Alpen und Südfrankreich 2010

Anmerkung:

Dieser Beitrag erschien ursprünglich im Herbst 2011. Der Reisebericht war dann aus technischen Gründen mitsamt der restlichen Homepage für einige Zeit gelöscht. Ich denke, für die Winterzeit den alten Reisebericht wieder zu relaunchen bietet sich doch an. Ist ja auch nicht ganz so leicht, den Winter durch immer wieder Artikel zu finden…

Vorbereitung

Nachdem nun seit vier Wochen endlich mein neues Motorrad in der Garage steht, war es nur angemessen, endlich damit in Urlaub zu fahren. Die passenden Seitenkoffer (diesmal Markenartikel von Hepco&Becker) kamen auch endlich drei Tage vor der Abfahrt, wurden flott montiert, und so stand der großen Tour eigentlich nichts mehr entgegen.

Dieses Jahr fing ich es ein wenig schlauer an. Nachdem es letztes Jahr nicht unerhebliche Irritationen mit Schatzi gab bezüglich des Gepäcktransports, haben wir uns diesmal von vornherein entsprechend abgesprochen bezüglich der „unbedingt mitzunehmenden“ Gepäckstücke.

Nachdem im letzten Jahr mein heißgeliebtes Jack-Wolfskin-Zelt erste Anzeichen von Wassereinbruch zeigte, wurde dieses auch im Voraus durch eine Neuanschaffung ersetzt. Ein Tunnelzelt war endlich mal dran (das erste Mal für mich, dass ich so ein Teil ausprobiere). Nachteilig an dem Gerät war lediglich, dass das Zelt als solches auch in zusammengepacktem Zustand etwas größer als gewohnt ist. Somit war auch unsere Gepäckrolle entsprechend stärker ausgefüllt.

Nach den Lehren aus dem letzten Urlaub habe ich noch eine Kleinigkeit anders geregelt. Dieses Jahr war ich schlau genug, ein wenig VOR dem Abfahrtstermin meinen Jahresurlaub zu beginnen. Direkt aus der Nachtschicht auf die Maschine zu steigen, das habe ich mir dieses Jahr erspart.

Tag 1 (Samstag, 0 km)

Am Abend davor noch ganz nett weg gewesen, wurde mal wieder später (vielleicht hätte ich auch etwas weniger trinken sollen?). Nichtsdestotrotz war ich überzeugt davon, dass nur ein frühzeitiger Aufbruch die ganze Sache standesgemäß ins Rollen bringen kann.

Wir quälen uns also um sieben am Morgen aus dem Bett. Der Großteil des Gepäcks war am Vorabend bereits gerichtet, so dass nach Duschen und Anziehen bereits alles zum Aufbruch bereit ist. Das Gepäck wird runter geschleppt und am Motorrad montiert, hmmm… wir sind zwar emanzipiert, trotzdem darf ich alles alleine schleppen. Schatzi kommt heute einfach noch nicht in die Gänge. Laut Plan wird unterwegs gefrühstückt, die kühle Morgenbrise soll noch ausgenutzt werden.

Endlich kanns losgehen.

Auf der Autobahn nach Freiburg, von dort die B31 hoch in den Schwarzwald. Inzwischen meldet sich mein Magen. In Titisee-Neustadt dann erstmal ein Boxenstopp. Ein amerikanisches Spezialitätenrestaurant mit dem goldenen M wird der erste Stopp des Tages. Was lerne ich dort? Morgens um zehn gibt’s dort nicht einmal Burger. Ich muss mich mit irgendwelchen undefinierbaren (und auch weniger schmackhaften) „Sachen“ begnügen. War nicht so der Bringer. Egal. Soll uns ja nur über den Tag helfen.

Schließlich fahren wir weiter, der Tag wird ja nicht jünger. Es geht weiter die B31 entlang, danach die A81 in Richtung Bodensee. Schließlich sehen wir endlich Wasser neben uns. Und eine Blechlawine mit Touris vor und hinter uns. Die Temperaturen haben die 37° (!) inzwischen erreicht. Das Fahren macht einfach keinen Spaß mehr. Leichter wird es auch nicht dadurch, dass uns beiden inzwischen fast die Augen zufallen. Irgendwie quälen wir uns weiter. Durch Friedrichshafen am See entlang bis Lindau. Dann geht’s nach Österreich rein. Augenscheinlichster Unterschied: Der Aldi nennt sich hier Hofer. Ansonsten ist das Land auf den ersten Blick recht zivilisiert.

Wir zockeln durch Bregenz, auf der Bundesstraße 190 über Dornbirn nach Bludenz. Hier stellt sich jetzt die Frage, ob wir uns heute noch an die Silvretta-Hochalpenstraße ran trauen sollen, oder ob wir doch besser das Erlebnis auf Morgen verschieben wollen. Übereinstimmend kommen wir zu dem Entschluss, den Tag auf dem nächsten Campingplatz zu beenden.

Unmittelbar nach Bludenz kehren wir im dortigen Campingplatz ein. Ein wirklich nett gelegener, komplett mit Rasen versehener Platz, wo wir freundliche Aufnahme und ein Plätzchen für unser Zelt finden. Der nächste Supermarkt ist jedoch ungefähr einen Tagesmarsch (oder so ähnlich) entfernt, einen Kiosk sucht man genauso vergeblich wie eine Kneipe. Nicht so überragend. Irgendwie wollten wir ja noch das letzte WM-Spiel von Deutschland gucken.

