Der Pre-Flight-Check

Vor kurzem habe ich aus dem Fuhrpark im Geschäft einen Kombi empfangen. Unser Fahrzeugmensch ist dann mit mir zu dem Fahrzeug gegangen, ich wollte losfahren, er schaut mich erwartungsvoll an. Ich schaue zurück. Er guckt weiter zu mir. Erwartungsvoll. Ich merke, er wartet auf etwas. Schließlich halte ich es nicht mehr aus und frage nach. Er erklärt mir, ich solle doch vor der Abfahrt „wolken“. Aha.

Und dann macht es klick. Klar. Habe ich früher mal gelernt. Vor der Abfahrt „Wolke“ machen. Und ist eigentlich gar keine schlechte Idee. Ich habe mir auf jeden Fall fest vorgenommen, zukünftig immer mal wieder vor der Abfahrt das alles an meinem Motorrad durchzuführen.

Und du hast keine Ahnung, was ich mit „Wolke“ meine? Muss dir nicht peinlich sein, weiß glaube ich nicht jeder. Aber, ich kann dich vom Joch der Unwissenheit erlösen.

Was bedeutet „Wolke“?

Es handelt sich hierbei um eine Gedächtnisstütze zu einem kleinen Check vor der Abfahrt. Du kannst das ganze innerhalb von zwei Minuten erledigen, bevor du auf deine Maschine sitzt und losfährst. Belohnt wirst du dabei mit einem (hoffentlich) erhöhten Maß an Ausfallsicherheit bei deinem Fahrzeug.

Arbeite für den Check jeden einzelnen Anfangsbuchstaben des Wortes ab, dann lebt dein Motorrad besser.

(W)asser

Die erste Überprüfung bezieht sich auf das Kühlwasser an deinem Motorrad. Riskiere einen kleinen Blick auf den Kühler und die Schläuche, soweit möglich auch auf den Ausgleichsbehälter. Ist genug Kühlflüssigkeit im System? Irgendwo nasse Flecken an den Schläuchen oder Anschlüssen?

Denk dran: Beim Kühlsystem handelt es sich um einen geschlossenen Kreislauf. Dort kann eigentlich nichts austreten. Wenn du nicht mehr genügend Kühlwasser im Ausgleichsbehälter hast, liegt irgendwo eine Undichtigkeit vor, die behoben werden muss.

(Ö)l

Eigentlich selbsterklärend. Ist noch genügend Öl im Motor? Schauglas prüfen. Auch mal auf den Boden unter dem Motorrad schauen, sind dort irgendwelche frische Ölflecken? Ein Motorrad darf durchaus ein wenig Öl verbrauchen, das gibt es manchmal. Aber zu viel Ölverbrauch ist ein Zeichen für Motorenprobleme. Also vor der Abfahrt auch mal auf das Öl schauen.

Nebenbei: auch die Konsistenz und Farbe des Öls ist geeignet, einige Wahrheiten über deinen Motor zu erfahren. Hast du Metallpartikel drin? Hast du eine helle „Schmiere“ in deinem Öl? Dann würde ich empfehlen, vor Fahrtantritt noch mal kurz innezuhalten und nachzuprüfen.

(L)uft

Wenn du sowieso gerade um deine Maschine herum läufst, nimm dir Zeit für einen Blick auf deine Reifen. Ist noch ausreichend Luft drin? Den Druck kannst du natürlich nicht so ohne weiteres abschätzen. Ist aber viel zu wenig Luft drin, dann siehst du das schon. Egal, was für ein Reifendruck bei deiner Maschine vorgegeben ist, sie sollten nicht „bauchig werden“ auf der Unterseite, wenn du dich auf deine Maschine setzt, dann wäre wohl Zeit ein wenig Luft nachzufüllen.

Und da du gerade bei den Reifen bist, schau noch einmal kurz nach dem Profil. Noch genug Profiltiefe vorhanden? Reifen beschädigt? Ist einfach zu prüfen, kann viel Ärger ersparen.

(K)raftstoff

Auch nicht schwer. Noch genügend Sprit im Tank? Ist die Leitung dicht und in ordentlichem Zustand? Ist der Benzinfilter frei oder total braun und verkrustet? Gerade solche Probleme sind meiner Meinung nach besonders ärgerlich. Immerhin sind Benzinleitungen oder Filter geradezu lächerlich billig und selbst besonders einfach auszuwechseln. Und wenn du legenbleibst, weil dein Benzinfilter komplett zugesetzt ist, ein neuer nur 3 Euro gekostet hätte, dass ist dann schon echt ärgerlich.

Nebenbei: Speziell beim Motorrad konnte das „K“ auch für „(K)ette“ stehen. Ein Blick darauf schadet bestimmt auch nicht, vielleicht eine zu trockene Kette noch mal schnell einprühen, bevor du dein Sonntagstour startest? Zumindest daran zu denken, schadet dir nicht.

(E)lektrik

Gerade für dich als Motorradfahrer ist das gar nicht so unwichtig. Hier geht es vor allem um eine schnelle Kontrolle deiner Beleuchtung. Und Motorradfahrer ohne Licht sind halt nun mal schlechter zu erkennen. Also einfach mal die Zündung an, kurz schauen, ob Abblendlicht und Rücklicht funktionieren. Bei hochpreisigen Motorrädern ist das recht einfach, da geht ein Warnlämpchen im Cockpit an, wenn eine Birne am Motorrad kaputt ist. Alle anderen müssen halt einmal um die Maschine herum laufen.

Ein kurzer Test des Blinkers ist auch angesagt. Rechts? Links? Merke: wenn ein Blinker defekt ist, erhöht sich die Blinkfrequenz.

Und schon fertig

Diesen Text zu lesen, hat wahrscheinlich länger gedauert, als den Check vor der Abfahrt tatsächlich durchzuführen. Das meiste ist bei einer Runde um die Maschine zu erledigen. Und als Ergebnis kannst du davon ausgehen, dass deine Maschine in technischer Hinsicht einigermaßen verlässlich die nächste Tour übersteht.

Ich für meinen Teil habe mir auf jeden Fall vorgenommen, diese Saison regelmäßig die Maschine vor Abfahrt zu checken. „Wolke“ ist eine schnelle und leichte Möglichkeit, auch für den Laien auf dem aktuellen Stand bezüglich des technischen Zustands deines Motorrads zu bleiben. Kostet ja nichts. Und gibt mir ein gutes Gefühl.