junior fragt, ob wir noch einen Pass „mitnehmen“ könnten. Kein Ding. Immerhin ist genug Zeit.

Also noch kurz über den Gotthardpass, oben noch ein kleines Erinnerungsfoto geschossen, dann gehts wieder runter, weiter in Richtung Süden. Und es ist eine Offenbarung. Die Temperatur steigt auf angenehme 27°, sobald wir auf der Südseite der Alpen sind.

Und dann Italien. Ich gebe zu, irgendwie werde ich mit dem italienischen Straßenverkehr nicht warm. Mich nerven auch die italienischen Mautstellen. Die hatte ich ganz vergessen. Durch Norditalien bis Genua sind es zwar nur vier Stück, aber es ist trotzdem nervig. Jedes Mal anhalten, Handschuhe aus, Geldbeutel raus, wieder alles verpacken, anziehen und erst dann gehts weiter. Und das alles dann eine halbe Stunde später nochmals.

Aber egal. Gegen 15.00 Uhr sind wir endlich in der Nähe von Genua, wobei das letzte Autobahnstück durchaus ein wenig arg kurvig ist für eine Autobahn, finde ich, dann wird erst mal die richtige Abfahrt verpasst und schwupps stehen wir mitten in der dreiviertel-Million-Einwohner-Stadt. Und im Chaos. Dichter Verkehr, überall wird gebaut und ich kämpfe mich durch den Verkehr in Richtung Hafen. Und muss staunen.

moby-lines fähre

Ich bin erschöpft und wirklich froh, endlich bei der Fähre zu sein.

Genua hat wirklich viel Hafen. So viel Hafen, dass ich schlichtweg keine Ahnung habe, wo das Fährterminal ist. Der Beschilderung kann ich auch nicht trauen, da überall Straßensperrungen auf Grund von Baustellen bestehen. Geht relativ schnell, dann habe ich absolut keine Orientierung mehr. Ich irre etwa eine Stunde in der Nähe des Hafengeländes umher und finde schlichtweg keine Zufahrt zum Fährterminal. Aber es gibt ja noch die freundlichen Italiener. Als ich einen Rollerfahrer neben mir an der Ampel anhaue, bedeutet er mir zu folgen und bringt mich zu der Rampe, der in den Terminalbereich des Fährhafens führt.

Unendlich dankbar können wir an mehreren „Checkpoints“ vorbei, zeigen brav unsere Ausweise und das Fährticket und stehen schließlich neben unserer Fähre. Junior ist beeindruckt und nutzt die verbleibenden anderthalb Stunden um in der Nähe herumzuwuseln und mal zu erkunden, wie es denn an einem Hafen so ist.

Irgendwann (die Sonne knallt unbarmherzig herunter) kommt Leben in die Sache. Das Einfahren in das Schiff beginnt. Wir gehören zu den Ersten (müssen aber den Helm aufziehen zum rein fahren), rollen an den uns zugewiesenen Platz, ich stelle die Maschine auf den Seitenständer. Und das wars dann. Wir sind an Bord.

Noch kurz einige Kleinigkeiten in den Tankrucksack packen, diesen abnehmen, stattdessen die Helme an die Maschine hängen und hoch gehts in den Passagierbereich.

Junior ist hin und weg, ich sichere uns zunächst eine kleine Sitzecke und noch während ich mich niederlasse wuselt er schon weg, um das Schiff zu erkunden. Ist halt auch ein Abenteuer für ihn. Für mich eher nicht, mir tut nur nach der Fahrerei der Allerwerteste weh…

Als die Fähre zwei Stunden später (pünktlich!) ablegt, bewegen wir uns in das Selbstbedienungsrestaurant an Bord. Wir gönnen uns noch ein Abendessen. Für Junior gibt es den Kinderteller mit einer Coke, für mich die Lasagne mit einem Pils. War ein Fehler. Die Rechnung von bescheidenen 30 Euronen für einen Kinderteller mit matschigen Pommes und einer Lasagne, die ich nochmal in der Mikrowelle aufwärmen muss, ist unangemessen. Wären wir nur noch vorher in den Supermarkt gegangen…