Na ja, noch lecker Pasta zubereitet, ein Bier vor dem Zelt und nach einem kleinen Spaziergang todmüde in die Schlafsäcke gekrochen.

Tag 2 (Sonntag, 282 km)

Heute sind wir etwas fitter beim Aufstehen. Wir packen unseren Krempel zusammen, bepacken das Motorrad und rollen los. Geplant ist, unterwegs irgendwo ein Frühstück zu ergattern. Als erstes wollen wir uns zur Silvretta-Hochalpenstraße widmen. Hierbei handelt es sich um eine mautpflichtige Alpenstraße, für bescheidene 10,50 Euronen (hüstel) bekommen wir ein Ticket und einen ganz tollen Aufkleber und können dann die Landschaft genießen. Zehn Euro sind schon ein knackiger Preis, dafür entschädigt die Landschaft mit wirklich grandiosen Ausblicken. Durch mehrere winzige Ortschaften sausen wir auf der morgendlich leeren Alpenstraße dahin. Eine geöffnete Bäckerei finden wir allerdings nicht. Ist halt Sonntagmorgen. Na ja, irgendwo wird’s schon was geben.

Inzwischen nährt sich die Mittagszeit. Die Silvrettastraße lasse wir so langsam hinter uns und halten uns auf der Bundesstraße in Richtung Nauders. Unterwegs kommt die Abzweigung nach Samnaun. Dieses Zollausschlussgebiet wurde von mir bei fast jeder Gelegenheit im Rahmen eines Motorradurlaubs angefahren. So auch heute. Wir biegen ab und zockeln, eingeklemmt zwischen dem stärker werdenden Verkehr, das Tal nach oben.

Inzwischen hängt uns der Magen in den Knien. Schatzi verkündet einen Generalstreik, falls nichts zu Essen ran kommt. Wir stellen die schwer beladene BMW ab und setzen uns im Dorf in das erste Restaurant am Platz. Für einen wirklich akzeptablen Preis (na ja, für Schweizer Verhältnisse eben) lösen wir unser dringlichstes Problem. Die Gefahr des sofortigen Hungertods ist gebannt. Nun noch kurz durch den Zollfrei-Shop geschlendert, dann geht’s weiter. Kippen für 2,80 Euronen, ich will ne Stange mitnehmen, Schatzi weist mich darauf hin, dass auch sie Einschränkungen beim Gepäck machen musste. Na gut, sechs Schachteln.

Wir wollen weiter. Aus dem Tal raus, gleich rechts halten und… der erste Pass, der Reschenpass. Nun ist dieser zugegebenermaßen für den durchschnittlichen Motorradfahrer jetzt nicht wirklich anspruchsvoll zu fahren, das erste Passschild zu sehen gibt einem jedoch immer ein gutes Gefühl von „jetzt sind wir in den Alpen“.

Wir fahren auf der B40 durch Graun und Mals und entdecken inzwischen die ersten Schilder, die auf den König der Pässe hinweisen: Das Stilfserjoch. Bei Prad geht es los. Die Passstraße ist insgesamt mittelmäßig frequentiert, wir können also alles in allem der Maschine doch ein wenig die Sporen geben. Als es dann im oberen Bereich zu den Abschnitten geht, wo eine Spitzkehre auf die andere folgt, merke ich erst, wie sich nur 15 PS mehr auswirken können. Die BMW zieht wesentlich besser von dannen als es die Suzuki früher tat.

Als wir oben ankommen, macht sich Ernüchterung breit. Oben ist echt rappelvoll. Nur schnell ne Bratwurst einwerfen (Fahren macht hungrig), Schatzi sieht sich derweil nach einem Eis am Stiel um (erfolglos, gibt’s oben halt einfach nicht), dann geht’s wieder runter ins Tal. Ich möchte noch einige Kilometer fressen.

Wir fahren über Bormio und Validentro über den „Passo di Foscagno“. Die Landschaft hier und die darin eingebetteten Straßen entsprechen inzwischen wirklich meinem Drang nach Alpenfahrten mit dem Motorrad. Es läuft hier einfach rund.

Inzwischen sind wir in Livigno. Dies ist ebenfalls ein Zollausschlussgebiet, ich nutze jedenfalls noch kurz die Möglichkeit den Tank vollzuklopfen. Nebenbei bemerke ich, dass es in der Tanke auch Kippen zu kaufen gibt – für 2,10 Euronen. Geschenkt. Schatzi guckt grad nicht hin, ich erstehe noch kurz zwei Päckchen. Da muss man einfach zuschlagen.

