Die Bremse am Motorrad

Arten von Bremsanlagen

Neben den reinen Fahreigenschaften ist einer der wichtigsten Punkte beim Motorrad fahren auch die Frage nach der Bremse. Wie verringere ich die Geschwindigkeit meines Fahrzeugs am schnellsten, einfachsten, billigsten und bequemsten? Daraus folgt die Frage: Was für eine Bremsanlage habe ich beim Motorrad?

Bei Motorrädern ist die Frage nach der Bremsanlage recht einfach beantwortet. Es gibt genau zwei Möglichkeiten. Ältere Motorräder, schätzungsweise bis Baujahr 1980, waren in aller Regel mit zwei Trommelbremsen ausgestattet, sowohl eine für vorn als auch eine für hinten. Später ging die Motorradindustrie Schritt für Schritt dazu über die Trommelbremse zumindest vom Vorderrad des Motorrads zu verbannen. Sie wurde durch eine Scheibenbremse ersetzt. Am Hinterrad findet man jedoch bis jetzt noch an einzelnen Modellen eine Trommelbremse, die meisten Fahrzeuge sind jedoch auch hier inzwischen mit einer Scheibenbremse ausgestattet.

Wie funktioniert eine Scheibenbremse?

Die Anforderung an eine Bremsanlage sind recht einfach. Ich ziehe am Hebel, das Motorrad wird langsamer. Dazu besteht die klassische Bremsanlage aus einigen immer gleichen Bauteilen: Der Handhebel mit einem Hydraulikzylinder, der Bremsleitung (vom Lenker nach unten zur Bremse), dem Bremssattel (mit dem Bremszylinder), den Bremsbelägen sowie der Bremsscheibe am Rad. Und das ganze funktioniert so:

Die Hand zieht den Bremshebel mit einem gewissen Kraftaufwand an. Durch diese Kraft wird ein Hydraulikzylinder am Bremshebel betätigt, durch diesen Hydraulikzylinder wird die Handkraft an die Bremsflüssigkeit weitergegeben. Da sich die Bremsflüssigkeit in einem geschlossenen System befindet (sie kann nirgends raus), setzt sich die Bewegung derselben durch die Bremsleitung fort bis zum Bremssattel. Hier, im Bremssattel, fahren dadurch Bremskolben aus, welche die Bremsbeläge auf die Bremsscheibe drücken. Je mehr Kraft ich oben am Hebel aufgewendet habe, desto stärker drücken die Bremskolben zu, desto stärker dann die Bremsverzögerung.

Wie funktioniert das ABS?

Beim Motorrad gibt es, im Gegensatz zum Auto, ein kleines Problem. Wenn ich mit dem Motorrad -beim Geradeaus fahren- eine Vollbremsung mache, wird die ganze Fuhre ein wenig instabil. Alles wackelt ein wenig herum, ist aber im großen und ganzen kein Problem. Mache ich das gleiche jedoch mit dem Vorderrad, sieht es schon ganz anders aus. So lange sich das Vorderrad dreht, ist die Welt in Ordnung. Blockiert das Vorderrad jedoch auf Grund einer Bremsung und ich mache nicht wirklich sofort die Bremse wieder auf, kommt es unweigerlich zum Sturz. Ist mir auch schon passiert, wirklich sehr ärgerlich. Hier setzt das ABS ein, welches sich nun im Motorradbereich so langsam flächendeckend durchsetzt. Und das geht so:

Neben den Standard-Baugruppen, welche sich an jeder Scheibenbremse befinden, ist am Motorrad noch eine Sensorelektronik am Rad sowie eine Regelelektronik an der Bremsanlage angebaut. Wenn ich nun bei voller Fahrt die Bremse kräftig ziehe, greift die Elektronik ein. Mit Hilfe eines Meßfühlers erkennt nun diese Elektronik dass das Rad sich nicht mehr dreht, also blockiert. Da die Elektronik nun weiß, dass die Fuhre unweigerlich wegschmiert, wird ein kurzer Regelimpuls an die Bremsanlage gesendet, die Bremse kurz gelöst und anschließend wieder weiter gebremst. Das Ganze wiederholt sich dann zigfach pro Sekunde. Dadurch, dass sich dann das eigentlich blockierte Rad immer wieder ein wenig weiter dreht, vermeidet die Technik einen Sturz des Motorrads.