Schließlich beschließen wir, uns zur Ruhe zu begeben. Zu diesem Zweck habe ich im Voraus noch zwei „Liegesessel“ gebucht. Zum ersten Mal. Ist aber recht lehrreich. Im Bug des Schiffs, ganz unten, ist der Schlafsaal. Nur mäßig besucht. Ich gönne mir eine ganze Sitzreihe für mich alleine, strecke mich quer aus und bin schon eingeschlafen, bevor mein Kopf auch nur meine zusammengerollte Motorradjacke berührt…

Tag 2 (783 km)

Das Erwachen kommt recht angenehm. Wesentlich besser, als ich erwartet habe, konnte ich mich nachts quer über die Polsterstühle hinweg ausruhen. Ein kurzer Blick: Junior hat es sich im Laufe der Nacht ähnlich bequem gemacht.

Sardinien, Blick von der Fähre aus

Der Blick auf die Insel kurz vor der Einfahrt in den Hafen

Sehr gut. Wir frühstücken wieder im Self-Service-Restaurant (für einen exorbitanten Preis) und beobachten, wie wir dem Land immer näher kommen.

Gegen 09.30 Uhr ist es endlich soweit. Wir haben in Olbia angelegt. Und so wie wir zu Beginn der Fahrt als Motorradfahrer als Erste an Bord durften, müssen wir jetzt warten, bis alle anderen draußen sind. E macht wahnsinnig Spaß, im warmen nach Abgasen stinkenden Schiffsbauch zu warten, bis jeder Urlauber mit seinem Wagen herausmanövriert ist…

Aber endlich ist es soweit, die Insel erscheint am Ende der Ausfahrt, ich rolle durch das Hafengelände von Olbia. Was übrigens wesentlich kleiner, übersichtlicher und „aufgeräumter“ wirkt als das von Genua.

Ich habe auf jeden Fall für heute einen konkreten Plan.

Zunächst aus dem Hafen heraus geht es aber erst mal zu einer Tankstelle. Wo ich dann auch gleich mal wieder eine italienische Tradition erlebe, die ich zwar schon mal kannte, aber wieder vergessen habe. Es kommt nämlich, so schnell kann ich gar nicht gucken, ein Tankwart, sobald ich den Tankdeckel aufgemacht habe, und steckt gleich den Schlauch hinein und tankt für mich. Eigentlich nicht schlecht. Nur wollte ich das selbst machen, Gewohnheit halt. Aber du sagst ja dann auch nicht „Stopp, Aufhören“. Ist ja irgendwie unangenehm. Und so zahle ich dann am Ende noch einen Aufschlag von 15 Cent pro Liter getanktem Sprit für den Service…

Auf jeden Fall ist nun genug Sprit im Tank, wir haben uns schon ein wenig an die herrschenden knapp 30° gewöhnt und Junior ist nun auch gespannt, wie es denn nun auf einer Mittelmeerinsel so ist. Daher Haben wir beschlossen, den ersten Tag ganz touristenmäßig auf Sardinien zu beginnen. Wir wollen die Costa Smeralda entlang und dann einfach einen Campingplatz für uns suchen.

Eigentlich gar keine üble Idee. Wenn denn die Realität nicht wäre. Und die sieht halt anders aus, als ich mir dies so vorgestellt habe. Die Costa Smeralda ist ein ganzes Stück von Sardiniens Nordküste. Hier ist das Wohngebiet der Reichen und Schönen (passt also auch zu uns), eine schöne Küstenstraße windet sich am Meer entlang. Eigentlich ideal. Wenn die Italiener nicht einen Gutteil ihres Budgets für den Straßenverkehr in Verbotsschilder investiert hätten. Kilometerlang wird ohne erkennbaren Grund die Höchstgeschwindigkeit auf 50 km/h herunter gesetzt, es herrschen Überholverbote und die eigentlich schöne Küstenstraße ist in jeder Hinsicht „kastriert“. Weil nämlich Unmengen von Touristen die Küstenstraße an der Costa Smeralda ebenfalls nehmen. Und so merkst du, wer als Tourist hier auf Sardinien ist. Das sind dann die Typen, die eben die Geschwindigkeitsbegrenzung einhalten. Und ich zockle mit dem Motorrad hinterher.