Über den „Forcola di Livigno“ und den „Passo del Bernino“ geht es nach unten. Insgesamt wird die Strecke meiner Meinung nach immer schöner. Landschaftlich einfach nur schön, fahrtechnisch interessant geht es über Pontresina schließlich nach St. Moritz. Hier gilt es nun eine Entscheidung zu treffen. Nach der Ortschaft halten wir beim ersten Campingplatz auf der Strecke an. Es handelt sich dabei um einen TCS-Campingplatz (TCS=Traffic-Club-Schweiz, entspricht unserem ADAC). Der Platz liegt wunderschön, ist sauber und ordentlich (wie ich es eigentlich in der Schweiz gewohnt bin) hat jedoch einen gewaltigen Nachteil. Es gibt keinen Fernseher. Und das beim anstehenden WM-Endspiel. Entsetzlich. Wir beschließen, trotz diesen ungeheuerlichen Versäumnissen, unser Lager hier aufzuschlagen. Sobald dies erledigt ist, machen wir uns auf den Weg ins Dorf und verkriechen uns eine Kneipe. Der Abend lohnt sich, Holland bekommt eine Klatsche…

Tag 3 (Montag, 580 km)

Diesmal gibt’s endlich ein Frühstück auf dem Campingplatz. Wir haben vorgesorgt und am Vorabend noch bestellt. Typisch schweizerisch sind wir zufrieden. Heute sind einige schweizer Pässe angesagt. Gerade mit dem Motorrad finde ich diese noch am schönsten zu fahren. Nach dem Aufbruch (11.20 Uhr, wird jeden Tag später :D) geht’s zunächst hoch zum Julierpass (recht einfach zu fahren, gerade richtig zur Einstimmung), danach über den Oberalppass (zieht sich), Sustenpass (eher öde, keine Passhöhe, sondern nur ein Tunnel untendurch) noch den Grimselpass mitgenommen. Auch dieses Jahr schaffe ich es nicht, diese Stichstraße vom Grimsel weg mal zu nutzen. Steht auf meiner To-Do-Liste inzwischen schon recht lange. Insgesamt bietet der Grimsel meiner Meinung nach eh am meisten für den ambitionierten Motorradfahrer. Flott zu fahren, guter Zustand und wirklich grandiose Ausblicke.

Unten am Pass geht’s nach Gletsch und schließlich nach Brigg, wo wir unseren Tag auf dem dortigen Campingplatz beenden. Nach einem leckeren Mahl vor unserem Zelt (mit eiskaltem Bier aus der Kühltruhe) beschließen wir den Tag.

In der Nacht werden wir von recht ansehnlichen Regenschauern geweckt. Schatzi guckt schon kritisch, ich mache mich schon warm für baywatch-mäßige Rettungsschwimmeinlagen, nichts davon wird tatsächlich nötig, das Zelt hält absolut dicht. Wir sind beide begeistert.

Tag 4 (Dienstag, 888 km)

Wir brechen frühzeitig auf. Beide sind wir der Meinung, dass unser Campingplatz jetzt nicht so prickelnd ist, dass wir hier auch noch frühstücken müssen. Wir bepacken das Motorrad und beschließen, unterwegs was einzuwerfen. Es geht los in Richtung Westen. An der ersten Co-Op-Tanke wird der Tank voll geklopft, Schatzi lädt mich zu einem Frühstück ein.

Dazu ist grundsätzlich mal was anzumerken. Die durchschnittliche schweizer Tankstelle ist ja eigentlich nur eine Zapfsäule mit Kartenlesegerät. Das wars. Aber wenn die Schweizer dann mal klotzen, dann richtig. Die größeren Tankstellen des Co-Op-Verbundes bieten ein reichhaltiges Warensortiment (inklusive Frischetheke, Fleisch, Milchprodukte und Obst) sowie ein Bistro. Für ein Frühstück ist also bestens gesorgt, Reiseproviant nehmen wir auch gleich mit.

Wir halten uns auf der B19 bis Martigny. Hier, in der französischen Schweiz, fühlt sich Schatzi schon viel wohler. Bei mir sieht das ein wenig anders aus. Ich meine, auch wenn die bislang in einem grässlichen Dialekt gesprochen haben, wars doch wenigstens in deutsch? Nun habe ich die größten Probleme, mich ausreichend zu verständigen. Na ja, die Welt ist halt nicht perfekt.

Bei Martigny geht’s erstmal den Hang hinauf auf den Col de Forclaz. Hier beginnt nun wieder eine recht angenehme Ecke. Der Pass ist nicht besonders hoch, die Gegend nett anzuschauen und besonders viel Verkehr herrscht auch nicht gerade. Eigentlich perfekt. Der Abstieg vom Pass ist ohne spektakuläre Steigungen. Wir halten uns in Richtung Chamonix Mont Blanc. Der Hausberg dieser Ortschaft sieht schon gewaltig aus. Über St. Gervais les Bains, Megeve und Flumet halten wir uns in Richtung Col des Saisies.

Inzwischen hege ich einen kleinen Verdacht. Die letzte Stunde hinweg sind wir immer mal wieder an diversen Werbeschildern vorbei gekommen. Bei der Auffahrt zu dem (zugegebenermaßen kleinen) Pass, wird meine Befürchtung zur Gewissheit.Wir sind hier in irgendwas hineingeraten. Rechts und links der Straße stehen immer mehr Leute, geparkte Wohnmobile entlang der gesamten Strecke. Ganze Schwärme von Freizeitradsportlern wuseln dazwischen herum. Mit dem Motorrad kommt man zwar immer irgendwie durch, aber auch das wird inzwischen anstrengend, das Durchquetschen mit Schrittgeschwindigkeit mit vollgeladenem Motorrad geht echt in die Knochen.