Ob ABS am Motorrad nun wirklich notwendig ist, darüber scheiden sich die Geister. Ich für meinen Teil möchte dieses Sicherheitsplus wirklich nicht mehr missen. Man kann einfach, ohne über irgendwas nachzudenken, in einer Gefahrensituation blitzschnell voll die Bremse ziehen und muss sich nicht an den Blockierpunkt „herantasten“. Die andere Seite der Medaille ist, dass sich durch ABS der Bremsweg verlängern kann. Ein wirklich guter Motorradfahrer, kann wesentlich feinfühliger den Punkt erreichen, an dem das Vorderrad gerade noch dreht und damit das absolute Maximum an Bremskraft herausholen. Und da ja alle, wenn man mal so zuhört, absolut perfekte Fahrzeugführer sind, ist ein ABS wohl unnötig (laut Stammtischmeinung). Ich sehe das zwar anders, aber jedem das seine.

Was ist eine Integralbremsanlage?

Verschiedene, vor allem recht hochpreisige Motorräder sind mit einer Integralbremsanlage ausgerüstet. Wozu ist sie gut und wie funktioniert sie?

Ein Motorrad hat eine Vorderrad- und eine Hinterradbremse. Beide sind voneinander absolut unabhängig. Im Falle einer Bremsung ist es nun selbst für erfahrene Fahrer nicht einfach, beide Bremsen gleichzeitig so zu betätigen, dass das absolute Optimum an Bremsverzögerung herausgeholt wird. Hier greift das Konzept einer Integralbremse ein. Betätigt der Fahrer nur eine der beiden am Motorrad vorhandenen „Bedieneinrichtungen“, also Bremshebel oder Fußbremse, wird die jeweils andere Bremse auch mit betätigt. Man unterscheidet hier zwischen Voll- und Teilintegralbremsanlage. Voll bedeutet, dass beide Bedieneinrichtungen auf beide Bremsanlagen zugreifen, eine Teilintegralbremse benützt beim Griff an den Handbremshebel noch die Stopper vom Hinterrad, die Benutzung des Fußbremshebels aktiviert jedoch nur die Hinterradbremse. Feine Sache.

Kleines ABC der Bremsflüssigkeit

Neben etwas „altertümlichen“ Methoden, die Bremskraft zu übertragen, wie z.B. ein Seilzug oder ein Gestänge, wird in aller Regel Bremsflüssigkeit genutzt. Bremsflüssigkeiten sind genormt in so genannte DOT-Klassen. Im Motorradbereich kann man DOT3, DOT4 und DOT5.1 finden. Bremsflüssigkeit des Typs DOT5 basiert (im Gegensatz zu den anderen Typen) auf Silikon und darf auf keinen Fall für Motorradbremsen verwendet werden. Bremsflüssigkeiten unterschiedlicher Spezifikationen unterscheiden sich vor allem in Sachen Viskosität und Temperaturbeständigkeit. Gemeinsam ist allen Arten von Bremsflüssigkeiten, dass sie hygroskopisch sind, d.h. Sie nehmen Wasser auf (welches in der Bremsleitung nichts zu suchen hat). Die Bremsflüssigkeiten lassen sich theoretisch mischen, dies sollte aber (ähnlich wie bei Motorenöl) soweit als möglich vermieden werden. Welche Bremsflüssigkeit man nun für sein Motorrad verwenden darf, kann man in aller Regel mit einem Blick auf den Deckel das Ausgleichsbehälters am Lenker beantworten. Hier ist normalerweise aufgedruckt / eingestanzt, was hinein gehört. Ansonsten hilft ein Blick ins Fahrzeughandbuch.