Bei der ersten Gelegenheit müssen wir anhalten. Aussicht genießen, die ersten Fotos von der Küste machen, ganz allgemein verdauen, dass wir endlich da sind.

Und dann überlegen wir uns, wie wir jetzt weiter machen. Ich persönlich wollte eigentlich die Nordküste von Sardinien entlang zockeln, die vorgelagerten Inseln besuchen und ganz allgemein ein wenig Tourist spielen. Junior sieht das ein wenig anders. Er möchte irgendwo ankommen und ins Wasser. Kein Interesse daran, heute irgendetwas zu besichtigen, einfach nur baden.

Nun gut. Ich habe auch nicht unbedingt Lust, weiter die zwar malerische aber irgendwie verstopfte Küstenstraße entlang zu brummeln. Also das Navi bemüht. Ich war ja vor dem Urlaub fleißig, habe neben diversen Sehenswürdigkeiten und tollen Routen auch einige vom ADAC empfohlene Campingplätze eingespeichert.

Unser nächstes Ziel: Alghero. Und zwar quer durch die Insel auf möglichst kleinen Straßen.

Und das klappt dann auch gleich richtig gut. Kein Touristenverkehr, keine Wohnmobile und Lkw vor mir, auf einmal läuft es.

Und dann, als ich gerade eine kleine, geradezu winzige Serpentine hinauf schleiche, rutscht mir auf einmal das Hinterrad weg, als ich Gas gebe. Ich kann gar nicht so schnell gucken, dann liegen wir schon am Boden mit der ganzen Fuhre. Zum Glück war es nur mit Schrittgeschwindigkeit.

Trotzdem kann ich mir den Sturz nicht erklären. Zumindest, bis ich die Maschine aufgehoben und mir den Boden mal angesehen habe. Der immer wieder propagierte „besonders griffige“ Asphalt auf Sardinien ist hier spiegelglatt. Oder so ähnlich. Wir können auf unseren Stiefelsohlen locker auf dem Teerbelag herumrutschen. Ist total abgenutzt und glatt gefahren. Gut zu wissen, dass es so was überhaupt gibt. Wusste ich vorher nicht. Ein Glück waren wir nur langsam unterwegs.

Nachdem wir uns wieder einigermaßen sortiert haben, geht es erst mal (wesentlich vorsichtiger) weiter zu unserem angepeilten Campingplatz.

Gegen 15.00 Uhr kommen wir in der Anlage „Laguna Blu“ bei Alghero an. An Campingplätzen mangelt es ja auf Sardinien zum Glück nicht. Und Platz ist auch noch jede Menge. Wir bauen zügig unser Zelt auf, Junior verschwindet sofort in Richtung Meer (so schnell kann ich gar nicht gucken), ich versuche, Nahrungsmittel aufzutreiben.

Und stelle einen Umstand fest, der sich noch wie ein roter Faden durch unseren Urlaub ziehen wird. Praktisch auf der gesamten Insel ist alles am Nachmittag zu. Irgendwo nach der Mittagszeit bis am späten Nachmittag hat einfach alles zu. Jeder Laden, Jede Behörde, jedes Museum, jedes Restaurant. Alles dicht. So auch der Laden auf dem Campingplatz.

Ich muss mich also nochmals auf den Weg machen nach Alghero Zu einem „richtigen“ Supermarkt, der über Mittag offen hat. Die Strandpromenade ist voll von Badegesten, es geht kaum voran. Es ist eine mühselige Gurkerei, bis ich endlich einen geöffneten Supermarkt gefunden habe… und ich muss schließlich feststellen, dass es dort keine gekühlten Getränke gibt. Aber immerhin alles andere. So besorge ich halt ein Abendessen, (warme) Getränke und kehre zurück zum Campingplatz, wo wir bei einem leckeren Abendessen den Abend ausklingen lassen.