Wir kommen schließlich zu einer Straßensperre. Der nur wenig hilfsbereite Polizeibeamte teilt Schatzi brüsk mit, die Straße sei gesperrt, bis die Tour de France ein wenig weiter sei. Bevor noch eine weitere Frage seine Ruhe stören kann, dreht er sich um und lässt uns einfach stehen. Leute gibt’s…

Wir warten. Irgendwann geht’s weiter, den Mini-Pass hoch, der Tour hinterher. Mit dem Motorrad ist es wenig problematisch, sich an der Autoschlange vorbeizudrücken, aber an den periodisch auftretenden Sperrposten kommen wir halt so nicht vorbei. Wir müssen warten, bis die Strecke Stück für Stück abgebaut und freigegeben wird.

Sobald der Pass hinter uns liegt, geht es wieder voran. Der Tag ist schon fortgeschritten, aus diesem Grund entschließen wir uns, in Seez den dortigen Campingplatz zu nutzen. Im Rahmen der Campingplatzbesichtigung fällt uns eine ganz besondere Konstruktion auf. Eine Jurte (Guckst du). Diese lassen sich für einen Fuffi pro Nacht buchen. Strom / Kühlschrank gehören dazu. Wir schlagen zu.

Diesen Abend gehen wir im Hypermarche mal dick einkaufen. Wir decken uns mit Meeresfrüchten, Bier, Beilagen und allen möglichen Leckereien ein, an das Frühstück denken wir auch noch. Den Abend beschließen wir gemütlich vor der Jurte bei Kerzenschein und lecker Bier. Die Jurte war eine tolle Investition.

Tag 5 (Mittwoch, 1134 km)

Heute geht’s meiner Meinung nach richtig los. Es ist der 14. Juli, die Franzosen lassen es heute krachen, Nationalfeiertag. Wir liegen mitten in den französischen Alpen. Da wir in der Luxus-Jurte nur wenig ausgepackt haben, ist unser Gepäck schnell auf das Motorrad geräumt. Ein ordentliches Frühstück mit allem drum und dran gönnen wir uns, dann geht’s los.

Der erste Pass auf unserem Weg ist noch recht klein, wir schwingen uns zum Cormet de Roselend hoch, danach halten wir uns Richtung Val d’Isere. Diese reine Touriortschaft bietet jetzt, im Hochsommer praktisch gar nichts. Die Hotelburgen sind verwaist, im Städtchen ist nichts los. Wir ziehen durch zum Col de’l Iseran. Dieser, schon recht hohe, Alpenpass bietet alles, was das Herz des Motorradfahrers höher schlagen lässt. Kurven, Serpentinen, Landschaft und wenig Verkehr begleiten uns bis zur Passhöhe. Wie immer ist es oben recht schattig. Oben auf dem Pass ist eine kleine Kapelle. Da diese heute offen ist, nutzen wir die Gelegenheit für eine kurze Besichtigung. Sie macht zwar einen recht schlichten Eindruck, trotzdem bin ich beeindruckt, vor allem auch wegen ihrer Bauweise: massiv, für die Ewigkeit.

Wir wollen weiter. Den Pass hinunter halten wir uns in Richtung Col de Mont Cenis. Dieser bietet meiner Meinung nach nicht so viel. Auch ist oben zwar das obligatorische Kiosk, aber wir verspüren eher wenig Lust, hier eine Pause einzulegen. Die Route führt uns über das italienische Susa (hässliche Stadt), Briancon (französisch, aber auch net sooo schön) zum Col d’Izoard. Dieser Pass, der mich schon wesentlich mehr anmacht, ist wie leergefegt. Die Straße ist in einem recht guten Zustand und windet sich abwechslungsreich nach oben, irgendwann kommt man sich auf einmal vor, wie in einer Mondlandschaft. Raues Klima eben.

Nach dem Abstieg halten wir uns in Richtung Guillestre und danach nach Vars. Über den gleichnamigen Col de Vars (unspektakulär, gut ausgebaut, flott zu fahren) halten wir uns in Richtung Barcelonette. Unterwegs müssen wir anhalten. Es gibt ein Problem zu klären. Schatzi möchte den Tag so langsam beschließen. Ich habe jedoch inzwischen schon das erste Hinweisschild zum Cime de la Bonette gesehen, einem der ganz großen Pässe. Andererseits ist auch mir klar, dass eine Runde über diesen dazu führt, dass sich unser Tag ewig hinziehen wird. Ein Campingplatz liegt nicht auf dem Weg und danach kommt auch nix. Berechtigterweise wirft meine Regierung noch ein, dass wir heute eigentlich genug Höhenmeter gefressen haben und sowieso hier nirgends ein Mittelmeer (was im Urlaub dringend sein muss) zu sehen ist.

Ich beuge mich dem Schicksal. Die vorgeplante Route wird aufgegeben. Wir fahren nach Barcelonette. Hier fragen wir uns durch nach dem nächstbesten Campingplatz (Le Peyra), welcher zwar wenig Komfort bietet, dafür nahe der Innenstadt liegt, sauber und ruhig daher kommt.

