braincap

Wie ich meinem Sohn einen Motorradhelm kaufte…

Gestern hat es mich nach Freiburg zum nächsten Polo-Shop gezogen. Mein Junior brauchte nämlich einen neuen Motorradhelm. Er hat sich dann auch schnell entschieden, den passenden Helm ausgesucht und dann mal zur Probe getragen. Ich bestehe bei solchen Gelegenheiten darauf, den Helm dann einfach mal fünf bis zehn Minuten auf dem Kopf zu behalten. So kann ich dann entstehende Rötungen und Druckstellen gleich mal sehen. Und weil ich also nun zehn Minuten Zeit hatte, konnte ich mich noch ein wenig in der Helmabteilung des Ladens umschauen.

Und da bin ich dann auf das Regalbrett mit den Braincaps gestoßen. Und das sind Teile, über die ich mich den ganzen Tag lang aufregen könnte…

Was ist ein Braincap?

Diese Helme hast du bestimmt auch schon gesehen. Es handelt sich dabei um die minimalistischste Version eines Motorradhelms. Eine Kopfbedeckung aus Kunststoff, die den oberen Kopfbereich (und nur den) schützt, die oberhalb der Ohren beginnt, den Nacken und in aller Regel sogar den obersten Wirbel (C1) nicht vollständig bedeckt. Die Teile sehen (je nach persönlichem Geschmack) gut, minimalistisch und irgendwie outlaw-mäßig aus und dürften damit vor allem für die Fahrer von Choppern interessant werden, die das Gefühl von Freiheit und Abenteuern gemischt mit ein wenig Nervenkitzel ausleben wollen. Ach ja, auch Rollerfahrer, die es schlichtweg nicht interessiert, was sie auf dem Kopf tragen, habe ich damit schon hin und wieder herumfahren sehen.

Auf jeden Fall handelt es sich um eine recht bescheidene, günstige Kopfbedeckung, die immer wieder von Motorradfahrern als Motorradhelm genutzt wird. Und einmal, als ich schon mal im Urlaub mit einem dieser Fans des bescheidenen Kopfschmucks über diese Art von Motorradhelmen gesprochen habe, wurde ich (in vollster Überzeugung) darüber belehrt, dass es sich bei dem Braincap um einen Motorradhelm handle, damit sei die Sache im Sinne der StVO erledigt. Immerhin werden die Teile ja auch ganz legal verkauft.

Braincaps und die StVO: erlaubt?

So einfach kannst du es dir als Nutzer eines Braincaps nicht machen. Nur weil etwas verkauft wird, bedeutet das nicht, dass es auch zur Nutzung im öffentlichen Straßenverkehr erlaubt ist.

Schauen wir uns mal die Rechtslage an:

Die Helmtragepflicht ist in der StVO, genauer gesagt in §21a Absatz 2 StVO geregelt. Und zwar gar nicht so kompliziert. Wer ein Motorrad fährt, hat einen geeigneten Schutzhelm zu tragen. Punkt.

Schwierig wird es nur in einer Frage: Was für ein Helm ist denn geeignet?

Ein Helm ist dann als Motorradhelm geeignet (und bestimmt), wenn „… (er) eigens für das Motorradfahren hergestellt worden ist und deren Bauart die besonderen Kräfte und Beschleunigungen, die auf den Kopf des Motorradfahrers während eines Sturzes einwirken, ausreichend berücksichtigt…“ (Aus einer Stellungnahme des Verkehrsministeriums)

Der Helm sollte also für das Motorradfahren gedacht sein (also kein alter Bund-Helm) und diese typisch auftretenden Unfallfolgen verkraften. Beim „normalen“ Motorradhelm findest du irgendwo einen Einnäher, ein Etikett oder ähnliches, wo du einen Hinweis auf die ECE-22 findest, die entsprechende Normen und Prüfverfahren für Helme regelt.

Die Unfallfolgen werden normiert abgeprüft. Ein Helm wird an einigen Stellen einer Schlagprüfung unterzogen, es wird in einem Prüfverfahren gemessen, ob an den kritischen Punkten eine geeignete Dämpfung existiert. Und einer dieser Punkte ist übrigens am Hinterkopf. Und dort hört die Braincap ja schon auf, also Dämpfung dort: Null.

Und auch beim Rest des Braincaps sieht es eher dünn aus. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ein ordentlicher Motorradhelm hat unter der Helmschale knapp zwei Daumenbreit Schaumstoff zur Schlagdämpfung. Ein Braincap (fast) gar nichts. Ist zwar leicht, schlank und irgendwie schlank aussehend, hilft aber beim Sturz nicht viel. Also Schlagdämfung insgesamt (nicht nur punktuell): mäßig, sehr mäßig, geradezu saumäßig.

Und dann würde ich mir von einem Helm eine gewisse Formstabilität wünschen. Tja, da habe ich einen dieser ausgestellten Helme einfach mal in die Hand genommen und zusammengedrückt. Und musste feststellen, dass ich die Schutzwirkung als recht bescheiden einstufe, wenn ich den ganzen Helm mit einer Hand schon an den Rändern zusammendrücken kann. Wie will dieser „Helm“ denn bitteschön die auftretenden Kräfte beim Aufprall auf eine Bordsteinkante von meinem Kopf fernhalten?

Ich stelle fest: Meiner Meinung nach erfüllt ein „Braincap“ die Anforderungen an einen „geeigneten Motorradhelm“ nicht.

Motorradhelm, aufgeschnitten

So sieht ein Helm im Schnitt aus. Man beachte die mehrere Zentimeter dicke Schaumstoffschicht zur Dämpfung

Der Braincap… eigentlich gar keine Dämpfung

und dann nehme ich den Braincap und drücke einfach mal meine Hand zusammen… wenn er nicht mal die Kraft einer einzelnen Hand aushält, ohne sich zu verformen, wie klappt das dann bei einem Unfall mit Aufschlag auf dem Asphalt?

Zusammenfassung:

Du kannst es drehen und wenden, wie du willst ein „Braincap“ ist weder ausreichend als Gewinn an Sicherheit beim Motorradfahren, noch erlaubt. Und es mag sein, dass die lausigen paar Euro Bußgeld für den Verstoß gegen die Helmtragepflicht nicht ins Gewicht fallen in Anbetracht des „Coolnessfaktors“ den du dabei gewinnst, wenn du allerdings mit dem Schädel mal auf dem Asphalt aufschlägst und die gegnerische Haftpflichtversicherung sich nach dem Unfall aber aus der finanziellen Verpflichtung herauswindet mit dem Hinweis, dass du deine Pflicht zum Tragen des Motorradhelms verletzt hast, kann es richtig eklig werden. Am Unfall vielleicht nicht schuld, Krankenhaus, keiner zahlt dafür. Oder eben nur kaum etwas. Und das alles wegen der Coolness.