Wozu eigentlich Vollkasko?

Die Frage kommt immer wieder. Du kaufst dir ein neues (oder gutes gebrauchtes) Motorrad und möchtest es zulassen. Dazu brauchst du neben allem anderen auch noch eine Kraftfahrzeugversicherung. Und hier wird dich dann der Versicherungsvertreter irgendwann fragen, was für eine Versicherung du gerne hättest. Reicht dir die Haftpflicht? Brauchst du eine Teil- oder Vollkasko? Und was bringt dir eine Vollkaskoversicherung? Und was kostet sie?

Ich würde sagen, es ist Zeit, mal einige Dinge zu klären.

Was bezahlt eine Vollkaskoversicherung?

Am besten ist dies ganz einfach nach dem Ausschlussprinzip zu erklären. Eine Vollkaskoversicherung tritt für alle Schäden an deinem Motorrad ein, die nicht aus anderen „Töpfen“ bezahlt werden. Ich mache das am besten an einem Beispiel fest: Du verursachst einen Verkehrsunfall, die Haftpflichtversicherung bezahlt natürlich den Schaden am gegnerischen Fahrzeug. Aber dein Motorrad bleibt ja immer noch kaputt. Und für dein Motorrad tritt dann die Vollkaskoversicherung ein. Sie bezahlt den Schaden an deiner Maschine.

Anderes Beispiel: Du besitzt eine nagelneue BMW in RB-Leipzig-Lackierung und stellst diese in Dortmund kurz ab, um ein Pils zu trinken. Als du zu deiner Maschine zurückkehrst, ist sie von zufällig vorbeikommenden Fußballfans in den Boden gestampft worden, alles kaputt. Auch hier (Stichwort Vandalismus) tritt eine Vollkaskoversicherung in Leistung und bezahlt deine Fahrzeugschäden.

Also alles in allem eine feine Sache, praktisch ein rundum-sorglos-Paket.

Die Versicherung hat natürlich auch Nachteile…

Wie immer gibt es noch die „dunkle Seite“ der Medaille. Eine Vollkaskoversicherung kostet Geld. Richtig viel Geld. Und wäre dies nicht genug, gibt es auch bei der Vollkasko einen gestaffelten Schadensfreiheitsrabatt. Dieser funktioniert genauso wie bei der einfachen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung. Je mehr schadensfreie Jahre du aufweisen kannst, desto weiter sinken deine Beiträge. Meldest du dann mal einen Schaden an, schießen deine „prozente“ nach oben, das bedeutet, du bezahlst in Zukunft wieder mehr.

Und dann kommt noch die Selbstbeteiligung dazu.

Erklärung Selbstbeteiligung:

Selbstbeteiligung ist etwas, mit dem du im Schadensfalle bei Voll- und Teilkaskoschäden kennenlernen wirst. Es handelt sich dabei um den Schaden, den du auf jeden Fall selbst tragen musst.

Beispiel: Dein Motorrad ist 5000€ wert, du stürzt, Totalschaden. Natürlich tritt dann deine Vollkasko ein. Hast du dabei nun eine Selbstbeteiligung von 500€ ausgemacht, zahlst du „die ersten“ 500€ selbst, die restlichen 4500€ bezahlt deine Versicherung.

Merke: Selbstbeteiligung ja/nein und wie hoch beeinflusst deine Versicherungskosten erheblich.

Die Kosten

Um mal den beschriebenen Nachteil (Kosten) ein wenig zu beleuchten, habe ich mir mal ein Vergleichsportal vorgenommen und einige Beispielrechnungen aufgemacht. Als Beispiel habe ich mich selbst genommen, als erfahrener Fahrer mit längerer unfallfreier Zeit (Schadensfreiheitsklasse 10), Garage, alleiniger Benutzer des Fahrzeugs. Meine Anforderung war eine Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung, eine Teilkasko ohne Selbstbeteiligung sowie eine Vollkaskoversicherung mit 300 € Selbstbeteiligung.

Versuch eins ist die Berechnung der Versicherungsprämien bei meiner BMW F800GS, sechs Jahre alt. Alle Daten reingehackt… warten… 440€ an Gesamtkosten für meinen Versicherungsschutz.

Versuch zwei ist eine ältere Honda CBR600, ebenfalls sechs Jahre alt. Kosten in diesem Falle bei 400€.

Letzter Test ist eine Yamaha YZF R1, nur ein halbes Jahr alt (also praktisch neu). Hier ergaben sich Versicherungsbeiträge von etwa 1200 €.

Lohnen sich die Ausgaben?

Also alles in allem überschaubare Beträge? Na ja. Das ist ein eher zweischneidiges Schwert. Wenn du mal genau hinschaust, wirst du merken, dass du irgendwo bei knapp zehn Prozent des „Marktpreises“ deiner Maschine bist. Das bedeutet, nach ungefähr fünf Jahren bist du im Schnitt an einem Punkt angelangt, an dem du den jetzigen Gebrauchtpreis deines Motorrads nur für deine Vollkaskoversicherung ausgegeben hast.

Natürlich hast du für dein Geld einen umfassenden Versicherungsschutz genossen, aber du solltest halt auch mitbedenken, dass die meisten Schäden eher nicht den vollen Einsatz deiner Versicherung erfordern. Was passiert denn normalerweise? Du hast einen (kleinen) Sturz oder gar nur Umfaller, ein wenig Verkleidung, Spiegel oder Lack ist ab. Selbst wenn dann die Kosten über der Selbstbeteiligung liegen würden, ist erst einmal zu prüfen, ob es sich für dich überhaupt lohnt, dann die Versicherung zu aktivieren, du gehst ja dann immerhin mit der Schadensfreiheitsklasse nach oben. Das kann dann über die nächsten paar Jahre durchaus mal einen vierstelligen Betrag ausmachen.

Daher wirst du eher selten die Vollkasko in Anspruch nehmen. Und dies halt für einen Preis, der nach einigen Jahren den Zeitwert deiner Maschine übersteigt.

Für wen bringt nun eine Vollkasko etwas?

Ja, wer hat etwas davon? Natürlich zunächst einmal die Versicherung. Sie hat immerhin dein Bargeld.

Aber im Ernst: Während bei Pkw eine Vollkaskoversicherung für Neufahrzeuge, insbesondere im Leasingbereich oder bei finanzierten Fahrzeugen durchaus Standard ist, würde ich das bei Motorrädern jetzt nicht so einfach unterschreiben. Die Kosten, insbesondere für Einsteiger mit schlechter Schadensfreiheitseinstufung können enorm sein. Und dies dann für eine Maschine, die nach kurzer Zeit weniger Wert ist, als du an Versicherungen bezahlt hast? Nicht einfach.

Ich habe bislang noch keine Vollkaskoversicherung für eine meiner Maschinen abgeschlossen. Ich schließe das für mich nicht kategorisch aus, vor allem nicht, wenn ich in der Schadensfreiheitsklasse noch weiter runter komme, aber bislang war das noch nicht nötig (<auf Holz klopf>). Du solltest dir auf jeden Fall genau überlegen, wieviel Geld du für einen optimalen Versicherungsschutz übrig hast.