Den Abend beschließen wir im Städtchen. Nach einem guten Essen in einer netten Pizzeria schlendern wir durch die recht ansehnliche Innenstadt. Irgendeine Art Musikfestival findet statt. Wir beschließen den Abend mit einigen Kugeln Eis und schlendern davon… sobald mich Schatzi wiederbelebt hat. Kurzer Herzstillstand. Drei Kugeln Eis. 4,80 Euronen. In einem französischen Nest mitten in den Alpen. Nicht in Paris. Nicht vom Edelitaliener. Nö. Ich genieße mein Eis. Nach diesem Erlebnis kann ich mich nur noch in den Schlaf weinen und hoffen, dass alles besser wird.

Tag 6 (Donnerstag, 1404 km)

Die Regierung hat gesprochen. Schatzi ist der Meinung, dass es jetzt an der Zeit wäre, endlich mal direkt nach Süden zu fahren und die Alpen hinter uns zu lassen. Ich kann da nicht widersprechen, der Versuch wäre glatt sinnlos.

Ich werfe also die Routenplanung über Bord. Das Motorrad ist schnell bepackt -geht recht flott inzwischen- und wir sind wieder auf der Straße. Wir halten uns auf der DD900b einfach in Richtung Westen. Ein typisch französisches Frühstück nehmen wir vor einem Tante-Emma-Laden unterwegs zu uns (5 frische Croissants und ne Kippe für mich).

Bei der Ortschaft Tallord wechseln wir über auf die Autobahn. Französische Autobahnen sind ja mautpflichtig, was mich ihnen gegenüber nicht unbedingt gewogener macht. Ein Vorteil französischer Autobahnen besteht jedoch ganz eindeutig darin, dass fast nichts los ist. Kaum Verkehr, keine Staus und sehr gutes Vorankommen. Vorbei an Sisteron und Apt fliegen wir in Richtung Avignon. Und es wird auch Zeit. Die Temperaturen sind mörderisch. Die 35°-Grenze ist überschritten der Fahrtwind heizt nur noch mehr auf. Wir schmoren im eigenen Saft. Am späten Nachmittag kommt Avignon in Sicht.

Auf gut Glück steuere ich die Maschine einfach mal in Richtung Stadtmitte. Dies stellt sich aber als gar nicht so einfach heraus. Sind französische Städte ach in besten Zeiten meiner Meinung nach nicht gerade wohlorganisiert und ein wenig chaotisch, herrscht hier jedoch das absolute Tohuwabohu. In der Stadt findet aktuell ein Kunstfestival statt. Die gesamte Innenstadt (und die ist nicht gerade klein!) ist praktisch unter Kriegszustand, nichts geht mehr, Umleitungsschilder kennt man wohl hier nicht. Polizei sieht man hier recht viel, aber eingedenk unserer letzten Erfahrung habe ich eigentlich keine Lust, für die Frage nach dem richtigen Weg wieder angeschissen zu werden. Es hilft nix. Wir müssen uns hier durchfragen. Schatzi startet einen Versuch. Ergebnis: der hier kann reden, sogar ganz freundlich und hilfsbereit. Er nennt uns gleich mehrere Möglichkeiten, wo wir Campingplätze in Innenstadtnähe finden können (auf der „Insel“ sind gleich drei) und weist uns freundlich den Weg.

Wir suchen also den (laut dem Polizisten) empfehlenswertesten Campingplatz am Ort auf: Camping Bagatelle. Dieser geradezu gigantische Campingplatz lädt geradezu zum Verweilen ein. Er ist baumbestanden (und daher schön schattig), bietet saubere Sanitäreinrichtungen, einen kleinen Supermarkt sowie ein nettes Bistro.

Nach einem umfangreichen Abendessen vorm Zelt beschließen wir den Abend auf der Terrasse des Campingplatzbistros mit Blick auf das malerische Avignon.

Tag 7 (Freitag, keine Kilometer gefressen)

Heute wollen wir mal nach Avignon rein. Aufstehen, Kaffee trinken und dann los ins Städtchen. Ein Campingplatz direkt an / in der Stadt hat echt was für sich. Einfach über die Brücke und schon sind wir drin.

Avignon bietet viel fürs Auge. Da ja aktuell auch noch das Kulturfestival ist, brodelt die Stadt geradezu. Ständig ziehen irgendwelche Grüppchen durch die Stadt und skandieren Parolen für ihr ganz spezielles Stück Theater. Echt bizarr. Bevor wir jedoch irgendwas spezielleres unternehmen, bestehe ich darauf, ein wenig Geschichte zu tanken. Immerhin war Avignon lange Zeit Sitz des Papstes.

Wer schon mal beim Schloss Neuschwanstein war, wird nun ein wenig kritisch sein. Dort zahlt man pro Person 18 Euronen für ne 35-Minuten-Führung durch ne unfertige Burg. In Avignon ist das ein wenig anders. Der Papstpalast in Avignon bietet mit dem im Preis enthaltenen Audio-Guide Geschichte pur zum Anfassen. Zusammenfassend ist zu sagen, dass wir den gesamten Vormittag dort verbrachten und dann nur zu einem Ende kamen, um dann noch etwas anderes von der Stadt zu sehen.

Nach einem leckeren Mittagessen beim Asiaten (nannte sich „NEM“, also das Essen) kommen wir nun zu einer weniger schönen Beschäftigung. Schatzi bemerkt, dass es in Frankreichs Großstädten doch den einen oder anderen Laden für Bekleidung hat. Sie teilt mir ihre Entdeckung mit. Wie sie es so erwähnt, kommt mir urplötzlich, aus dem Nichts heraus die Idee, dass sich meine Frau doch ein Kleid kaufen könnte. Es wird ein langer Nachmittag.

Tag 8 (Samstag, 1674 km)

Heute wollen wir nun endlich zum Meer. Uns bieten sich von hier aus mehrere Möglichkeiten. Entweder wir halten uns ganz klassisch in Richtung Côte-d’Azur oder in die Camargue. Da wir bereits vor zwei Jahren an der Côte-d’Azur waren und mir ein Kollege die andere Gegend wärmstens empfohlen hat, wollen wir es nun mal mit der Camargue versuchen.

Irgendwelche Traumrouten gibt es nicht da runter an die Küste also fahren wir drauflos, über Arles nach Stes-Maries-de-la-Mer. Die Gegend ändert sich. Ich war ja noch nie hier, Schatzi ebenfalls nicht. Auf dem Weg nach Stes-Maries-de-la-Mer fährt man zunächst mal lange, wirklich sehr lange nur geradeaus. Rechts und links der Straße nur Marschland. Nicht gerade anregend. Wir fangen an zu zweifeln. Umdrehen ist aber nicht, jetzt wo wir nur ne halbe Stunde vom Mittelmeer entfernt sind. Endlich weicht das sumpfige Marschland zurück, die Ortschaft liegt vor uns. Kurz in der Tourist-Info nachhaken, dann steht unser Entschluss fest. Wir begeben uns zum Campingplatz „Clos du Rhone“. Ein wenig außerhalb gelegen bietet er uns genau das, was wir suchen.

Auch wenn wir beim Einchecken am Platz kritisch beäugt werden (so wie ich das denke, nutzen Motorradfahrer eher den anderen Campingplatz am Ort) bekommen wir ein nettes Plätzchen zugeteilt. Der Platz ist in regelmäßigen Abständen von Bäumen durchsetzt, bietet mehrere saubere Sanitärbereiche sowie eigene Grillplätze. Wir sind hochzufrieden. Auf dem Platz gibt es einen Pool (eigentlich schon Standard in Frankreich), ein Bistro und einen kleinen Shop.

Nach dem Essen geht’s erst mal gucken, wie der Strand aussieht. Überraschung.Es handelt sich um einen öffentlichen Strand, und, damit kein unbefugter auf den Campingplatz kommt, von einem Wachmann den ganzen Tag beobachtet wird. Bizarr.

Beim der Erkundung haben wir am Bistro ein Schild gesehen, welches halbe Hähnchen vom Grill anpreist. Was bei uns halt vom Grillwagen vom Supermarkt aus angeboten wird, gibt’s hier als besondere Spezialität auf dem Campingplatz. Sei’s drum, klingt auf jeden Fall gut. Wir bestellen, die Tante nickt uns zu und ich kann meinen Augen nicht trauen.

Ein halbes Hähnchen (man siehts ihm an, es wurde schon mal gegrillt, in der Vergangenheit) Wird aus einer Plastikverpackung aus dem Kühlschrank geholt, 30 Sekunden in die Mikrowelle geschoben und voilà, das frisch gegrillte Hähnchen ist servierfertig. Es schmeckt auch dementsprechend. War mir eine Lehre. Nur bestellen, wenn man sicher sein kann, dass es tatsächlich ordentlich zubereitet ist.

Wir entscheiden uns danach für den Pool. Da ein jedoch ein kräftiger Wind bläst, verlegen wir frühzeitig vom Pool ins Bistro und verbringen den Abend mit köstlichem (*hüstel*) französischem Bier.

Tag 9 (Sonntag, keine Kilometer gefressen)

Wir wollen uns einen faulen Tag machen. Der kräftige Wind vom Vortag hat wundersamer Weise aufgehört, die Sonne scheint.

Wir beschließen, das Städtchen zu besuchen. Die Ortschaft liegt 20 Minuten zu Fuß den Strand entlang. Ein schönes Erlebnis. Wir brechen gleich nach dem Frühstück auf, wandern den Sandstrand entlang, vorbei am (eher bescheidenen) Yachthafen und stürzen uns ins Gewühl. Stes-Maries-de-la-Mer ist alles in allem eine reine Touristenstadt. Kneipe neben Kneipe und ein Andenkenladen nach dem anderen. Was jedoch nicht bedeutet, dass es mir nicht gefällt. Selbst jetzt, am Sonntag Vormittag haben die meisten Geschäfte geöffnet und es ist auch schon genug los. Wir bummeln durch die Altstadt. Ich muss leider zugeben, dass meine Begeisterung für das Städtchen schnell sinkt, außer dem üblichen Kitsch finde ich nur wenig interessantes. So kaufen wir nur ein paar Nahrungsmittel ein und machen uns auf den Weg zurück zum Campingplatz. Inzwischen ist am Strand schon wesentlich mehr los, ist wohl ein beliebter Badeort.

Auf dem Heimweg werden wir von einer gewaltigen Werbekolonne überholt. In der Nähe findet eine Monster-Truck-Show statt. Ich gucke verblüfft, Schatzi macht den Vorschlag, dass wir uns die Show heute Abend angucken könnten, ich gucke noch verblüffter. Hmmmm… ich glaub eher net. Mit fünfzehn war das ja noch ganz nett, mit über dreißig verliert die Sache jedoch an Anziehungskraft für mich.

Zurück auf dem Campingplatz lassen wir es uns gut gehen. Es ist inzwischen Nachmittag, während Schatzi die Entscheidung trifft, den Pool ausgiebig zu testen, bin ich einfach nur faul. Ein wenig im Schatten rumzugammeln, tut mir gut.

So langsam wird es Abend. Während wir gestern noch vor dem Zelt saßen, um unser schlabberiges Hähnchen zu essen, schnappen wir unsere gesamte mobile Kücheneinrichtung und verziehen uns in den Aufenthaltsbereich, wo Tische und Bänke auf uns warten. Wir tafeln aufs köstlichste. In aller Gemütsruhe überlegen wir gerade, ob bzw. was wir zum Nachtisch nehmen sollten, als die Sonne untergeht. Ein malerischer Anblick, ein Sonnenuntergang am Meer. Und dann passiert es. Höchstens eine Minute nach Sonnenuntergang sind wir auf einmal umzingelt von Legionen gefräßiger Schnaken, gemeine Stechmücken, die uns urplötzlich in Heerscharen aus dem Hinterhalt überfallen. Innerhalb von wenigen Minuten werden wir beide vollständig zerstochen, ich selbst erschlage ein munteres Dutzend, aber es kommen immer mehr. Wir geben auf. Innerhalb kürzester Zeit ist unser Krempel aufgeräumt und wir selbst ins Zelt geflüchtet. In fieberhafter Eile wird nach der Tube mit Anti-Schnaken-Mittel vom letzten Urlaub gesucht. Ist noch bei mir dabei, ein Rest sollte noch in der Tube sein. Sobald dieser dürftige Schutz (es werden weniger, die mögen den Geruch so wenig wie ich) aufgetragen ist, verziehen wir uns zum Bistro auf dem Platz. Inzwischen vermisse ich den Wind vom Vortag, der uns diese Blutsauger vom Hals gehalten hat. Ein paar Biere (und für Schatzi irgendwelche mysteriösen Cocktails) später kehrt die Entspannung zurück. Der Abend wird doch noch ganz lustig, wir bleiben, bis das Bistro schließt.

Tag 10 (Montag, 1745 km)

Da wir (im Gegensatz zu den letzten Urlauben) diesmal nicht in irgendeiner Marathonetappe nach Hause rauschen wollen und der Urlaub meiner Regierung so langsam aufgebraucht wird, beschließen wir den heutigen Aufbruch.

Das Motorrad ist in Windeseile beladen, dann geht’s los. Als erstes halten wir jedoch in einer Apotheke an und kaufen ein Mückenmittel. Der Verkäufer erklärt uns, dass in der Umgebung nichts gegen die Mücken „gespritzt wird“, da hier eine seltene Vogelart lebt, welche man nicht vergraulen möchte.

Hauptsache weg. Zunächst geht’s über die Landstraße zurück nach Arles und Nimes, dort dann auf die Autobahn. Ich will vor allem Kilometer gut machen. Die Temperaturen erreichen bereits kurz nach Mittag die 35°-Marke, das Fahren kühlt nicht wirklich.

Was mir jedoch auffällt ist der Unterschied zwischen französischen und deutschen Autobahnrastplätzen. Die hiesigen sind schlichtweg größer und großzügiger. Vielleicht sollte man bei uns auch mal überlegen, so was auf die Beine zu stellen. Na ja, eigentlich will ich ja möglichst wenig Zeit auf Autobahnraststätten verbringen. Wir zischen weiter, irgendwann gerät der Moloch Lyon in Sicht. Hierbei handelt es sich meiner Meinung nach um eine der hässlichsten Städte, die man sich vorstellen kann. Zunächst endlose Industriegebiete, schließlich schafft man es doch fast bis in die Stadtmitte. Ständiger Stau, hohe Temperaturen, nichts geht mehr. Ich bin froh, als ich irgendwann endlich die Stadt und ihre Ausläufer im Rückspiegel sehe.

Ein Blick auf die Karte verrät uns, dass der nächste Campingplatz in dem Städtchen Macon auf uns wartet. Der hiesige Campingplatz ist ein „Camping Municipal“, ein Gemeindecampingplatz. Die Ausstattung ist in Ordnung, die Parzellen sind mit Gras bewachsen, einen kleinen Pool gibt’s für Schatzi auch, für mich gibt’s einen Kiosk mit kühlen Getränken.

Im Rahmen eines kleinen Spaziergangs über den Zeltplatz machen wir eine entsetzliche Entdeckung. Der Platz ist fest in der Hand holländischer Wohnmobiltouristen. Von den vielleicht 300 Stellplätzen sind vielleicht 270 von Holländern belegt, den Rest teilen sich einige Franzosen und eine Handvoll Deutsche. Na ja, immerhin ist so sichergestellt, dass es im Bistro auf dem Platz ordentliches Bier gibt…

Tag 11 (Dienstag, 2148 km)

Wir brechen baldigst auf. Ein Frühstück auf dem Campingplatz muss jetzt nun wirklich nicht sein, unterwegs kommt bestimmt noch ein Café. Die Autobahn lassen wir jetzt mal lieber. Die gestrigen 20€ Maut waren bis Lyon zwar ganz gut, dort aber im Stau zu stehen, erschien mir das Geld nicht wert.

Wir halten uns auf der N6 in nördliche Richtung, über Chalone-Sur-Saone auf der N73 nach Chemin und schließlich nach Dole. Es geht sehr zügig voran. Die Nationalstraßen sind in aller Regel hervorragend ausgebaut und auf dem flachen Land hält sich der Verkehr wirklich in Grenzen. Nachteilig ist leider, dass sich die Strecke nicht unbedingt als Motorradparadies darstellt, es ist halt schlichtweg langweilig.

Dole, Partnerstadt von Lahr (Baden) bietet sich zur Mittagszeit für einen kurzen Halt an. Wir stellen die Maschine kurz ab und erkunden die Innenstadt zu Fuß. Es wird eine herbe Enttäuschung. Ich hab es am Anfang fast nicht glauben wollen, aber die „Fußgängerzone“ (also die zwei Straßen, wo weniger Autos fahren) ist komplett ausgestorben. Ein 25.000-Einwohner-Städtchen und praktisch niemand ist unterwegs. Geschäfte haben größtenteils geschlossen, außer Dönerbuden gibt’s nicht mal einen Imbiss. Dieses Städtchen passt zu seiner Partnerstadt Lahr…

Wir entfernen uns zügig auf der D673. Da sich der Tag schon eine Weile hinzieht, beschließen wir, in der nächsten Ortschaft, Baume-les-Dames, eine kleine Pause einzulegen. Auch hier handelt es sich um einen Gemeindecampingplatz. Idyllisch etwas außerhalb der Ortschaft in einem kleinen Tal gelegen bietet der Campingplatz alles, was das Herz des Motorradfahrers begehrt. Top Sanitäranlagen, ordentliche und saubere Parzellen sowie günstige Preise. Während Schatzi das Zelt aufbaut und uns häuslich einrichtet, fahre ich kurz zurück in den Supermarkt und decke mich ein für ein opulentes Abendessen. Wir können den Abend richtig stilvoll genießen.

Tag 12 (Mittwoch, 2352 km)

Großes Finale. Heute wollen wir nach Hause kommen. Wir genießen unser letztes Frühstück auf dem Campingplatz in vollen Zügen, das Zusammenpacken ist in Bestzeit erledigt. Sobald das Motorrad beladen ist, geht’s los. Wir halten uns auf der D683 zuerst nach Besancon, danach auf der D465 durch Belfort durch. Inzwischen sind wir schon im Elsaß. Der Grand Ballon liegt vor uns. Endlich wieder eine richtige Motorradstrecke. Die BMW zieht zügig das kleine Sträßchen hinauf, Verkehr herrscht kaum, es macht wieder richtig Spaß. Ich hätte Schatzi doch zu einem weiteren Tag in den Alpen überreden sollen.

Oben angekommen, beschließen wir, es uns am letzten Tag nochmals richtig gutgehen zu lassen. Im ersten Restaurant auf der Passhöhe kehren wir ein. Die Terrasse bietet eine hervorragende Aussicht und die Speisekarte sieht vielversprechend aus. Ich bestelle mir ein Rumpsteak mit Wedges. Nach ewiger Zeit kommt schließlich die Bedienung mit dem Essen. Ich erlebe eine Überraschung. Mir war ja bewusst, dass in Frankreich ein Steak eher blutiger gegessen wird, aber selbst hier sollte „medium“ eigentlich nicht „roh“ bedeuten. Außen angebrutzelt, innen schlichtweg kalt, so habe ich es mir nicht vorgestellt. Ich beschwere mich wortreich bei der Bedienung. Sie nimmt wortlos den ganzen Teller wieder mit, nach zehn Minuten kommt die ganze Chose zurück. Die Wedges lauwarm, der Fleischbollen außen verbrannt, innen immer noch viel zu blutig. Hätte Schatzi ihr Gericht nicht schon zur Hälfte verzehrt, würde ich jetzt auf einen sofortigen Aufbruch bestehen. Die Bedienung fragt nach dem Essen nicht mal, ob alles in Ordnung war, ich glaube, sie sieht es meinem Gesicht an.

Wir brechen eilig auf. Irgendwie habe ich nun keine Lust mehr. Innerhalb kürzester Zeit wird der Weg nach Bauchgefühl (die mitgeführten Landkarten umfassen nicht das Elsass) bis nach Breisach zum Grenzübergang gefunden, eine knappe halbe Stunde später sind wir zu Hause.

Wir erleben eine Premiere. Das erste mal, dass wir aus dem Urlaub zurückkehren, ohne in einen Regenschauer zu geraten.